Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Rattenkoenig

Rattenkoenig

Titel: Rattenkoenig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Clavell
Vom Netzwerk:
Samuraischwerts an seiner Hüfte, und er riß es einige Zentimeter weit aus der Scheide heraus. »Lüge! Die Kaiserliche Japanische Armee gewinnt den Krieg und wird bald Australien und Amerika niedergeworfen haben. Neuguinea befindet sich in unseren Händen, und in diesem Augenblick liegt eine japanische Armada vor Sydney.«
    »Natürlich.« Smedly-Taylor kehrte Yoshima den Rücken zu und blickte die ganze Baracke entlang. Weiße Gesichter starrten ihm entgegen. »Gehen Sie bitte alle ins Freie«, sagte er ruhig. Sein Befehl wurde schweigend ausgeführt.
    Als die Baracke leer war, wandte er sich wieder an Yoshima. »Bitte, führen Sie Ihre Durchsuchung durch.«
    »Und wenn ich das Radio finde?«
    »Das liegt in Gottes Hand.«
    Plötzlich fühlte Smedly-Taylor die Last seiner vierundfünfzig Jahre. Er schauderte unter der Verantwortung, die sein Amt mit sich brachte, denn wenn er auch froh war zu dienen und froh, in einer Zeit der Not zur Verfügung zu stehen, und froh, seine Pflicht zu erfüllen, so mußte er jetzt doch den Verräter finden. Wenn er aber den Verräter fand, dann würde er ihn auch bestrafen müssen. Ein solcher Mann verdiente zu sterben, so wie Daven sterben würde, wenn das Rundfunkgerät entdeckt wurde. Gott, gib, daß es nicht gefunden wird, dachte er verzweifelt, es ist unsere einzige Verbindung mit dem gesunden Menschenverstand. Wenn es wirklich einen Gott im Himmel gibt, dann laß es nicht gefunden werden! Bitte.
    Aber Smedly-Taylor wußte, daß Yoshima in einem Punkt recht hatte. Er hätte den Mut haben sollen, wie ein Soldat zu sterben – auf dem Schlachtfeld oder auf der Flucht. So aber lebte er und wurde vom wuchernden Krebs der Erinnerung zerfressen – von der Erinnerung daran, daß Habgier, Machtgier und Stümperei den Raub des Ostens und zahllose Hunderttausende nutzloser Toter verursacht hatten.
    Aber wenn ich gestorben wäre, dachte er, was wäre dann aus meinem Liebling Maisie und aus John geworden, meinem Sohn bei den Lancers – und aus Percy, meinem Sohn bei der Luftwaffe –, und aus Trudy, die so jung geheiratet hatte und so jung schwanger und so jung Witwe geworden war, was wäre aus ihnen allen geworden? Sie nie wiederzusehen oder zu berühren oder wieder die Wärme des Zuhause zu fühlen.
    »Das liegt in Gottes Hand«, sagte er noch einmal, aber diese Worte waren wie er selbst, alt und sehr traurig.
    Yoshima erteilte den vier Posten mit scharfer Stimme Befehle. Sie rissen die Betten aus den Barackenecken und schufen einen freien Raum. Dann zogen sie Daves Bett in diese Lichtung. Yoshima ging in die Ecke und begann sich forschend die Dachbalken, das Atapdach und die rohen Bretter darunter anzusehen. Er führte seine Suche sehr sorgfältig durch, aber Smedly-Taylor erkannte plötzlich, daß es nur seinetwegen geschah – daß das Versteck bekannt war.
    Er erinnerte sich an die Nacht vor Monaten und Monaten, als sie zu ihm gekommen waren. »Es geht ganz auf Ihren Kopf«, hatte er ihnen geantwortet. »Wenn Sie erwischt werden, werden Sie eben erwischt, und damit ist alles aus. Ich kann nichts tun, um Ihnen zu helfen – rein gar nichts.« Er hatte Daven und Cox beiseite genommen und ruhig gesagt: »Falls das Rundfunkgerät einmal entdeckt werden sollte, dann versuchen Sie nicht, auch die übrigen hineinzureißen. Sie müssen es zumindest eine kleine Weile versuchen. Dann erklären Sie, ich habe dieses Rundfunkgerät genehmigt. Sagen Sie, ich habe Ihnen befohlen, es zu tun.« Dann hatte er sie entlassen und sie auf seine eigene Art gesegnet und ihnen Glück gewünscht.
    Er wartete ungeduldig darauf, daß Yoshima endlich an dem Balken herumzusuchen begänne, und empfand Abscheu für das qualvolle Katz-und-Maus-Spiel. Er hörte aus den Stimmen der Männer vor der Baracke deutlich die heimliche Verzweiflung heraus. Es gab nichts, was er tun konnte, als warten.
    Schließlich wurde auch Yoshima des Spiels müde. Der Gestank der Baracke machte ihm zu schaffen. Er ging zu dem Bett hinüber und durchsuchte es oberflächlich. Dann sah er forschend den großen Balken an. Aber seine Augen konnten die Risse nicht finden. Stirnrunzelnd untersuchte er sie näher, und seine langen feinfühligen Finger betasteten das Holz. Er konnte sie immer noch nicht finden.
    Zuerst glaubte er, falsch unterrichtet worden zu sein, aber dann konnte er es doch wieder nicht glauben, denn der Denunziant war noch nicht bezahlt worden.
    Er knurrte einen Befehl, und ein koreanischer Posten riß sein Bajonett

Weitere Kostenlose Bücher