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Rattenkoenig

Rattenkoenig

Titel: Rattenkoenig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Clavell
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zuzuschreiben war. Wenn man bei ihm war, dann strömten Stärke und Zuversicht von ihm aus. Man fühlte sich selbst besser und stärker – denn es schien möglich, sich an dem Zauber zu stärken, der ihn umgab.
    »Er ist ein Hexendoktor!« Unwillkürlich sagte Peter Marlowe es laut. Die meisten Offiziere in Baracke 16 schliefen noch oder lagen auf ihren Betten und warteten auf das Frühstück, als er eintrat. Er holte die Kokosnuß unter seinem Kissen hervor und nahm den Schaber und die Parang-Machete auf. Dann ging er ins Freie und setzte sich auf eine Bank. Mit einem geschickten Schlag mit dem Parang teilte er die Kokosnuß haargenau in der Mitte und goß die Milch in ein Eßgeschirr. Dann begann er sorgfältig die eine Hälfte der Kokosnuß auszuschaben. Streifen weißen Fleisches fielen in die Milch.
    Die andere Kokosnußhälfte schabte er in einen besonderen Behälter. Das Fleisch legte er in ein Stück Moskitonetz und preßte vorsichtig den dicken und süßlichen Saft in eine Tasse. Heute war Mac an der Reihe und durfte den Saft seinem Frühstücksreisbrei zusetzen.
    Peter Marlowe dachte wieder, was für eine wunderbare Nahrung doch der Rückstand einer Kokosnuß war. Reich an Protein und vollkommen geschmacklos. Dennoch reichte ein kleines Stückchen Knoblauch darin aus, ihn ganz nach Knoblauch schmecken und riechen zu lassen. Ein Viertel einer Sardine, und das Ganze wurde zu Sardine, und dies wiederum würde viele Schalen Reis würzen.
    Plötzlich wurde er von Heißhunger nach der Kokosnuß gepackt. Er war so hungrig, daß er die Posten nicht näher kommen hörte. Er bemerkte ihre Gegenwart erst, als sie bereits unheilverkündend in der Barackentür standen und alle Gefangenen aufsprangen.
    Yoshima, der japanische Offizier, zerbrach die Stille. »In dieser Baracke ist ein Rundfunkgerät.«

8
    Y oshima wartete fünf Minuten, daß jemand spräche. Er zündete eine Zigarette an, und der kurze helle Laut, als er das Streichholz anriß, klang wie ein Donnerschlag.
    Dave Davens erste Regung war: Oh, mein Gott, wer ist der Schweinehund, der uns verraten oder den Fehler gemacht hat? Peter Marlowe? Cox? Spence? Die Obersten? Seine zweite Regung war Entsetzen. Blankes Entsetzen, das ungereimterweise mit Erleichterung vermischt war – mit Erleichterung darüber, daß der Tag gekommen war.
    Peter Marlowe glaubte ebenfalls, die Furcht müßte ihn ersticken. Wer hatte etwas durchsickern lassen? Cox? Die Obersten? Selbst Mac und Larkin wissen nicht, daß ich es weiß! Allmächtiger, die Utramstraße!
    Cox war wie versteinert.
    Er lehnte gegen sein Bett und blickte aus zu Schlitzen zusammengekniffenen Augen in Schlitzaugen, und nur die Stütze der Bettpfosten verhinderte, daß er hinfiel.
    Oberstleutnant Sellars hatte nominell das Kommando über die Baracke, und seine Hose war feucht vor Angst, als er mit seinem Adjutanten, Hauptmann Forest, die Baracke betrat.
    Er salutierte; sein Gesicht war hochrot und verschwitzt.
    »Guten Morgen, Hauptmann Yoshima …«
    »Es ist kein guter Morgen. Hier ist ein Radio. Ein Radio ist gegen die Befehle der Kaiserlichen Armee.« Yoshima war klein, schlank und sehr ordentlich. Ein Samuraischwert hing an seinem dicken Koppel. Die kniehohen Stiefel blitzten wie Spiegel.
    »Davon weiß ich nichts. Nein. Bestimmt nicht«, polterte Sellars. »Sie!« Ein gichtiger Finger zeigte auf Daven. »Wissen Sie etwas darüber?«
    »Nein, Sir.«
    Sellars fuhr herum und starrte in die Baracke. »Wo ist das Rundfunkgerät?«
    Schweigen.
    »Wo ist das Rundfunkgerät?« Er schrie es beinah hysterisch. »Wo ist das Rundfunkgerät? Ich befehle Ihnen, es mir augenblicklich zu übergeben. Sie wissen, daß wir alle für die Beachtung der Befehle der Kaiserlichen Armee verantwortlich sind.«
    Schweigen.
    »Ich werde Sie alle vor ein Kriegsgericht stellen«, kreischte er, und seine Hängebacken bebten. »Sie werden alle bekommen, was Sie verdienen. Sie! Wie heißen Sie?«
    »Leutnant Marlowe, fliegendes Personal, Sir.«
    »Wo ist das Rundfunkgerät?«
    »Keine Ahnung, Sir.«
    Dann entdeckte Sellars Grey. »Grey! Sie sind der Sicherheitsoffizier. Wenn es hier ein Rundfunkgerät gibt, dann fällt diese Geschichte allein in Ihren Verantwortungsbereich. Sie hätten es den Behörden melden müssen. Ich werde Sie vor ein Kriegsgericht stellen, und der Vorfall wird in Ihre Personalakte eingetragen werden …«
    »Ich weiß nichts von einem Rundfunkgerät, Sir.«
    »Herrgott, Sie sollten es aber wissen«, kreischte

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