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Rattenkoenig

Rattenkoenig

Titel: Rattenkoenig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Clavell
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zusammengebissenen Zähnen. Er nahm seinen Reis und seine Gemüsesuppe und wandte sich ab.
    »Ruhig, Ewart«, warnte Peter Marlowe ihn.
    »Seien Sie doch selbst ruhig! Wie wollen Sie wissen, was das für ein Gefühl ist? Ich schwöre bei Gott, daß ich ihn eines Tages doch noch umbringen werde.«
    »Keine Aufregung …«
    »Aufregung? Sie sind tot. Seine Frau und sein Kind sind tot. Ich habe sie tot gesehen. Aber meine Frau und meine beiden Kinder? Wo sind sie, na? Wo? Irgendwo, und auch tot. Sie müssen es nach dieser langen Zeit sein. Tot!«
    »Sie sind im Zivillager …«
    »Großer Gott, woher wollen Sie das wissen? Sie wissen es nicht, ich weiß es nicht, und es liegt doch nur acht Kilometer entfernt. Sie sind tot! Oh, mein Gott«, und Ewart setzte sich und weinte und verschüttete seinen Reis und seine Gemüsesuppe auf den Boden. Peter Marlowe sammelte den Reis und die Blätter, die auf der Gemüsesuppe schwammen, mit dem Löffel wieder auf und schüttete sie in Ewarts Eßgeschirr zurück.
    »Nächste Woche werden Sie einen Brief schreiben dürfen. Oder vielleicht läßt man Sie sie besuchen. Der Lagerkommandant verlangt immer eine Liste der Frauen und Kinder. Machen Sie sich keine Sorgen. Sie sind in Sicherheit.« Peter Marlowe ließ ihn sitzen und seinen Reis in sich hineinschlabbern, nahm seinen eigenen Reis und ging zum Bungalow hinab.
    »Hallo, Kamerad«, begrüßte ihn Larkin. »Sind Sie oben gewesen und haben Mac besucht?«
    »Ja. Er sieht gut aus. Er hat sogar angefangen, sich seines Alters wegen aufzuregen.«
    »Es wird schön sein, den alten Mac wieder hier zu haben.« Larkin griff unter seine Matratze und holte ein anderes Eßgeschirr darunter hervor. »Ich habe eine Überraschung!« Er öffnete das Eßgeschirr und ließ eine fünf Quadratzentimeter große bräunliche und butterartige Substanz sehen.
    »Bei allem, was heilig ist! Blachang! Verdammt, wo haben Sie es her?«
    »Geklaut, natürlich.«
    »Sie sind ein Genie, Oberst. Sonderbar, ich habe gar nichts gerochen.« Peter Marlowe bückte sich und nahm ein winziges Stück Blachang. »Das wird uns einige Wochen reichen.«
    Blachang ist eine leicht herzustellende Eingeborenendelikatesse. Wenn die Zeit dafür gekommen ist, geht man an den Strand und fängt mit dem Netz Myriaden winziger Meerestiere, die in der Brandung schweben. Man legt sie in eine mit Seetang ausgeschlagene Grube, bedeckt sie mit einer Schicht Seetang und läßt dann das Ganze zwei Monate lang unberührt liegen.
    Wenn man dann die Grube öffnet, sind die Tiere zu einem stinkenden Brei zerfallen, dessen Geruch einem fast den Atem verschlägt und den Geruchssinn auf eine Woche betäubt. Mit angehaltenem Atem löffelt man den Brei heraus und kocht ihn. Aber man muß dabei unter dem Wind bleiben, sonst erstickt man. Wenn der Brei abgekühlt ist, formt man ihn in kleine Blöcke, die man dann für ein Vermögen verkaufen kann. Vor dem Krieg mußte man für einen Würfel zehn Cent bezahlen. Jetzt mußte man schon für ein kleines Scheibchen vielleicht zehn Dollar zahlen. Und warum ist es eine Delikatesse? Nun, weil es reines Protein ist. Und schon ein winziges Stückchen würzt eine ganze Schale Reis und macht ihn schmackhaft. Natürlich kann man davon leicht die Ruhr bekommen. Aber wenn es das richtige Alter gehabt hat, richtig gekocht worden war und die Fliegen es nicht berührt hatten, war es großartig.
    Aber danach fragte man nie. Man sagte nur: »Oberst, Sie sind ein Genie«, und mischte es unter seinen Reis und genoß es.
    »Wie wär's, wenn Sie etwas zu Mac hinaufbrächten?«
    »Gute Idee. Aber er wird bestimmt meckern, es sei nicht genug gekocht worden.«
    »Der alte Mac würde selbst dann noch meckern, wenn es zur Vollkommenheit gekocht worden wäre …« Larkin brach ab. »He, Johnny«, rief er dem großen Mann zu, der mit einem mageren Köter an der Leine vorbeiging. »Möchten Sie etwas Blachang, Kamerad?«
    »Das fragen Sie?«
    Sie gaben ihm eine Portion auf einem Bananenblatt und unterhielten sich mit ihm über das Wetter und erkundigten sich, wie es dem Hund ginge. John Hawkins liebte seinen Hund abgöttisch. Er teilte sein Essen mit ihm – es war erstaunlich, was ein Hund alles fraß –, und er durfte auf seinem Bett schlafen. Rover war ein guter Freund. Man konnte sich zivilisiert fühlen. »Haben Sie Lust, heute abend Bridge zu spielen? Ich werde einen vierten Mann mitbringen«, sagte Hawkins.
    »Heute abend kann ich nicht«, erwiderte Peter Marlowe und erschlug

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