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Rattentanz

Titel: Rattentanz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Tietz
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Metalldöschen mit den drei Haaren traf einen abgestellten Traktor. Dann schepperte es gegen einen Pflug. Fuchs fuhr herum und machte automatisch einen Schritt zurück. Im selben Moment sprang Eckard Assauer vor. Er bekam Lea zu fassen, riss sie Fuchs aus dem Arm und warf sich schützend auf das Kind. Er stöhnte auf, die abrupte Bewegung war Gift für seinen Rücken.
    Plötzlich stand Fuchs allein und ohne Geisel im Licht von Bubis Ta schenlampe. Er zitterte, schielte zu Eva hinüber. Freikaufen, dachte er plötzlich, ich werde mich freikaufen. Den Mann hinter der Taschenlampe hatte er immer noch nicht erkennen können. »Lass mich laufen. Bitte, lass mich frei. Dann sage ich dir, wer hinter allem steckt. Ich war nicht allein. Ich weiß ’ne ganze Menge. Martin Kiefer steckt hinter allem.« Assauer verstand trotz Leas Weinen jedes Wort! »Und dann ist da noch dieses Milchgesicht, Bu…« Was er noch sagen wollte, ging in der nun folgenden Maschinengewehrsalve unter. Als Bubi sah, dass für Lea keine akute Gefahr mehr bestand, wollte er sich schon zu erkennen geben, stand kurz davor, mit Fuchs und Eva das Dorf endgültig zu verlassen. Doch dann diese Worte. Verräter, dachte er, schloss die Augen und ohne sich klar zu sein, was er tat, krümmte er den Zeigefinger und schoss das Magazin seiner Waffe leer. Die Hülsen flogen zur Seite gegen ein leeres Ölfass. Assauer bedeckte Lea mit seinem Kör per und das erste Projektil aus Bubis Gewehr traf Fuchs genau zwi schen die Beine. Um seine Prostataprobleme musste Fuchs sich fort an keine Gedanken mehr machen. Bubi wusste nicht, was er tat, wusste nur, dass es richtig war und ihn befriedigte. Fuchs hatte Lea als Geisel genommen, wollte ihr etwas antun. Er hatte immer gesagt: Lasst die Kleine in Ruhe. Eva von mir aus, aber Finger weg von Lea!
    Bubi behielt die Augen geschlossen. Ein Geschoss nach dem anderen fand seinen Weg in Fuchs’ Körper. Er teilte mit seiner Waffe den Gegner von den Genitalien beginnend Richtung Kopf fast in zwei Teile.
    So fühlt es sich also an, so ist es, wenn man tötet, dachte Bubi. Ganz einfach, wenn es so ein Arsch wie dieser Fuchs ist.

98
    23. Juni, 16:21 Uhr, Bleilochtalsperre
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    Hans und seine Begleiter kamen gut voran, im Schnitt schafften sie an die vierzig Kilometer täglich. Schon rechneten sie sich aus, wie lang die Reise bis Wellendingen noch dauern konnte. Neben dem Wetter, dem Zustand der Straßen und Wege und neben ihrer Gesundheit gab es allerdings mindestens noch eine große Unbekannte auf dieser Rechnung, die sie nicht auf dem Plan hatten: den Glücklichsten Mann der Welt.
    Vor allem wegen Hans legten sie regelmäßig Pausen ein. Aber auch Larissa verlangte ihr Recht, wollte spielen und über Wiesen rollen. So wohl sie sich auch in Hans’ Armen fühlte, gab es doch rechts und links ihres Weges unendlich viel Neues zu entdecken, so viel Unbekanntes und Fremdes. Außerdem bevorzugte die kleine Gruppe weiterhin Nebenstraßen und Feldwege. Da diese Straßen regelmäßig durch Ortschaften führten, mussten sie täglich weite Umwege in Kauf nehmen. Deshalb hielten sie sich nun westlich, so mussten sie irgendwann auf die Autobahn nach Süden treffen.
    Je weiter sie sich von Berlin entfernten desto weniger Leichen fanden sie, bis sie eine Art Scheitelpunkt erreichten, von dem an die Zahl der Toten wieder stieg. Sie näherten sich Leipzig.
    »Du glaubst, es hat sich um jeden Ballungsraum herum das Gleiche abgespielt?«
    Hans nickte. »Natürlich. Die Menschen haben zuerst abgewartet und anfangs darauf vertraut, später nur noch gehofft, dass irgendwer alles wieder richtet. Das wäre eigentlich der Job unserer Regierung gewesen, aber denen geht es wohl auch nicht mehr besser als dem Rest des Volkes. Ja, und als nach einer Woche oder so noch nichts passierte, was auf Normalisierung hoffen ließ, sind sie halt einer nach dem anderen losmarschiert. Hunger und Gewalt haben die Menschen aus den Städten getrieben, bis sie einer nach dem anderen verendeten.«
    »Verendeten!« sagte Silvia. »Du redest, als handele es sich um Tiere!«
    »Bis sie verhungerten, ermordet wurden oder Selbstmord begingen, an giftigen Pflanzen oder sonst welchen Wehwehchen starben. Besser so?«
    Bei Prettin überquerten sie die Elbe. Die Brücke war intakt und eine Straßensperre aus den Anfangstagen der neuen Ordnung inzwischen von ihren Erbauern verlassen. Hier irgendwo stießen Sachsen, Brandenburg und Sachsen-Anhalt aneinander oder das, was man früher

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