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Raubvogel der Sterne

Raubvogel der Sterne

Titel: Raubvogel der Sterne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer-Bradley
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nonhumanoiden, erfüllt.
    Die Gestalten bewegten sich rhythmisch hin und her, in einem Dialekt singend, der mir nicht völlig vertraut war; einen monotonen, klagenden Singsang, in dem ein einziges Wort immer wiederkehrte: „Kamaina! Kamaina!“ Der Laut ließ mich zurückweichen; selbst die Dürrstädter mieden die Ritualien des Kamaina. Erdenmenschen haben einen Ruf dafür, die zweifelhaften Bräuche eines Planeten auszurotten, aber sie können keine Religion anrühren, und Kamaina war – zumindest an der Oberfläche – eine Religion.
    Ich schickte mich an, mich umzudrehen und zu gehen, als hätte ich aus Versehen die falsche Tür geöffnet, aber mein Begleiter zog mich weiter, und ich war schon zu sehr eingekeilt, um mich widersetzen zu können. Meine Augen gewöhnten sich an das trübe Licht, und ich sah, daß die Menge zumeist aus Chaks und den Flachlandbewohnern Charins bestand. Sie kauerten an kleinen, halbmondförmigen Tischen und starrten auf einen flackernden Lichtpunkt in der Mitte des Kellers. Ich fand einen freien Platz und ließ mich darauf nieder. An jedem Tisch brannten qualmende Räucherkerzen, und von ihnen stieg der dunstige, dichte Rauch auf, der die Dunkelheit mit eigenartigen Farben erfüllte.
    Karaffen und Schalen standen auf jedem Tisch, und eine Frau goß eine helle, phosphoreszierende Flüssigkeit in eine der Schalen und bot sie mir an. Ich nahm einen Schluck, dann einen zweiten; das kalte Getränk schmeckte angenehm, und erst als ich die Bitterkeit auf der Zunge verspürte, wußte ich, was ich getrunken hatte. Ich täuschte vor, zu schlucken, während die glühenden Augen der Frau auf mich gerichtet waren, brachte es dann irgendwie zuwege, das Zeug über meinen Kittel zu gießen. Ich wußte, daß ich mich selbst vor den Dünsten zu hüten hatte, aber mir blieb nichts anderes übrig. Das Getränk war Shallavan, jenes Rauschgift, das auf jedem halbwegs zivilisierten Planeten des Terranischen Imperiums verboten ist.
    Mehr und mehr Menschen drängten sich in den Raum, und plötzlich loderte eine grelle Flamme auf.
    „Kamaiiiiina!“ schrillte der rasende Mob.
    Ein alter Mann in einem Pelzumhang sprang auf und begann zu reden. Er sprach über Terra, über die Unruhen und schloß eine Verquickung von mystischen Prophezeiungen mit antiterranischer Hetze daran an.
    Wieder erglühten vielfarbige Lichter, und ein neuer, vielstimmiger, gedehnter Schrei erscholl:
    „Kamaiiiiina!“
    Inmitten der Lohe stand Evarin.
    Der Spielzeugmacher wirkte, wie er mir in Erinnerung geblieben war: katzenhaft geschmeidig, von anmutiger Fremdartigkeit, in grelles, gekräuseltes Rot gehüllt. Hinter ihm erstreckte sich Schwärze. Ich wartete, bis das grelle, schmerzhafte Lodern der Lichter nachließ, strengte dann meine Augen an, um hinter ihn zu blicken, und erlebte meine schlimmste Erschütterung.
    Eine Frau war dort erschienen, die Hände rituell mit kleinen Ketten gefesselt, die in musikalischem Rasseln klirrten, als sie steif – wie in Trance – vorwärtsschritt. Haar, schwarzem Glas gleich, fiel auf ihre bloßen Schultern, ihre Augen waren von karmesinfarbenem Rot – und nur die Augen lebten in dem toten Gesicht. Sie lebten, und Irrsinn stand in ihnen, obgleich die Lippen sich zu einem sanften, träumenden Lächeln verzogen.
    Miellyn.
    Ich erkannte, daß Evarin minutenlang in einem Dialekt gesprochen hatte, den ich kaum in der Lage war zu erfassen. Die aneinandergedrängten Humanoiden und Nonhumanoiden schwankten und sangen, und der Spielzeugmacher stand einem schillernden Insekt gleich in ihrer Mitte, die Arme hin und her werfend. Ich fing hier und da ein Wort auf.
    „Unsere Welt … eine alte Welt …“
    „Kamaiiiiina …“ klagte der schrille Chor.
    „… Menschen, Menschen, ohne Ausnahme Menschen … würden uns alle zu Sklaven ihrer selbst machen, der Kinder des Affen …“
    Die hin- und herfahrenden Arme des Spielzeugmachers begannen sich zu drehen … Ich rieb mir die Augen, um die Weihrauch- und Shallavandünste zu vertreiben. Ich hoffte, daß das, was ich jetzt gewahrte, nur eine Illusion war, geboren aus der Wirkung des Rauschgiftes; etwas Riesiges und Dunkles lauerte über dem Mädchen. Sie stand ruhig da, ihre Hände umfaßten die Kette, das bleiche Licht spiegelte sich in ihrem Schmuck, aber ihre Augen traten in dem erstarrten, maskenhaften Gesicht aus den Höhlen.
    Dann sagte mir ein Gefühl – ich kann es nur als Sechsten Sinn bezeichnen –, daß jemand im Begriff stand, die Tür

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