Raubzug mit dem Bumerang
dunkel im Raum. Auch draußen legte sich die
Abenddämmerung über Wiesen und Wälder.
„Wo bleibt dieser Saftsack?“,
stöhnte Lobi.
Otto knackte mit den Knöcheln
seiner derben Hände. „Lumel!“, murmelte er. „Ein blöder Spitzname. Oder ist das
‘ne Abkürzung?“
„Die Abkürzung von
Ludwig-Melchior“, erwiderte Lumel. Er lehnte an der Wand und fühlte sich immer
noch wie betäubt.
„Wieso denn das? Ich denke, du
heißt Hugo?“
Wieder half Mausi. „Er heißt
Hugo Ludwig Melchior. Mit...“
„...Bindestrich, natürlich“,
fiel ihr Otto ins Wort. „Aber das ist unhandlich. Deshalb wird er Lumel
genannt. Heh, Leute! Wollt ihr uns veralbern?“
Er sprang auf. Plötzlich war
ihm was eingefallen. Nach einer halben Minute kam er aus der Diele zurück. Er
feixte.
„An den teuren Reisetaschen,
Lobi, sind schöne, teure Adressenanhänger. Du glaubst es nicht! Die beiden
wollen uns linken. Von wegen H. und B. Tiedke! Familie Walm-Haunstetten ist
angekommen. Ludwig-Melchior und Margit. Kannst dein Opernglas wegpacken, Lobi.“
Lobi stand auf, trat zu
Walm-Haunstetten und verpasste ihm eine so wuchtige Ohrfeige, dass der
Parteisekretär gegen den Bauernschrank flog. Margit schrie auf.
„Ruhe!“, brüllte Lobi. Und dann
zu Haunstetten: „Jetzt aber her mit dem Schlüssel! Sonst kriegst du noch eine,
dass deine Zähne im Hintern Klavier spielen.“
19. Wo ist das Versteck?
Sie standen in der durchwühlten
Wohnung und ließen die Ohren hängen. Enttäuschung auf allen Gesichtern. Selbst
die dicke Tanja hätte es gern erlebt, dass ihr Ex-Freund in eine Katastrophe
steuerte — mit dem Auffinden von Beweisen gegen ihn. Tim horchte zur
Wohnungstür. Waren da Schritte auf dem Flur? Kam Fenloh zurück? Tim hörte
nichts. Totenblume konnte sich offenbar nicht trennen von dem Biergarten am
Kiosk.
„Immerhin“, meinte Karl, „die
australischen Wurfhölzer, die Bumerangs und Kailies geben uns zu denken, nicht
wahr? Vielleicht ist Fenloh unser gesuchter Bumerango. Wer einen alten Mann wie
den Robert Zaunig überfällt, niederschlägt und ausplündert — der hat auch die
innere Statur für Raubzüge mit dem Bumerang.“
Alle nickten. Nur Tanja begriff
nicht, worum es ging. Tim sagte ihr, er werde es nachher erklären. Denn gerade
eben war etwas anderes vorrangig. Eine Idee.
„Amigos“, rief er, „als wir den
schwarzlockigen Grabschaufler befragt haben, sagte er doch, Fenloh sei früh
nachmittags mal kurz zurück gewesen auf dem Friedhof. Das könnte bedeuten, er
hat dort sein Versteck.“
„Und wo?“, fragte Gaby. „Im Geräteschuppen?
In der Aussegnungshalle? Wo willst du suchen?“
„Hm.“ Tim nickte. Auch er sah
ein Meer ohne Ufer.
Und wieder erwies sich Tanja
als unschätzbare Hilfe. „Ich habe mal gehört“, sagte sie, „dass Diebe ein Grab
als Versteck für ihre Beute benutzten. Sie hatten die Beute unter eine
Grabplatte geschoben.“
„Ist schon mehrfach
vorgekommen“, nickte Tim. „Aber der Gedanke eröffnet zu viele Möglichkeiten.
Der Westfriedhof ist groß.“
„Ich glaube nicht“, sagte
Tanja, „dass ein Dieb irgendein Grab nimmt. Ein fremdes wäre nicht sicher. Denn
Gräber werden gepflegt und bepflanzt. Der Gärtner hat damit zu tun. Könnte auch
sein, dass er eine Grabplatte anhebt, wenn sich Maulwürfe ihre Gänge graben.
Nur ein persönliches Grab ist sicher. Um das sich niemand sonst kümmert.“
Sieh einer an!, dachte Tim und
musterte Tanja. Sie hat zwar ihre Diät nicht im Griff, aber das Gehirn
funktioniert. Schlau, schlau, das dicke Mädchen!
Er nickte. „Hat Fenloh dort
eine persönliche Grabstelle?“
„Das Grab seiner Eltern. Er hat
es mir gezeigt.“
Am liebsten hätte Tim sie
umarmt.
Tanja fuhr einen amerikanischen
Straßenkreuzer von gewaltigen Ausmaßen. Er beanspruchte Parkraum wie ein
Schulbus, war 15 Jahre alt, überall durchgerostet und hatte Heckflossen. Der
Kofferraumdeckel funktionierte nur, wenn man ihn dreimal nacheinander zuschlug.
Heute blieb er offen. Er nahm nicht nur die Geschenke auf, die Tanja aus
Fenlohs Wohnung zurückholte — unterstützt von TKKG — , sondern auch die vier
Bikes. Der Deckel ließ sich nun nicht mehr schließen. Tanja fuhr langsam.
Sämtliche Stoßdämpfer seien kaputt, erklärte sie. Außerdem waren die
vorsintflutlichen Sitzbänke durchgesessen und zerschlissen, wie die Kids
feststellten. Tim fragte sich, ob der Wagen bis zum nächsten TÜV durchhalten
würde.
Sie fuhren durch
Weitere Kostenlose Bücher