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Raue See

Raue See

Titel: Raue See Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralph Westerhoff
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»Wir bewahren doch jeden Mist auf. Warum entlarven wir denn bis heute immer wieder informelle Mitarbeiter der Stasi, obwohl die ihre Nachbarn schon irgendwann in den Achtzigern bespitzelt haben?«
    »Weil die Akten noch da sind«, sagte Bergmüller anerkennend.
    »Eben. Und ich gehe jede Wette ein, dass die Akten des Falls Schmidt-Geerling ebenfalls im Archiv vor sich hin stauben. Dort befindet sich dann auch deine Referenz, Herbert.«
    »Wo sind denn die Akten genau? Und wie kommen wir da ran, ohne im wahrsten Sinne des Wortes viel Staub aufzuwirbeln? Immerhin suchen wir einen Kollegen, vergesst das nicht«, merkte Streicher an.
    »Die Akten werden zentral beim LKA in Rampe archiviert«, erklärte Bergmüller. »Das Beste ist, ich fahre hin. Als LKA -Kollege aus Kiel kann ich eine unverfängliche Geschichte auftischen, warum ich im Archiv stöbern muss. Ich fahre sofort los. In drei Stunden etwa kann ich wieder da sein, und wir sind hoffentlich einen …«
    »Nein, du fährst nicht«, sagte Wiebke und schaute in zwei verwunderte Augenpaare. »Ich fahre dich. Du bist doch stehend k.   o.«
    Reinhard lächelte. »Einverstanden. Herr Dr.   Streicher, wir sind gleich wieder da.«
    »Herbert«, sagte Streicher und streckte seine rechte Hand aus. »Ich heiße Herbert.«
    »Angenehm«, entgegnete Bergmüller und drückte ihm fest die Hand. »Ich bin Reinhard.«
    »Ich kann ja in der Zwischenzeit überprüfen, ob die Kugel, die dich damals verletzt hat, aus der gleichen Waffe stammt wie die, die ›Max‹ getötet hat.«
    Bergmüller nickte.
    »Los, komm«, drängte ihn Wiebke. »Wir haben nicht viel Zeit.«
    »Sag mal, Reinhard«, meinte Wiebke, als der Sicherheitsgurt im Peitschenschloss einrastete und sie den Dienstwagen startete. »An das AFIS kommt doch nicht jeder ran, oder?«
    »Nein, dazu braucht man eine besondere Berechtigung. Warum fragst du?«
    »Nun.« Sie räusperte sich, während sie den Befehlen aus dem Navigationsgerät folgte. »Wenn deine These stimmt, und dieser Schmidt-Geerling ist unser Mann, dessen Spuren im Computer verwischt wurden, dann …« Wiebke senkte ihre Stimme. Sie traute sich kaum, das auszusprechen, was sie dachte. »Dann kommen als Täter nur eine Handvoll Kollegen in Betracht.«
    »Warum?«
    »Es können nur männliche Kollegen sein, die in den Neunzigern die entsprechende Berechtigung hatten und jetzt in Rostock Dienst schieben.«
    Bergmüller nickte bedächtig. »Da hast du allerdings recht. Aber wie du schon sagtest: wenn meine These stimmt.«
    Wiebke spürte, dass Bergmüller bereits einen Verdacht hatte. Sie verzichtete aber darauf, ihn danach zu fragen. Sie wusste aus eigener leidvoller Erfahrung, wie schmerzhaft es war, einen Kollegen zu verdächtigen, dessen Unschuld sich im Nachhinein herausstellte. Sie gab Gas und fuhr mit hoher Geschwindigkeit. Die Wahrheit duldete keinen Aufschub mehr.
    Noch am selben Abend hatten sie Gewissheit: Der tote »Max« alias Markus Höhn oder eben Maximilian Busch war tatsächlich gebürtig der Anfang der Neunziger aus der Untersuchungshaft ausgebrochene Theodor Schmidt-Geerling. Sein Kumpel »Moritz« musste damals verhindert haben, dass Schmidt-Geerling in die Datei aufgenommen wurde. Streicher konnte außerdem bestätigen, dass es sich bei der Waffe, mit der er getötet worden war, um die Polizeiwaffe handelte, die er in der Untersuchungshaft erhalten hatte.
    »Moritz« lief immer noch frei rum. Er hatte einen weiteren Mord angekündigt. Und er war Polizist. Wiebke schnürte der Gedanke, dass es der sein würde, auf den alles hindeutete, förmlich die Kehle zu.
    * * *
    »Haben wir auch bestimmt nichts übersehen?«, fragte Wiebke am übernächsten Tag, als sie mit zittriger Hand die Kaffeetasse zum Mund führte. »Ich kann mir nicht vorstellen, dass er der Täter ist.«
    »Wiebke«, sagte Bergmüller mit einem gewissen mahnenden Unterton, »wenn wir einen Mörder an der Nasenspitze erkennen könnten, wäre unser Job ziemlich einfach.«
    »Trotzdem«, beharrte Wiebke. »Lass uns noch einmal alles durchgehen.«
    Bergmüller deutete auf Streicher. »Herbert. Fass du das Ganze doch bitte noch mal zusammen.«
    Streicher kratzte sich am Kopf und begann. »Wir haben festgestellt, dass der tote ›Max‹ ein vorbestrafter Krimineller ist, dessen Daten aus dem AFIS gelöscht wurden. Das kann nur bedeuten …«
    »Könnte es nicht auch sein«, unterbrach Wiebke ihn, »dass die Daten aufgrund eines Versehens nicht ins System aufgenommen wurden?«

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