Raum
zu.«
»Dämlicher Plan B.«
»Ich weiß ja, dass es gruselig ist. Glaubst du, ich wüsste das nicht? Aber wir müssen es versuchen.«
»Nein, müssen wir nicht. Erst wenn ich sechs bin.«
»Es gibt da etwas, das nennt man Zwangsvollstreckung.«
»Was?« Ich glotze Ma an.
»Es ist schwer zu erklären.« Sie pustet die Luft aus den Backen. »Old Nicks Haus gehört eigentlich gar nicht ihm, es gehört der Bank. Und wenn er seine Arbeit verloren und kein Geld mehr hat und die Bank nicht mehr bezahlt, dann wird sie wütend und versucht vielleicht, ihm sein Haus wegzunehmen.«
Ich frage mich, wie eine Bank so was machen will. Vielleicht mit einem riesigen Bagger? »Mit Old Nick drin?«, frage ich, »so wie Dorothy, als der Tornado ihr Haus hochgehoben hat?«
»Hör mir zu.« Ma packt mich so fest an den Ellbogen, dass es beinahe wehtut. »Ich versuche nur dir zu erklären, dass er niemals jemanden in sein Haus oder seinen Garten lassen würde, weil sie dann doch Raum finden würden, klar?«
»Und uns retten?«
»Nein, das würde er nie zulassen.«
»Was würde er machen?«
Ma nuckelt so fest an ihren Lippen, bis sie keine mehr hat. »Die Sache ist, wir müssen vorher fliehen. Wir stecken dich jetzt also wieder in den Teppich, und du übst noch ein bisschen, bis du gelernt hast, wie du dich rauszwängen kannst.«
»Nein.«
»Jack, bitte …«
»Ich habe zu viel Angst«, schreie ich. »Ich mache das nie wieder, und ich hasse dich.«
Ma atmet ganz komisch, sie setzt sich auf Boden. »Ist ja schon gut.«
Wieso ist es gut, wenn ich sie hasse?
Sie hat die Hände auf ihrem Bäuchlein. »Ich habe dich in Raum gebracht. Ich wollte es nicht, aber ich habe es gemacht, und es hat mir noch keine Sekunde leidgetan.«
Ich starre sie an, und sie starrt zurück.
»Ich habe dich hierhergebracht, und heute Abend bringe ich dich raus.«
»Okay.«
Ich sage es ganz leise, aber sie hört es. Sie nickt.
»Und dich aber auch, mit dem Schneidbrenner. Einen nach dem anderen, aber alle zwei beide.«
Ma nickt immer noch. »Aber auf dich kommt es an. Auf dich ganz allein.«
Ich schüttele den Kopf, bis er wackelig ist, weil es mich ganz allein ja gar nicht gibt.
Wir gucken uns an und lächeln.
»Glaubst du, du kannst jetzt wieder in den Teppich?«
Ich nicke. Ich lege mich hin. Ma rollt mich ganz fest ein. »Ich kann nicht …«
»Natürlich kannst du.« Ich spüre, wie sie mich durch Teppich tätschelt.
»Ich kann nicht, ich kann nicht.«
»Kannst du mal für mich bis hundert zählen?«
Ich mache es, ist einfach, ganz schnell.
»Du hörst dich schon ruhiger an. Gleich haben wir es heraus«, sagt Ma. »Hmm. Wenn das mit dem Krabbeln nicht klappt … meinst du, du könntest dich dann vielleicht aufrollen?«
»Aber ich bin innen drin.«
»Ich weiß, aber du kannst mit den Händen oben rausgreifen und die Ecke suchen. Komm, wir versuchen es mal.«
Ich taste herum, bis ich etwas Spitzes greife.
»Das ist sie«, sagt Ma. »Prima, und jetzt ziehen. Nicht in die Richtung, in die andere, dann merkst du, wie er locker wird. Als wenn man eine Banane schälen wollte.«
Ich mache nur ein bisschen los.
»Du liegst auf der Kante, du drückst sie runter.«
»Tut mir leid.« Die Tränen kommen wieder.
»Es muss dir nicht leidtun, du machst das prima. Und wenn du mal rollst?«
»Wo lang?«
»Da, wo es sich lockerer anfühlt. Vielleicht auf dein Bäuchlein, dann suchst du wieder die Ecke vom Teppich und ziehst dran.«
»Ich kann nicht.«
Ich schaffe es. Ich kriege einen Ellbogen raus.
»Hervorragend«, sagt Ma. »Oben hast du ihn schon ganz locker. He, wie wäre es mit Aufsetzen, versuch doch mal, dich aufzusetzen.«
Es tut weh, und es ist unmöglich.
Ich schaffe es, mich aufzusetzen, und jetzt sind alle beide Ellbogen draußen, und Teppich wird um mein Gesicht herum lose. Ich kann sie ganz wegziehen. »Ich hab’s geschafft«, schreie ich, »ich bin die Banane.«
»Du bist die Banane«, sagt Ma. Sie küsst mich aufs Gesicht, es ist ganz nass. »Komm, das probieren wir gleich noch mal.«
Als ich so müde bin, dass ich nicht mehr kann, erzählt Ma mir, was im Draußen kommt. »Old Nick fährt die Straße entlang. Du bist hinten, auf dem offenen Teil vom Laster, deshalb kann er dich nicht hören, okay? Halt dich an der Kante vom Laster fest, damit du nicht runterfällst, er fährt nämlich ganz schnell, ungefähr so.« Sie zieht mich und wackelt mich auf die Seite. »Und wenn er dann auf die Bremse tritt, fühlt sich
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