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Raum

Raum

Titel: Raum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emma Donoghue
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es offen ist …«
    »Ich will auch hier warten.«
    Sie legt den Finger an den Mund, damit ich still bin. »Und das ist deine Chance.«
    »Was?«
    »Der Laster. Sobald er das erste Mal an einem Stoppschild anhält, krabbelst du aus dem Teppich, springst auf die Straße, rennst weg und holst die Polizei, damit sie mich rettet.«
    Ich starre sie an.
    »Diesmal ist er Plan also: Tot, Laster, Weglaufen, Polizei, Ma retten. Wiederhol mal.«
    »Tot, Laster, Weglaufen, Polizei, Ma retten.«
    Wir frühstücken, jeder kriegt 125 Cornflakes, weil wir Extrakraft brauchen. Ich habe keinen Hunger, aber Ma sagt, ich soll alle aufessen.
    Dann ziehen wir uns an und üben das mit dem Totsein. Es ist der verrückteste Sport, den wir jemals gemacht haben. Ich lege mich an den Rand von Teppich, und Ma wickelt sie über mich und sagt mir, ich soll auf meinen Bauch, dann auf den Rücken, dann wieder auf den Bauch, auf den Rücken, bis ich ganz fest aufgerollt bin. Es riecht komisch in Teppich, staubig und irgendwie anders, als wenn ich nur auf ihr draufliege.
    Ma hebt mich hoch, ich bin ganz zerquetscht. Sie sagt, ich bin ein langes und schweres Paket, aber Old Nick kann mich einfach heben, weil er mehr Muskeln hat. »Er trägt dich durch den Garten und vermutlich in seine Garage, ungefähr so …« Ich merke, wie wir in Raum herumlaufen. Ich bin am Hals gescheuert, aber trotzdem bewege ich mich kein bisschen. »Oder vielleicht auch über der Schulter, das ist so …« Sie wuchtet mich hoch und grunzt. Ich werde zusammengefaltet.
    »Ist es weit weg?«
    »Was hast du gesagt?«
    Meine Wörter verschwinden in Teppich.
    »Moment mal«, sagt Ma. »Mir ist gerade eingefallen, dass er dich vielleicht ein paarmal ablegen muss, um die Türen aufzumachen.« Sie legt mich hin, mit dem Kopf zuerst.
    »Aua.«
    »Aber du gibst keinen Mucks von dir, klar?«
    »Tut mir leid.« Teppich ist auf meinem Gesicht, sie kitzelt mir in der Nase, aber ich komme nicht dran.
    »Danach wird er dich auf die Ladefläche seines Lasters werfen, ungefähr so.«
    Sie lässt mich hinfallen, wumm . Ich beiße die Zähne zusammen, damit ich nicht schreie.
    »Bleib ganz, ganz steif, wie ein Roboter, okay? Egal, was passiert.«
    »Okay.«
    »Wenn du nämlich nachgibst oder dich bewegst oder nur das kleinste Geräusch von dir gibst, Jack, wenn du irgendwas davon aus Versehen machst, dann weiß er, dass du in Wahrheit am Leben bist, und wird so wütend, dass er …«
    »Was?« Ich warte. »Ma? Was macht er dann?«
    »Keine Angst, er glaubt bestimmt, dass du tot bist.«
    Woher weiß sie das so genau?
    »Dann steigt er vorne in seinen Laster ein und fährt los.«
    »Wohin?«
    »Ähm, vermutlich aus der Stadt raus. Irgendwohin, wo niemand ihn beobachten kann, wie er ein Loch gräbt, vielleicht in einen Wald oder so. Aber das Entscheidende ist, sobald der Motor angeht … – das ist dann ganz laut und wummert und wackelt, ungefähr so …« Sie blubbert in den Teppich, normalerweise muss ich immer lachen, wenn sie blubbert, aber jetzt … »Das ist dein Zeichen, dass du anfangen musst, aus dem Teppich zu krabbeln. Willst du es mal versuchen?«
    Ich zappele hin und her, aber ich komme nicht raus, es ist zu eng. »Ich klemme fest. Ich klemme fest, Ma.«
    Sie rollt mich sofort raus. Ich hole ganz viel Luft.
    »Alles in Ordnung?«
    »In Ordnung.«
    Sie lächelt mich an, aber es ist ein komisches Lächeln, als wenn sie nur so tut, als ob. Dann wickelt sie mich wieder ein, ein bisschen lockerer.
    »Es zerquetscht mich immer noch.«
    »Tut mir leid. Ich dachte nicht, dass er so steif wäre. Momentchen …« Ma rollte mich wieder auf. »He, versuch doch mal, die Arme vor der Brust zu kreuzen und die Ellbogen ein Stück rausgucken zu lassen, damit mehr Platz ist.«
    Als sie mich diesmal mit gefalteten Armen eingerollt hat, kriege ich sie über meinen Kopf. Ich winke am Ende von Teppich mit den Fingern.
    »Super. Jetzt versuch mal hochzukrabbeln, als wäre es ein Tunnel.«
    »Es ist zu eng.« Ich weiß nicht, wie der Graf das gemacht hat, und dabei war er auch noch am Ertrinken. »Lass mich raus.«
    »Versuch es noch ein bisschen länger.«
    »Lass mich sofort raus!«
    »Wenn du weiter so panisch bist«, sagt Ma, »dann wird unser Plan nicht funktionieren.«
    Ich weine wieder, Teppich ist nass auf meinem Gesicht. »Ich will raus!«
    Teppich rollt auf, ich krieg wieder Luft.
    Ma legt ihre Hand auf mein Gesicht, aber ich schlage sie weg.
    »Jack …«
    »Nein.«
    »Hör mir

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