Raum
nur labberig und Verschwunden.
»Du kannst ihnen doch einfach erzählen, dass er ein illegaler Einwanderer ist und keine Papiere hat«, sagt Ma. »Er ist sowieso nicht in der Lage, einen Mucks zu machen, und sobald sie seinen Flüssigkeitshaushalt wieder aufgefüllt haben, kannst du ihn ja wieder zurückbringen …« Ihre Stimme läuft hinter ihm her. »Bitte. Ich tue auch alles, was du willst.«
»Mit dir kann man einfach nicht vernünftig reden.« Es hört sich an, als ob er jetzt drüben bei Türe steht.
»Geh nicht. Bitte, bitte …«
Etwas fällt runter. Ich habe so viel Angst, dass ich auf gar keinen Fall die Augen aufmache. Ma heult. Dann piep piep . Bumm. Türe ist zu, wir sind allein.
Es ist ganz still. Ich zähle fünfmal meine Zähne, immer zwanzig außer einmal, da sind es neunzehn, aber ich zähle noch mal, bis es wieder zwanzig sind. Ich linse zur Seite. Dann hebe ich meinen Kopf von dem stinkigen Kissen.
Ma sitzt auf Teppich und lehnt mit dem Rücken an Türewand. Sie starrt irgendein Nichts an. »Ma?«, flüstere ich.
Dann macht sie was total Komisches. Sie lächelt irgendwie.
»Habe ich nicht gut so getan, als ob?«
»Oh doch. Du warst ein echter Superheld.«
»Aber er hat mich nicht ins Krankenhaus gebracht.«
»Ist schon in Ordnung.« Ma steht auf und macht in Becken einen Lappen nass, dann kommt sie und wischt mir das Gesicht ab.
»Aber du hast es gesagt.« Das ganze brennende Gesicht und die Kotze, und er hat mich angefasst. »Krank, Laster, Krankenhaus, Polizei, Ma retten.« Ma nickt, sie zieht mein T-Shirt hoch und wischt meine Brust ab. »Das war Plan A, es war einen Versuch wert. Aber ich hab mir schon gedacht, dass er einfach zu viel Angst haben würde.«
Sie bringt alles durcheinander. » Er hatte Angst?«
»Davor, dass du den Ärzten vielleicht doch von Raum erzählst und die Polizei ihn dann ins Gefängnis sperrt. Ich hatte gehofft, er würde es vielleicht riskieren, wenn er dächte, dass du in Lebensgefahr bist … aber richtig daran geglaubt habe ich von Anfang an nicht.«
Ich verstehe. »Du hast mich ausgetrickst«, brülle ich. »Ich sollte überhaupt nicht in dem braunen Laster fahren.«
»Jack«, sagt sie und umarmt mich ganz fest, ihre Knochen tun mir im Gesicht weh.
Ich drücke sie weg. »Du hast gesagt, keine Lügen mehr, und jetzt würdest du entlügen, aber du hast schon wieder gelogen.«
»Ich bemühe mich, so gut ich kann«, sagt Ma.
Ich lutsche an meiner Lippe.
»Hör zu. Hörst du mir mal einen Moment zu?«
»Ich habe keine Lust mehr, dir zuzuhören.«
Sie nickt. »Ich weiß. Aber hör mir trotzdem mal zu. Es gibt noch einen Plan B. Plan A war in Wahrheit nur der erste Teil von Plan B.«
»Das hast du mir nie gesagt.«
»Es ist ziemlich kompliziert. Ich habe mir die ganzen letzten Tage darüber den Kopf zerbrochen.«
»Ach ja? Ich habe einen Riesenkopf zum Zerbrechen.«
»Den hast du wirklich.«
»Viel riesiger als du.«
»Stimmt. Aber ich wollte nicht, dass du dir gleichzeitig zwei Pläne merken musstest. Das hätte dich vielleicht durcheinandergebracht.«
»Ich bin schon durcheinander. Ich bin hundert Prozent durcheinander.«
Sie küsst mich durch meine ganz klebrigen Haare. »So, und jetzt erzähle ich dir von dem Plan B.«
»Ich will deine stinkigen, blöden Pläne überhaupt nicht hören.«
»Na schön.«
Ich zittere, weil ich kein T-Shirt anhabe. In Kommode finde ich ein sauberes, es ist blau.
Wir gehen auf Bett, der Gestank ist fürchterlich. Ma zeigt mir, wie man nur durch den Mund atmet, weil Münder nichts riechen. »Kann ich mit dem Kopf andersrum liegen?«
»Prima Idee«, sagt Ma.
Sie will wieder lieb sein, aber vergeben tue ich ihr trotzdem nicht.
Wir legen unsere Füße an das stinkige Ende von Wand und unsere Köpfe an das andere. Ich glaube, ich kann überhaupt nicht mehr ausschalten.
Es ist schon 08:21, ich habe lange geschlafen, und jetzt kriege ich was, die Linke ist ganz sahnig. Ich glaube nicht, dass Old Nick wiedergekommen ist.
»Ist es Samstag?«, frage ich.
»Genau.«
»Cool, dann waschen wir ja unsere Haare.«
Ma schüttelt den Kopf. »Du darfst nicht sauber riechen.«
Das hatte ich kurz vergesst. »Wie geht er?«, frage ich.
»Wer?«
»Der Plan B.«
»Willst du ihn dir jetzt doch anhören?«
Ich sage nichts.
»Also, hier kommt er.« Ma räuspert sich. »Ich bin ihn immer wieder in alle Richtungen durchgegangen und ich glaube, er könnte vielleicht klappen. Keine Ahnung, sicher bin ich
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