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Raum

Raum

Titel: Raum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emma Donoghue
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Captain.
    »Nein, machen wir einfach weiter«, sagt Ma. Es ist die Rechte, und es ist nicht viel drin, aber ich will nicht extra runterklettern und auf die andere Seite, sonst sagt sie vielleicht, das reicht, weil es nämlich noch nicht reicht.
    Ma redet ewig über Raum und Old Nick und all das, ich bin zu müde zum Zuhören. Eine Sie-Person kommt rein und erzählt dem Captain etwas.
    Ma sagt: »Gibt es ein Problem?«
    »Nein, nein«, sagt der Captain.
    »Warum starrt sie uns dann so an?« Ihre Arme verstecken mich noch mehr. »Ich stille meinen Sohn, haben Sie etwas dagegen einzuwenden, Lady?«
    Vielleicht wissen sie im Draußen ja gar nichts davon, dass man etwas kriegt, es ist ein Geheimnis.
    Ma und der Captain reden noch unheimlich lange weiter. Ich schlafe fast schon, aber es ist zu hell, und ich kann es mir nicht gemütlich machen.
    »Was ist los?«, fragt sie.
    »Jetzt müssen wir aber wirklich wieder in Raum«, sage ich ihr. »Ich muss auf Klo.«
    »Keine Sorge, hier auf dem Revier gibt es welche.«
    Der Captain zeigt uns den Weg, vorbei an dem sagenhaften Gerät, durch das Glas kann ich beinahe die Schokoriegel berühren. Ich wünschte, ich wüsste den Code, mit dem man sie rauslässt.
    Es gibt eins zwei drei vier Klos, jeder ist in einem kleinen Raum in noch einem größeren Raum, mit vier Becken und überall Spiegeln.
    Es stimmt, im Draußen haben die Klos Deckel über den Schüsseln, ich kann nicht reingucken. Als Ma Pipi macht und wieder aufsteht, gibt es ein fürchterliches Tosen, ich weine. »Ist ja gut«, sagt sie und wischt mir mit der flachen Hand das Gesicht ab. »Das ist nur eine automatische Spülung. Schau mal, mit diesem kleinen Auge sieht das Klo, wann wir fertig sind, und zieht ganz von selbst ab. Ist das nicht schlau?«
    Ich will nicht, dass ein schlaues Klo in unsere Popos guckt.
    Ma sagt, ich soll aus meiner Unterhose steigen. »Ich habe aus Versehen ein bisschen Kacka gemacht, als Old Nick mich getragen hat«, sage ich ihr.
    »Mach dir darüber keine Gedanken«, sagt sie, und dann macht sie was total Verrücktes: Sie wirft meine Unterhose in einen Müll.
    »Aber …«
    »Die brauchst du nicht mehr. Wir besorgen dir neue.«
    »Als Sonntagsgutti?«
    »Nein, an jedem Tag, an dem wir Lust dazu haben.«
    Das ist komisch. Sonntags wäre es mir lieber.
    Der Wasserhahn ist wie die echten in Raum, aber er ist falsch geformt. Ma macht ihn auf, macht Papier nass und wischt mir damit die Beine und den Popo ab. Sie hält ihre Hände unter eine Maschine, und dann kommt da heiße Luft raus wie bei unseren Heizungsschlitzen, nur heißer und schon wieder mit Krach. »Das ist ein Händetrockner, siehst du? Willst du es mal probieren?« Sie lächelt mich an, aber ich bin zu müde zum Lächeln. »Na schön, dann reib dir einfach die Hände an deinem T-Shirt ab.« Dann legt sie die blaue Decke um mich, und wir gehen wieder raus. Ich will in das Gerät gucken, wo die ganzen Dosen und Tüten und Schokoriegel im Gefängnis sitzen. Aber Ma zieht mich weiter bis zu dem Raum, wo der Captain ist und noch mehr reden will.
    Nach Hunderten von Stunden stellt Ma mich hin, ich bin ganz labberig. Dass ich nicht in Raum schlafe, macht mich richtig krank.
    Wir fahren in so was wie ein Krankenhaus. Aber war das nicht unser alter Plan A: Krank, Laster, Krankenhaus? Ma hat jetzt eine blaue Decke um, ich glaube, es ist die, die ich vorher hatte, aber ich habe auch noch eine um, also muss ihre eine andere sein. Der Streifenwagen sieht aus, als wäre er derselbe, aber genau weiß ich es nicht, im Draußen ist alles schwer zu kapieren. Auf der Straße stolpere ich und falle beinahe hin, aber Ma fängt mich auf.
    Wir fahren. Jedes Mal, wenn ich ein Auto kommen sehe, kneife ich meine Augen zu.
    »Weißt du, die sind auf der anderen Seite«, sagt Ma.
    »Was für eine andere Seite?«
    »Siehst du die Linie da in der Mitte. Sie müssen immer auf der anderen Seite bleiben und wir auf dieser hier, damit wir nicht zusammenprallen.«
    Plötzlich sind wir angehalten. Das Auto geht auf, und eine Person ohne Gesicht guckt rein. Ich schreie.
    »Jack, Jack«, ruft Ma.
    »Ein Zombie!«
    Ich drücke mein Gesicht gegen ihr Bäuchlein.
    »Ich bin Dr. Clay, willkommen im Cumberland«, sagt das Nicht-Gesicht mit einer unheimlich tiefen, kollerigen Stimme. »Die Maske ist nur zu eurer Sicherheit. Willst du mal druntergucken?« Er zieht das weiße Ding hoch, und da ist eine Mann-Person, die lächelt, ein total braunes Gesicht mit einem klitzekleinen

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