Raum
schreiben …«
Mas Mund ist nicht freundlich. »Sie wollen also sagen, wir sollten uns verkaufen, bevor sonst jemand das macht.«
»So würde ich das nicht ausdrücken. Ich könnte mir vorstellen, dass Sie der Welt da draußen etwas zu sagen haben. Zum Beispiel diese ganze Nummer mit der neuen Bescheidenheit, da treffen Sie aber so was von voll auf den Zeitgeist.«
Ma prustet los.
Morris hebt die Hände hoch. »Aber das liegt natürlich ganz bei Ihnen. Und morgen ist ja auch noch ein Tag.«
Sie liest ein paar von den Briefen. »Kleiner Jack, du wunderbarer Junge, genieße jeden Augenblick, das hast du dir verdient, du warst ja wirklich in der Hölle.«
»Wer hat das gesagt?«, frage ich.
Sie dreht das Blatt um. »Die kennen wir nicht.«
»Warum sagt sie, ich bin wunderbar?«
»Sie hat einfach im Fernsehen von dir gehört.«
Ich suche in den dicksten Umschlägen nach noch mehr Eisenbahnen.
»Hier, die sehen gut aus«, sagt Ma und hält eine kleine Schachtel mit Schokolädchen hoch.
»Da sind ja noch mehr.« Ich habe eine riesengroße gefindet.
»Nein, das sind zu viele, da werden wir nur krank.«
Ich bin ja schon krank mit meinem Schnupfen, deshalb wäre mir das egal.
»Wir schenken sie jemandem«, sagt Ma.
»Wem?«
»Vielleicht den Schwestern.«
»Spielzeug und solche Sachen kann ich ja einem Kinderkrankenhaus spenden«, sagt Morris.
»Gute Idee. Such dir ein paar aus, die du behalten willst«, sagt Ma.
»Wie viele?«
»So viele du willst«, sagt sie und liest noch einen Brief. »Gott schütze Sie und Ihren süßen Sohn, er ist ein Heiliger. Ich bete dafür, dass Sie alle Schönheiten entdecken werden, die diese Welt zu bieten hat. Mögen all Ihre Träume wahr werden und Ihr Lebensweg geebnet sein von Glück und Gold.« Sie legt ihn auf den Tisch. »Wie soll ich bloß je die Zeit finden, das alles zu beantworten?«
Morris schüttelt den Kopf. »Dieser Mistk… sagen wir einfach, der Verdächtige … der hat Ihnen schon die besten sieben Jahre Ihres Lebens gestohlen. Wenn Sie mich fragen, ich würde keine einzige Sekunde mehr verschwenden.«
»Woher wissen Sie, dass das die besten Jahre meines Lebens gewesen wären?«
Er zuckt mit den Achseln. »Ich dachte ja nur … Sie waren doch damals erst neunzehn, oder?«
Es gibt supercoole Sachen, zum Beispiel ein Auto mit Rädern, die schwrummm machen, und eine Pfeife, die aussieht wie ein Schwein. Ich puste rein.
»Mensch, das ist aber laut«, sagt Morris.
»Zu laut«, sagt Ma.
Ich puste noch mal.
»Jack …«
Ich lege sie hin und finde ein samtiges Krokodil, so lang wie mein Bein. Dann eine Rassel mit einer Klingel drin und ein Clownsgesicht, das Ha ha ha ha ha sagt, wenn ich auf die Nase drücke.
»Das auch nicht, da kriegt man ja Gänsehaut«, sagt Ma.
Ich flüstere dem Clown Mach’s gut zu und schiebe ihn wieder in den Umschlag. Außerdem gibt es noch so ein Viereck mit einem Stift dran, auf dem kann ich malen, aber es ist richtig hartes Plastik, kein Papier, und eine Schachtel mit Affen, die haben ganz gebogene Arme und Schwänze, und man kann daraus eine Affenkette machen. Dann noch ein Feuerwehrauto und einen Teddybär mit einer Kappe auf, die nicht mal abgeht, wenn ich ganz fest ziehe. Auf dem Etikett ist ein Bild von einem Babygesicht mit einem Strich drüber und 0–3 . Heißt das vielleicht, dass Babys in drei Sekunden davon sterben?
»Komm schon, Jack«, sagt Ma. »So viel brauchst du doch gar nicht.«
»Wie viel brauche ich denn?«
»Keine Ahnung …«
»Wenn Sie bitte hier, hier und hier unterschreiben würden«, sagt Morris gerade.
Sie sieht von den Zetteln hoch, auf denen sie schreibt. »Such dir … hmm … such dir einfach fünf aus.«
Ich zähle. Das Auto und die Affen und das Schreibeviereck und die Holzeisenbahn und die Rassel und das Krokodil. Das sind sechs, nicht fünf, aber Ma und Morris reden und reden. Ich suche mir einen großen leeren Umschlag, und da stecke ich alle sechs rein.
»Okay«, sagt Ma und wirft die restlichen Päckchen wieder in die große Tüte.
»Warte«, sage ich, »ich kann doch was auf die Tüte schreiben, ich kann draufmalen: Geschenke von Jack für die kranken Kinder .«
»Lass das mal Morris machen.«
»Aber …«
Ma pustet die Luft aus den Backen. »Wir haben eine Menge Sachen zu tun, und ein paar von den Sachen müssen wir nun mal andere Leute für uns erledigen lassen, sonst platzt mir der Kopf.«
Warum platzt ihr der Kopf, bloß weil ich auf die Tüte schreibe?
Ich hole
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