Raumkundschafter Katman
Einleitung der letzten Öffnungsphase.«
Die Mechaniker und Elektroniker standen sich gegenseitig im Wege. Jeder wollte dabei sein, wenn das System sich öffnete. Alle Stufen hatten funktioniert. Heute war der achte Tag, und auf den Meßstäben der Elektroniker blinkte es grün.
Knirschend hob sich das Oberteil des walzenförmigen Wrackteils. Leise sirrend öffneten sich drei Deckschalen, gaben den Kern frei.
»Wie ein Sarg«, murmelte Sredny, als er die Innenzelle erblickte.
Goa Sung und einer der jungen Elektronikspezialisten kletterten in den Innenraum.
Sie hörten Goa Sung schnaufen, dann einen unterdrückten Schrei des jungen Mannes.
»Was ist?« fragte Pierre Dutch.
Blechern erklang Goa Sungs Stimme: »Es ist jemand drin.«
»Lebt er?«
»Wer ist es?«
»Schickt mir die Kelton.«
Sibyll kroch ins Innere der Truhe.
»O mein Gott!«
»Ich bitte um Mitteilung!«
»Wie ich befürchtet hatte. Oder gehofft. Pauper ubiquet jacet.« ∗
»Bitte melden Sie in verständlicher Form!« verlangte Dutch.
Der Professor richtete sich auf, erklärte besorgt, daß das autonome System nur noch über eine minimale Energieversorgung verfüge, so daß der Körper des Gefundenen völlig unterkühlt und nur zum Teil lebensfähig geblieben ist.
»Was heißt das konkret?«
»Er ist über bestimmte technische Kanäle noch anzusprechen. Aber er kann aus dem Überlebenssystem nicht mehr heraus.«
»Und worin besteht dann das Leben für den armen Kerl?«
»Für ihn ist es kein Leben mehr. Nur noch für uns. Er kann uns Informationen vermitteln.«
Sie schwiegen erschüttert.
»Ultra posse nemo obligatur ∗ «, sagte Goa Sung. »Aber er hat es zumindest versucht.«
Nach einer kurzen Pause fragte Katman: »Wer ist es denn?«
Goa Sung deutete auf eine kleine Metallplatte. »Nach dem Namensschild ein Fred Melan, Antriebsmechaniker auf der Sibir…«
Sibyll hob den Kopf. Melan?
Eilig schob sie sich aus dem truhenartigen Wrackteil heraus, trat zum Kommandanten. »Commander, ich muß Sie sprechen. Unter vier Augen. Sofort.«
Dutch musterte die junge Expertin erstaunt. Was sollte das in diesem Augenblick? Sicherlich handelte es sich nicht um eine persönliche Angelegenheit. Er sah ihre unruhig flackernden Augen und nickte. Im Kommandoraum wies sie sich als gedeckt tätige Beauftragte der Weltsicherheitsbehörde aus.
Pierre Dutch schwieg verstimmt. Und ehe er sich entscheiden konnte, ob er wegen der Einschleusung hinter seinem Rücken beleidigt reagieren oder den neuen Sachverhalt gelassen zur Kenntnis nehmen sollte, offerierte sie ihm eine zweite Überraschung.
»Dieser Fred Melan war der gedeckt auf der Sibir arbeitende Sicherheitsoffizier. Seine Befragung, oder wie immer Sie es nennen mögen, sollte sehr sorgfältig und nicht ohne mich stattfinden.«
Sie schaute ihn an, zweifelnd, ob sie noch weiter gehen durfte.
»Haben Sie konkrete Vorschläge?« fragte Dutch. Er liebte es nicht, vor vollendete Tatsachen gestellt zu werden. Doch mit der Entdeckung dieses Überrestes der Sibir hatte ja eine neue Phase seiner Expedition begonnen, und ihm erschien es zweckmäßig, die Sicherheitsbehörde als Verbündeten zu gewinnen und nicht als kritischen Partner auf dem Halse zu haben.
»Sie befehlen die Bildung einer Sondergruppe unter Leitung von Goa Sung, in der ich mitwirke. Und Sie unterstellen diese Gruppe direkt dem Kommandanten.«
Dutch schenkte ihr einen anerkennenden Blick. Damit blieb er der Erstinformierte an Bord und bewies, wie wichtig er die Sache nahm. Goa Sung zu beauftragen hieß, den dafür Qualifiziertesten der Expedition auszuwählen. Und daß er die MedPsychologin dazu nahm, konnte keinen verwundern.
Nur Larissa würde es nicht passen. Sie wollte ja die Auswertung unbedingt selber in die Hand nehmen. Und bei diesem Vorschlag blieb sie draußen. Dutch seufzte leise. Das konnte ihm lange Diskussionen bescheren. Nachts.
Dafür würde Katman zufrieden sein. Und mit Katman mußte jetzt gerechnet werden. Nicht nur, weil er der Entdecker des Wracks war, sondern vor allem, weil er vermutlich Sibyll Keltons Rolle kannte, vielleicht selber im Auftrag der Sicherheitsbehörde arbeitete.
»Weiß Katman…«
»Er weiß nicht mehr als Sie«, fiel sie ihm ins Wort.
Also ist er kein Geheimdienstler, dachte Dutch. Einer reichte ihm auch an Bord. Er hoffte, daß sie wirklich der einzige bliebe. Schlimm genug, daß Katman die wahre Rolle der Kelton kannte und er als Kommandant erst nach der Entdeckung Melans davon erfuhr. »Sie arbeiten mit dem
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