Raumschiff 2 - Nancia
eine OG-Drohne«, erörterte Fassa. »Er glaubt, daß Ihre Passagiere Sev eingeäschert haben, nur weil er ihnen lästig war. Glauben Sie mir, wenn er diese Geschichte nicht geschluckt hätte, hätten wir inzwischen schon längst von ihm gehört.« Sie gewährte ihnen ein gequältes Lächeln.
»Mörder, begleitet von der OG-Schiffstransport – welche besseren Referenzen könnte man sich denken? Und wenn ich den Kontakt herstelle…«
»Ich werde nicht zulassen, daß sie das tut!« sagte Sev heiser.
»Fassa bleibt an Bord von Nancia«, unterbrach Micaya.
»Soviel ist klar.« Sie sah das Mädchen an. »Nicht übelnehmen, Fassa. Aber vom Schiff aus können wir überwachen, was Sie sagen. Und außerdem meine ich, daß Sie besser das hier anziehen sollten.« Sie beugte sich kurz vor, nestelte an ihrer linken Beinprothese und hielt, als sie sich wieder aufrichtete, zwei Bahnen schimmernden, feinen Drahts in den Händen.
»Strecken Sie die Handgelenke vor.«
Fassa gehorchte und Micaya legte eine Bahn um jedes ihrer Handgelenke. Als sie die Enden verschloß, schienen die Drähte einzufallen und sich unsichtbar zu versiegeln.
»Ein Fesselfeld? Ist das wirklich erforderlich?«
Micaya nickte. »Eine reine Sicherheitsmaßnahme. Das Feld wird nur aktiviert, wenn wir auf Shemali in Schwierigkeiten geraten. Alles klar, Nancia?«
»Bestätigung.«
Micaya faßte an ihren synthetischen Arm. »Ich habe hier einen tragbaren Fesselfeldgenerator eingebaut«, teilte sie Forister mit. »Könnte sich auf Shemali als nützlich erweisen.
Wollen Sie einige Drähte?«
Forister nahm eine Handvoll der leuchtenden Drähte
entgegen und musterte sie zweifelnd. »Ich ziehe es vor, meine Probleme auf elegantere Weise zu lösen.«
»Ich auch.« Micaya streifte ihr dunkelgrünes Hosenbein wieder über die Prothese. »Ist aber nicht immer möglich.
Jedermann teilt mir mit, daß es furchtbare politische
Komplikationen gibt, wenn wir diesem Bengel auch nur ein Haar krümmen. Deshalb…« Sie klopfte einmal mehr auf ihre Beinprothese und richtete sich auf. »Ich habe den Nadler weggesteckt. Bin übrigens Ihrer Meinung, wäre einfacher, ihn gleich zu krallen. Aber Sie haben ja darauf bestanden, alles nach Vorschrift zu machen.«
»Das«, antwortete Forister, »war nicht gerade das, was ich mit einer eleganten Lösung meinte.«
Micaya musterte ihn mit einem Ausdruck der Belustigung in ihrem ernsten, dunklen Gesicht. »Weiß ich. Ist aber meistens die ›elegante‹ Methode. Läßt man kleine Tyrannen frei
herumlaufen, werden sie zu großen Tyrannen. Dann handelt man sich eine capellanische Schweinerei ein, oder irgend so etwas. Kriege«, versetzte sie, »sind eben nicht elegant.« Sie nickte Fassa zur Entschuldigung zu. »Sie müssen verstehen, will Ihnen keinen Hochverrat unterstellen, will nur keine Risiken eingehen. Möchte Sie warnen…«
»… daß ein Geheimsignal an Polyon mir mehr Schaden
zufügt, als es mir nützen könnte«, beendete Fassa gelassen ihren Satz. »Sie vertrauen mir nicht. Das ist schon in Ordnung.
Ich würde mir auch nicht vertrauen.«
Inzwischen war sie bleich bis auf die Lippen, und ihre Hände zitterten, ging aber als erste ohne Zögern aus der
Lazarettkabine.
Nancia sah, wie Sev sich so heftig abplagte, den anderen zu folgen, daß er dabei hätte zu Schaden kommen können;
deshalb schaltete sie die Monitore so, daß er visuellen und akustischen Kontakt zur Hauptkabine behielt.
Fassa war immer noch bleich, als Nancia die Signalsequenz einleitete, mit der eine Comlink-Verbindung zu den planetaren Behörden hergestellt wurde, doch bewältigte sie die
Vorstellung ihrer Passagiere mit vollkommener Gefaßtheit. Für Polyon wurde Forister zu einem gewissen Forest Perez,
während aus Micaya Qualia Benton wurde: ein Paar
potentieller Hyperchipabnehmer mit Bargeld, das sie in diese Operation investieren wollten. Sie deutete zart an, daß ›Qualia Benton‹ in Wirklichkeit eine hochgestellte Generalin aus der Zentrale sei, und Micaya trat schon vor, um sie zum
Schweigen zu bringen. Doch Forister legte ihr eine Hand auf den Arm. »Vertrauen Sie der jungen Dame, Mic«, murmelte er. »Sie hat… mehr Erfahrung in solchen Dingen als Sie oder ich.«
Und so erwies es sich auch. Polyon wirkte alles andere als erschreckt von Micayas militärischem Rang, ihre Anwesenheit an Bord eines OG-Schiffs in Fassas Begleitung, war ihm Beweis genug, daß sie ebenso korrupt sein mußte wie seine Freunde. Und er schien eindeutig
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