Raumschiff 2 - Nancia
eine
Kußhand zu. »Lebwohl, Fassa del Parma!« Zeit, das Bettlaken zu Boden fallen zu lassen, damit Sev ganz genau zu sehen bekam, was irgendein schmutziger alter Mann bekommen
würde, wenn er nicht als erster zulangte. Sie ging auf ihn zu, Zentimeter um Zentimeter, sah, wie seine scharfen
Gesichtszüge erröteten, wie die blauen Augen sich vor
Begierde verdunkelten. »Du könntest mir wenigstens richtig Lebewohl sagen, Sev«, flüsterte sie.
Sie blieb stehen, die Augen geschlossen, erwartete die Wärme seiner sich um sie legenden Arme – und seinen Mund auf ihrem.
»Ich denke nicht«, erwiderte Sev Bryley, und während Fassa in schockiertem Unglauben die Augen aufriß, trat er mit zwei Schritten zur Kabinenluke zurück.
Draußen vor der Kabine aktivierte Sev wieder den
Schließmechanismus, der Fassa daran hindern würde, ihre Zelle zu verlassen. Er lehnte sich gegen die Wand und fuhr sich mit dem Handrücken über die Stirn. Es nützte nicht viel; er fühlte sich immer noch so erhitzt wie nach einem
Fünfzehnkilometerlauf durch den cappellanischen Dschungel.
Er brauchte eine kalte Dusche. Und außerdem wäre ein
Fünfzehnkilometerlauf gar keine schlechte Idee, nur daß er Nancia die Bewachung Fassas nicht allein überlassen durfte.
Doch er konnte sich Unterstützung holen – und eine
Versicherung gegen die Versuchung. »Nancia?« fragte er mit leiser Stimme und blickte an die Stelle zwischen Decke und Dach, wo ihre Hörsensoren installiert waren. »Nancia, ich denke, du solltest besser sämtliche Sensoren in Fassas Kabine aktivieren. Ich weiß zwar, daß damit das Recht auf
Privatsphäre der Gefangenen mißachtet wird, aber das ist auch eine sehr gefährliche Frau. Und noch etwas – Nancia? Du solltest die Sensoren die ganze Zeit aktiviert halten. Selbst wenn ich bei Fräulein del Parma bin.«
Sev dachte darüber nach und entschied, daß er seine letzte Bitte nicht eindringlich genug formuliert hatte. »Vor allem, wenn ich bei Fassa bin«, drückte er es diesmal aus.
»Das habe ich bereits getan, Sev«, erwiderte Nancia aus dem Wandlautsprecher. »Keine Sorge. Alles wurde beobachtet und aufgezeichnet.«
»Hervorragend«, stieß Sev zwischen zusammengebissenen
Zähnen hervor. »Ich bin sicher, daß diese kleine Szene höchst amüsant für jemanden sein dürfte, der nicht von hormonellem Verlangen getrieben wird. Wenn du jetzt nichts dagegen hast, behalte Fassa einfach im Auge und laß es mich wissen, falls sie irgend etwas versuchen sollte. Ich bin im Fitneßraum.«
»Wozu?«
»Um mich um meine Hormone zu kümmern«, erklärte Sev.
Er stampfte davon, um seinen eigenen Rekord im
Gewichtheben zu brechen.
»FN-935 Forister Armontillado y Medoc erbittet Erlaubnis, an Bord kommen zu dürfen.«
»Erlaubnis erteilt.«
Selbst für Nancias eigene Ohren klang das brüsk. Nach einer mürrischen Nanosekunde des Nachdenkens fügte sie förmlich hinzu: »Willkommen an Bord, Forister Armontillado y
Medoc.«
Der kleine, hagere Mann, den sie zuletzt gesehen hatte, als er von Bord ging, um in den planetaren Konflikt mit den Tran Phon Guerillakämpfern auf Charon einzugreifen, ließ mit erleichtertem Stöhnen drei schwere Gepäckstücke auf den Aufzugboden fallen. Ich bekomme einen alten Mann, der nicht einmal sein eigenes Gepäck schleppen kann, ohne außer Atem zu geraten. Doch als wollte er die stumme Kritik widerlegen, winkte Forister den Aufzug mit seinem Gepäck nach oben und nahm selbst die Wendeltreppe. Nancia verfolgte seinen
Fortschritt von Sensor zu Sensor. Er bewegte sich mit
schnellen, sauberen Schritten, ging sparsam mit seinen Bewegungen um. Man konnte zwar nicht gerade behaupten, daß er die Treppe emporstürmte, dennoch war er schneller oben, als sie erwartete; und als er schließlich die Zentralkabine betrat, war kein einziges seiner grauen Haare verrutscht, glitzerte kein einziger Tropfen Schweiß auf seiner Stirn.
»Ich begrüße dich, Nancia«, sagte Forister. Anders als Caleb, sah er dabei direkt das Titanschott an, das Nancias
menschlichen Körper und ihr Gehirn beherbergte. Sein
gezielter Blick wirkte auf Nancia beunruhigend, da sie sich inzwischen daran gewöhnt hatte, wie Caleb im Schiff
umherwanderte und sie ansprach, ohne den Kopf zu wenden, in vollem Vertrauen darauf, daß ihr effizientes Sensorensystem seine Worte schon wiedergeben würde. Sie brauchte einen Moment, um diesen merkwürdigen, älteren Piloten zu
begutachten und ihre Antwort vorzubereiten. Helle
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