Raumschiff 2 - Nancia
Geschmack war wirklich eine merkwürdige Sache.
»Ist Sommerland nicht ziemlich abgelegen für einen Mann von deiner Wichtigkeit?« setzte Nancia nach. Sie, wußte selbst, daß sie aufdringlich war, doch es war ihr gleichgültig.
Falls Forister mit Alpha und ihren kriminellen Freunden unter einer Decke stecken sollte, würde sie es nicht wagen, ihm die Bewachung Fassas anzuvertrauen – und ebensowenig, ihn zur Klinik zurückzuschicken, um über Caleb zu wachen. Sie mußte sofort einen Datenstrom zur Basis Murasaki herstellen.
»Ich habe Familie im System Nyota«, erklärte Forister. »Ich hatte eigentlich gehofft, sie nach Sommerland besuchen zu können. Und außerdem kenne ich jemanden in der Klinik.«
»Alpha bint Hezra-Fong«, riet Nancia. Wenn es schon
schlechte Nachrichten geben sollte, war es besser, sie sofort am Stück zu bekommen.
»Du liebe Güte, nein!« Forister wirkte ehrlich erschrocken.
»Wenn du glaubst, daß ich mich in solcher Gesellschaft zu bewegen pflege, wundert es mich nicht, daß du so feindselig gewesen bist. Nein, jemand völlig anderes, das kann ich dir versichern.«
»Wer ist es dann?«
»Das darf ich dir im Augenblick noch nicht mitteilen. Wenn alles gut laufen sollte…« Forister brach ab und machte sich ziemlich umständlich daran, das tragbare Faltregal, in dem er seine Bücher verstaut hatte, aufzustellen und die Spannfedern zu befestigen, die die Brücke im Fall schneller
Schiffsbewegungen an Ort und Stelle halten würden. »Aber ob es klappt oder nicht«, fuhr er etwas langsamer fort, »ich werde doch nicht mehr hier sein, um zu helfen. Und ich werde danach auch keine freie Zeit mehr übrig haben, um dieses System aufzusuchen. Ich werde mich mit dir auf dem Rückweg zur Zentrale befinden, und wenn ich dort erst einmal gelandet bin, werden Gott weiß wie viele dringende Aufträge auf mich warten.« Er sah hinauf, direkt in Nancias Kabinenhauptsensor.
»Du siehst also, werte Lady, daß mir dieser Auftrag
ebensowenig behagt wie dir. Ich hoffe, wir können unsere Differenzen solange beischieben…«
»Pst!« Das Gespräch in Fassas Kabine hatte plötzlich eine interessante Wendung genommen. Nancia wollte nicht so
lange warten, bis sie es wieder abspielen konnte, sie wollte sofort wissen, was los war.
Anscheinend versuchte Fassa, ihre Haut zu retten, indem sie Informationen über einige der anderen jungen Leute zum besten gab, die an jener verhängnisvollen Wette teilgenommen hatten. Fassa leitete das Manöver mit der Andeutung ein, Sev über eine ganze Verbrecherbande im System Nyota aufklären zu können, sofern ihr das ein geringeres Strafmaß einbringen würde. Sev klärte sie völlig korrekt darüber auf, daß er zu derlei Zusicherungen nicht befugt war.
»Ach, was soll’s«, meinte Fassa schließlich matt. »Wenn ich schon untergehe, dann wenigstens nicht allein. Dann kannst du auch gleich alles erfahren. Dann wirst du immerhin begreifen, daß ich bei weitem nicht die schlimmste von allen bin.«
Sie fing damit an, daß sie selbst alles erzählte, was sie über Darnell Overton-Glaxely wußte: wie er seinen illegalen Netzzugang ausnutzte, erst, um Kostenvoranschläge zu
machen, die immer einen Hauch billiger waren als die seiner Konkurrenten, dann um die Bonität aller kleineren Firmen zu vernichten, die er seinem Reich einverleiben wollte, und ihre Aktienanteile an sich zu reißen.
»Das ist ja alles sehr interessant«, antwortete Sev. »Aber wenn Overton-Glaxely wirklich so schlau ist, an private Netzdatenströme heranzukommen, dann wird er auch schlau genug gewesen sein, um keine Spuren seiner Fallen dort zu hinterlassen.«
»Oh, der ist überhaupt nicht schlau«, widersprach Fassa.
»Das hat ihm jemand beigebracht, wie er den Datenstrom anzapfen…«
»Wer denn?« hakte Sev sanft nach.
Fassa schüttelte den Kopf. Sie war ziemlich bleich um die Lippen geworden. »Das spielt keine Rolle. Niemand, den du wirst erwischen können. Und er hat es auch nicht von mir, falls du das glauben solltest. Das ist nicht meine Art von
Hirnkapazität.«
»Das hätte ich auch nie angenommen«, sagte Sev etwas zu ernst. Fassa blickte ihn mißtrauisch an. Ihre Lippen zuckten.
Sie tat, als würde sie nach ihm schlagen.
»Nur zu, beleidige ruhig meine Intelligenz!«
Sev packte ihr Handgelenk und hielt es für einen langen Augenblick fest, bis sich Nancia schon fragte, ob es wohl Zeit sei einzugreifen. Schließlich löste er die Finger wieder. Fassa sackte auf ihre Koje. Am
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