Raumschiff 4 - Channa
du es genießt, solche Dinge zu tun.« Sie blickte ihn flehend über die Schulter an. »Bitte tu meinem Volk nichts.«
»Und du lügst so schlecht«, meinte er. Er studierte ihr Gesicht einen Augenblick. »Meine Truppen«, fuhr er
nachdenklich fort, »sprachen von ›Dingen‹, die ihnen im Augenwinkel flackerten, von ›Stimmen‹, die beinahe
unhörbare Sachen flüsterten.«
»Was hat denn das mit uns zu tun?«
Er schritt um sie herum und nahm auf einer Ecke des
Schreibtisches Platz. »Vielleicht nichts, vielleicht aber auch alles. Genau das wollten wir auch wissen.«
»Und es ist euch nie der Gedanke gekommen, daß vielleicht irgend etwas an dem Gasgemisch, das wir atmen, diese
Wirkung auf eure Leute haben könnte? Oder daß diese
›Dinge‹, die da unmittelbar außerhalb des Gesichtsfelds flackern, vielleicht auf Insektenschwärme zurückzuführen…«
»O nein. Den Meldungen zufolge waren sie viel zu groß für bloße Insekten.«
»Dann eben anderes Ungeziefer.«
»Zweifelhaft.«
»Nun, wie steht es dann um meinen ersten Vorschlag,
vielleicht müßte unsere Atmosphäre ja angepaßt werden?«
»Möglich.«
»Dann könntest du doch vielleicht einige Freiwillige in unser medizinisches Zentrum schicken, um Tests durchzuführen.«
Belazir lachte. »Nein. Wir wissen, daß sich ein Virus ausgebreitet hat. Aber wir haben kein Interesse an einem Gegenmittel. Wenn er bewirkt, daß Truppen ausfallen, töten wir sie selbst. Solange es diese Mission nicht gefährdet, werden wir keine Gegenmaßnahmen treffen.«
Channa starrte ihn einen Augenblick mit aufgesperrtem
Mund an.
»Wir sind nicht die Göttliche Saat geworden«, fuhr er fort,
»indem wir Schwäche fördern. Nachdem man allerdings soviel Kapital und Zeit auf die Ausbildung verwendet hat, ist es lästig, wenn Erwachsene sterben. Nach unserer Rückkehr werden wir unter den Kindern des Hochklans den Virus selbst verbreiten, ganz gezielt. Wenn diese Krankheit euer Werk sein sollte, tut ihr uns damit einen Dienst – so wie jene, die unsere Truppen in den Korridoren überfallen. Das merzt die
unvollkommene Saat aus.«
»Ach, sie ist großartig«, zitierte er bei sich in seiner eigenen Sprache. »Ihr Schritt ist das Zucken des Blitzes. In der rechten Hand hält sie das Flammenschwert, in der linken die Geißel des Schmerzes. Ihre Stimme ist das Schrillen des Nordwinds.
In ihren Augen blitzen Kometen, Wunderzeichen, und ihr Haar ist ein Sturm um Mitternacht. Zwischen ihren Schenkeln liegt der Weg ins Paradies. Ich schaue sie, und meine Kraft erhebt sich, und doch wüte ich ohne Erfüllung.« Er beugte sich näher, und Channa konnte seinen Atem auf ihren Lippen fühlen.
Naja, dachte Simeon, das letzte Stück faßt meine Beziehung zu Channa recht gut zusammen. Er übermittelte eine durchgehende Übersetzung.
»Da hast du eine hübsche Eroberung gemacht, Happy.«
»Ich finde das alles andere als komisch«, antwortete Channa subvokal.
Der Kolnari berührte sie leicht mit der Dolchspitze, dann kehrte er zu seinem Sessel zurück und ließ sie zitternd stehen.
Er führte seine Zunge an die Blutspur auf dem Stahl.
»Vielleicht«, sagte Belazir mit amüsierter Stimme, »sollte ich dich mitnehmen, wenn wir gehen. Ich werde dir noch etwas anderes zu bekämpfen geben als nur die Langeweile. Du hast die Herausforderung verdient.« Dann lächelte er. »Du kannst gehen.«
Channa machte kehrt und ging auf zittrigen Beinen davon.
Als sie im Fahrstuhl war, ließ sie ihren Gefühlen in heftigem Ton freien Lauf.
»Ich will ihn wirklich umbringen, Simeon. Ich sehe schon, wie ich es tue, und ich glaube, ich würde es sogar genießen.«
Sie hielt inne. »Siehst du, wie schlechte Gesellschaft meine Moral korrumpiert?«
»Was hältst du von dem Gedicht?«
»Ich habe nicht zugehört.«
»Ich glaube, er wollte dir schmeicheln.«
›»Ihre Stimme ist das Schrillen des Nordwinds‹?«
»Ich dachte, du hättest nicht zugehört?«
»Na ja, das habe ich mitbekommen.« Sie lachte matt.
»Erzähle einer Frau nie, daß ihre Stimme dich an irgend etwas Schrilles erinnert. Damit gewinnst du keinen Blumentopf.«
»Wichtiger Tip, Channa, danke.«
»Ach… ich liebe dich, Simeon. Du sorgst dafür, daß ich nicht durchdrehe. Und der Prinz der Finsternis kann von mir aus…«
»… Scheiße fressen und verrecken.« Ich liebe dich auch, Channa, und du treibst mich dafür in den Wahnsinn.
KAPITEL 21
Im Holotank blitzte ein weiterer Lichtpunkt auf.
»Du hast mein
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