Raumschiff der Generationen
Tempter »Verlies« genannt –, in dem Tempter und er und der Schwachkopf Lauro, fern von dem hektischen Treiben der Schiffsstadt, wirkten. Jedoch ließ sie sich von Lauro laufend über Stand und Fortgang der Experimente unterrichten, und zweimal in den Jahren war sie sogar persönlich hier unten erschienen, um sich mit eigenen Augen zu überzeugen, daß die Dinge den Verlauf nahmen, den sie erwartete, und daß Stanford sie nicht hinterging.
Und doch hatte er sie überlistet!
Diesen Raum hier hatte Terre Constanza nie gesehen, nie geahnt, was in den langgestreckten Käfigreihen auf sie wartete, auf sie und auf die anderen Menschen im SCHIFF.
Stanford reckte sich ein wenig und griff in eine Nische in der Wand rechts neben sich. Er holte einen kleinen schwarzen Kasten heraus und betrachtete ihn. Er besaß eine seltsam geformte Antenne und eine Tastatur. Behutsam strich der Biochemiker über die Knopf reihen.
Jeder Knopf bedeutete einen Schritt, einen Schritt näher zur Macht. Der erste würde die Käfige öffnen. Die Ratten würden herausströmen und sich auf den Weg machen in die Oberwelt. Nichts würde sie aufhalten können. Selbst gegen das Lähmgas waren sie immun.
Der zweite Knopf würde den Impuls auslösen, der über den Mikroempfänger, der jeder einzelnen Ratte im Gehirn implantiert war, das Programm aktivierte, das durch die übrigen Knöpfe gesteuert wurde.
Dieses Programm hatte tödliche Varianten. Der vierte Knopf beispielsweise veranlaßte alle Ratten, die Menschen bedingungslos anzugreifen und die Zähne mit dem schnellwirkenden Gift, gegen das es kein Abwehrmittel gab, in ihre Körper zu schlagen …
Doch noch war es nicht soweit. Zuvor mußte noch ein Letztes getan werden, was den hundertprozentigen Erfolg des Unternehmens garantierte. Carezzini und die letzten seiner Getreuen mußten sich zu ihren Positionen begeben.
Stanford lächelte. Es war nicht schwer gewesen, den Oppochef für sein Vorhaben zu gewinnen. Carezzini hatte ohnmächtig zusehen müssen, wie ein einziges Ereignis alle seine hochfliegenden Pläne vereitelte, seine einst so zahlreiche Anhängerschaft zu einer Handvoll Fanatiker gerinnen ließ.
Zwar hatte es ein paar handfester Beweise bedurft, ehe der angeschlagene Demagoge davon überzeugt worden war, daß seine, Stanfords, Pläne keine Phantastereien, sondern ein wohldurchdachtes, präzise geplantes Unternehmen war. Als ihm Stanford schließlich einen Weg offerierte, der ihn sozusagen über ein Hintertreppchen doch noch zur Macht führen würde, hatte er zugegriffen.
Er, Stanford, hatte dem Oppochef allerdings klar zu verstehen gegeben, wer in der neuen Hierarchie an der Spitze stehen und wer »Kronprinz« bleiben würde. Doch Carezzini hatte offensichtlich den Augenblick für ungeeignet gehalten, in diesem Punkt Widerspruch anzumelden.
In einer Einsatzbesprechung war dann zwischen den beiden Männern besprochen worden, was Carezzini und die Seinen zu tun hatten, wenn das verabredete Zeichen kam. Am Schluß hatte Stanford dem anderen einen Kasten mit den Worten überreicht: »Hüten Sie sie gut, es ist die Lebensversicherung für Sie und Ihre Freunde, die einzige, die es gibt …«
Verwundert hatte der Oppochef den Kasten geöffnet und die kleinen silbernen Plättchen betrachtet, die, fein säuberlich gebündelt, darin lagen und von denen ein schwaches Leuchten ausging.
»Was ist das?«
Stanford, schon im Gehen begriffen, hatte wie beiläufig über seine Schulter zurückgerufen:
»Sie besitzen Haftmagnete, und – sie halten die Ratten ab …«
Stanford warf noch einen Blick über die Reihen der Käfige. Dann drehte er sich um und verließ den Raum durch die Wandöffnung. Er durchschritt den Nebenraum und betrat das Versuchslabor. Tempter und Lauro hoben den Blick, als er eintrat.
»Es ist soweit«, sagte er ruhig. »Kommt!«
In den Sekunden angesichts des Todes beobachtete Marc die Vorgänge um sich herum mit überwachen Sinnen. Er sah, wie fünf Schritte von ihm entfernt Marja Dannek zu Boden stürzte. Die Waffe entfiel ihrer Hand. Terre, die sich hinter der Getroffenen befand, beugte sich hinab und nahm die Waffe auf.
In diesem Augenblick überkam es Marc wie eine Erleuchtung.
In einem wilden Satz sprang er hinüber zu Terre und schlug der Senatorin die Waffe aus der Hand.
»Laßt die Waffen fallen!« schrie er durch den Kampfeslärm. »Sie töten nur die Waffenträger! «
Zugleich warf er seine eigene Waffe zu Boden. Dann hob er beide Hände hoch empor
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