Raumschiff der Generationen
des SCHIFFES nannte – zurückgekehrt. Er befand sich in dem kleinen Raum, in dem er vor ein paar Tagen Terre die Versuchsratten in den Einzelkäfigen gezeigt hatte. Er schritt zur Rückwand der kleinen Kammer, bückte sich und drückte auf einen verborgenen Mechanismus.
Die Wand wich knirschend ein Stück zur Seite. Gleichzeitig wurde der dahinterliegende Raum von fahlem Licht erfüllt. Stanford blickte hinein.
Was sich da vor ihm wohl mehr als hundert Meter lang im Halbdunkel erstreckte, war ein Stück eines ehemaligen Transportgangs.
Er war total verwahrlost. Die ursprüngliche Wandverkleidung war unvollkommen und nur notdürftig ersetzt und abgedichtet worden, die Eisenträger waren verrostet. Stanford interessierte das allerdings wenig. Sein Blick schweifte über die aufeinandergestapelten Plastikkäfige, aus denen ein unaufhörliches Quieken und schrilles Pfeifen drang.
Unbeweglich stand Stanford da, und sein Blick wurde abwesend.
Er war am Ziel!
Aber er hatte keine Eile. Jetzt, da er vor der Verwirklichung seiner Pläne stand, nahm er sich Zeit. Niemand konnte ihn mehr aufhalten.
Auch nicht Terre Constanza, die so lange Macht über ihn gehabt hatte. Jetzt würde er sie seine Macht spüren lassen.
Flüchtig sah er im Geiste noch einmal abrollen, was damals geschehen war. Sah sich im grünen Kittel, als Arzt getarnt, die Brutkammern betreten. Tempter, damals medizinischer Assistent und Wärter der Brutanlage – er und Stanford kannten sich von Kindheit an –, hatte ihm bei dem kurzen Eingriff assistiert, den er an den drei Embryonen durchgeführt hatte. Stanford hatte die drei Registriernummern photographiert und sich dann wieder entfernt.
Er hatte geglaubt, eine günstige Zeit gewählt zu haben. Niemand hatte ihn beachtet. Ein paar Schwestern blickten ihm flüchtig ins Gesicht, stellten fest, daß ein neuer Arzt in der Bordklinik Dienst tat. Und dann der Schock, als ihm, völlig unerwartet, jemand gegenüberstand, der seine wahre Identität kannte, der wußte, daß er nicht hierhergehörte und schon gar nicht dazu berechtigt war, den grünen Kittel zu tragen.
Terre Constanza.
Ausgerechnet Terre – was hatte sie damals überhaupt in der Klinik gewollt, überlegte Stanford. Es fiel ihm nicht mehr ein. Die Tücke des Schicksals hatte sie ausgerechnet zu diesem Zeitpunkt seinen Weg kreuzen lassen. Sie, die nicht nur wußte, wer er war, sondern auch, womit er sich beschäftigte.
Sie hatte die ganze Wahrheit aus ihm herausgepreßt, hatte erfahren, wieweit seine erbbiologischen Theorien gediehen, seine Versuche, tierisches Erbgut zu manipulieren, bereits erfolgreich waren, und schließlich auch, daß er dabei war, seine Erkenntnisse an menschlichen Embryonen zu testen …
Terre, jung und machtgierig, hatte die Chance bedenkenlos genutzt, die sich ihr da so unversehens geboten hatte. Sie hatte ihn erpreßt, hatte sich seiner Dienste versichert. Was war ihm anderes übriggeblieben, als zu kapitulieren.
Die Angst vor den Folgen einer möglichen genetischen Manipulation des menschlichen Erbguts war ja einer der Hauptgründe dafür gewesen, daß Menschen das SCHIFF gebaut und mit ihm die weite Reise durch den Weltraum begonnen hatten.
Er hatte also in den Pakt eingewilligt. So war ihm wenigstens die Möglichkeit geblieben, weiterzuarbeiten. Terre hatte ihm sogar die Gelegenheit verschafft, das Ergebnis seiner humangenetischen Experimente zu überprüfen. Das Resultat dieses Tests, zwanzig Monate nach dem zuerst erfolgten Eingriff, war allerdings nicht gerade ermutigend gewesen.
Eines der Babys war bereits fünf Monate nach der Geburt an den Folgen eines Unfalls gestorben. Bei dem zweiten hatte der Implantierungsmechanismus versagt. Die T-Alpha-Viren – die er damals als Träger der Gen-Implantate benutzt hatte – waren vom Organismus zerstört worden. Nur im Erbgut des dritten Babys ließen sich Veränderungen feststellen, die zwar nicht ganz dem Programm entsprachen, Stanford jedoch hoffen ließen, daß nicht alles umsonst gewesen war.
Ja, weiterarbeiten hatte er können. Seine Arbeit hatte jedoch jetzt unter anderen Voraussetzungen gestanden. Er hatte seine Erfahrungen, seine Fähigkeiten und sein Können in den Dienst eines anderen Menschen stellen und dessen Aufträge ausführen müssen. Und er hatte sich damit abfinden müssen, daß dieser andere ihn in der Hand hatte, daß er sein Schaffen kontrollierte.
Und Terre kontrollierte scharf. Zwar kam sie nur selten in das unterirdische Labor – von
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