Raumzeit - Provokation der Schoepfung
sehr problematisch auch unter Einbeziehung der neuesten Modellvorstellungen aus dem Diesseits.«
»Ja, und nun muss der Bedauernswerte auch noch die Gesetzmäßigkeiten unseres Jenseits mit einbeziehen«, sagt Stoney lakonisch.
»Sie glauben ja gar nicht, welchen Diffamierungen und Unterstellungen der arme Einstein um 1920 ausgesetzt war«, sagt Planck, und sein Blick folgt dem sich endlos dahinschlängelnden Pfad.
»Er hasste den Nationalismus, den Militarismus und natürlich den Rassismus. Es gab ja eine regelrechte Opposition, nicht nur gegen seine Person, sondern vor allem gegen seine Ansichten. Es war natürlich auch viel Neid im Spiel. Sie konnten den Jubel um diesen Mann nicht ertragen.
Es ging sogar so weit, dass sich eine regelrechte Anti-Einstein-Gruppierung bildete, die verkündete, die Relativitätstheorie sei Teil einer großen semitischen Verschwörung, die es sich zum Ziel gesetzt habe, die Welt und insbesondere Deutschland zu verderben.
Das Getue um die Relativitätstheorie widerspräche dem deutschen Geist, verkündete ihr Anführer Paul Weyland. Einstein konterte damals mit einer Antwort an die ›antirelativistische Gesellschaft mit beschränkter Haftung‹. Ich weiß noch, dass der Physiker Arnold Sommerfeld, dem Sinn nach, Folgendes an Einstein schrieb: Als Präsident der deutschen physikalischen Gesellschaft hielte er es für notwendig, zu retten, was zu retten wäre. Mit wahrer Wut hätte er als Mensch die Berliner Hetze gegen Einstein verfolgt … Er hoffe, Einstein habe sein philosophisches Lachen wiedergefunden und habe Mitleid mit Deutschland, dessen Qualen sich, wie überall, in Pogromen äußere. Ich selber habe mich, zusammen mit anderen Freunden, in jener Zeit ständig bemüht, ihn zu unterstützen. Die Relativitätstheorie wurde regelrecht als Provokation der Schöpfung aufgefasst.«
»Und das bringt uns wieder zum RaumZeit-Problem. Was ist die RaumZeit denn nun?«, unterbricht Stoney.
Planck kickt einen Kieselstein vor sich her. Dann bleibt er stehen und schaut Stoney in die Augen. »Eine Art riesiger, dynamischer Container, in dem das kosmische Theaterstück abläuft. Würden wir alle Materie und Energie aus der RaumZeit entfernen, was bliebe dann?«
»Offensichtlich ein leerer Container«, lacht Stoney meckernd.
»Aber wenn die RaumZeit leer wäre, ohne irgendeine Substanz, ein Medium, wie kann sie sich dann durch Masse verformen?«
»Also doch eine Art Äther?«
»Nein, nein, wir wissen doch beide, dass die beiden amerikanischen Physiker Albert Michelson (1852 –1931) und Edward Morley (1838 –1923) durch ein ausgeklügeltes Experiment den Nachweis von Äther und dessen Auswirkungen auf die Lichtgeschwindigkeit zu bringen versucht haben.«
»Natürlich! Mit einem negativen Resultat. Sie gingen davon aus, dass durch die Erdbewegung um die Sonne eine Art Ätherfahrtwind existieren würde, der die Lichtgeschwindigkeit beeinflussen müsste.«
»Wir Naturwissenschaftler«, erwidert Planck, »standen damals vor einem komplizierteren Problem, für das es anscheinend drei Alternativen gab: Entweder die Erde bewegt sich nicht. Offensichtlich ein absurder Gedanke, denn es hätte das kopernikanische Weltbild zum Einsturz gebracht. Die zweite Möglichkeit wäre, dass die Erde den Äther mit sich durch das All transportiert. Aber vorangegangene Experimente sprachen dagegen. Es blieb also nur noch eine Schlussfolgerung: Es gibt einfach kein Äther-Medium.«
»Ja, aber dann betrat mein Landsmann, der Ire George FitzGerald (1851 –1901) die Bühne. Übrigens ein starker Typ«, sagt Stoney.
»Und der holländische Nobelpreisträger Hendrik A. Lorentz (1852 –1928). Die beiden haben versucht, durch eine neue These die Äther-Theorie wieder zu erwecken. FitzGerald und Lorentz gingen davon aus, dass sich in Bewegung befindliche Objekte in ihrer Fortbewegung verkürzen und dass diese Längenkontraktion tatsächlich ausreichen würde, um die durch den Ätherwind verursachte Veränderung der Lichtgeschwindigkeit wieder aufzuheben. Denn diese Kontraktion würde durch den entgegenströmenden Äther hervorgerufen.«
»Ich persönlich finde den Beitrag zur Elektronentheorie faszinierend«, sagt Stoney. »Denn Lorentz kam ja zu dem Ergebnis, dass ein elektrisch geladener Körper bei seiner Fortbewegung durch den sogenannten Äther elektromagnetische Kräfte produziert, die eine Umstrukturierung der Materie verursachen, mit dem Resultat einer Längenkontraktion.«
»Lorentz hat ja trotz
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