Rausch der Unterwerfung
du?“, fuhr Carolin fort. „Kommst du klar im Lusttempel des Maestros?“
„Ja.“ Anne konzentrierte sich auf ihre Schwimmbewegungen, wurde aber plötzlich von der Freundin aufgehalten, die mit beiden Händen ihr Gesicht umfasste.
„Ich glaubs ja nicht! Wirst du etwa rot? Das ist ja süß!“ Sie kicherte. „Ich wette, Miguel kann keine Minute die Finger von dir lassen.“
Anne kaute nervös auf ihrer Unterlippe.
„Er …“ Sie verstummte.
Carolin nickte verstehend.
„Er hält sich zurück, oder?“
„Hm.“
„Mach dir keine Gedanken. Das macht er anfangs immer, bei manchen zieht er es auch bis zum Ende durch, aber nicht bei dir … ganz sicher. Ich schwör dir, wenn du wieder zu Hause bist, wirst du über jedes Stückchen Resthirn froh sein, das er dir nicht rausgevögelt hat.“
„Sagt die Frau, die weiß, wovon sie spricht.“
Anne versuchte, einen ebenso lockeren Tonfall anzuschlagen wie Carolin, so ganz gelingen wollte es ihr aber nicht. Sie war es einfach nicht gewohnt, so ungeniert zu reden.
Die Freundin musterte sie eine Weile belustigt, dann lachte sie auf und schüttelte den Kopf. „Leider nein, was ich vermutlich den Rest meines Lebens bedauern werde, es sei denn, Jean-Pierre gelingt es irgendwann doch noch, Miguel zu einem Dreier zu überreden.“
Anne stimmte in das Lachen ein. „Bisher haben seine Verführungskünste offenbar versagt.“
Kichernd ließ Carolin Annes Gesicht los und begann wieder zu schwimmen.
„Dabei kann er so charmant sein, wenn er will.“
„Und was war mit Miguel?“ Anne musste einfach fragen.
„Er hat sofort gemerkt, dass zwischen mir und Jean-Pierre was lief. Soll ich dir sagen, was er gemacht hat, als meine drei Tage vorbei waren?“
„Na?“
„Er hat mich verschnürt, geknebelt, mir die Augen zugebunden und mich dann in eine Kiste gesteckt. Die Kiste hat er hier vorm Haus abgeladen, hat geklingelt und ist nach Hause gefahren.“ Carolin lachte glucksend. „Jean-Pierre hat eine Ewigkeit gebraucht, mich auszupacken.“
„Das kann ich mir vorstellen.“ Anne warf einen Blick auf die beiden ungleichen Männer, die offenbar eine enge Freundschaft verband. „Aber irgendwie auch romantisch.“
Carolin prustete ins Wasser. „Was auch immer unsereiner darunter versteht.“
Unsereiner, das Wort klang seltsam in Annes Ohren, es klang nach Zugehörigkeit, aber auch nach Ausgrenzung.
„Weiß deine Familie eigentlich von …“ Annes Stimmung war umgeschlagen, und Carolin blickte sie ernst von der Seite an.
„Nein. Meine Eltern würden es nicht verstehen. Sie lehnen Jean-Pierre auch so schon ab, obwohl sie ihm nur ein Mal begegnet sind, auf unserer Hochzeit. Wenn sie wüssten, wie ich hier mit ihm lebe, wären sie am Boden zerstört, ganz egal wie glücklich ich mit meinem Leben bin.“
„Ich weiß nicht, ob ich das könnte … ich meine, rund um die Uhr, jeden Tag, jede Woche, das ganze Jahr?“
„Das muss jeder für sich selbst entscheiden. Für dich ist das alles noch neu. Lass dir Zeit und genieß die drei Tage, die Miguel dir schenkt. Nicht jede hat das Glück, gleich im ersten Anlauf an einen Dom zu geraten, der so viel Erfahrung und Einfühlungsvermögen besitzt wie er.“
„Ja, aber er jagt mir manchmal auch Angst ein“, sagte Anne leise, worauf Carolin sie erstaunt ansah.
„Das magst du nicht?“
Anne zuckte mit den Schultern. „Weiß nicht.“
Sie erreichten den Rand des Schwimmbeckens, und Carolin hielt sich daran fest.
„Schätzchen, du kannst davon ausgehen, dass er deine Grenzen schon jetzt besser kennt als du selbst. Er wird dir nicht weh tun, ich meine …“ Sie zwinkerte Anne zu. „… nicht mehr, als dir gefällt.“
„Er erzählt so wenig von sich. Ich würde gern mehr über ihn wissen, einfach, um ihn besser zu verstehen.“
„Viel weiß ich auch nicht“, antwortete Carolin und verdrehte die Augen, als würde sie angestrengt überlegen. „Ich weiß, dass seine Mutter Deutsche ist, und dass er einen spanischen Vater hat, der ist aber schon lange tot. Von ihm hat er die Finca geerbt. Hm, was noch? Mit Jean-Pierre ist er seit dem Studium befreundet. Sie haben zusammen an einer Kunsthochschule in Deutschland studiert, Münster, glaub ich. Vor einigen Jahren hat er eine Weile in Japan gelebt, wo er zum Shibari-Bondage kam, und dabei ist er bis heute geblieben. Das ist eigentlich schon alles, was ich dir erzählen kann.“
Anne nickte ihr dankbar zu. Das war immerhin schon mehr, als sie bisher von ihm selbst
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