Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Raven - Schattenchronik: Sechs Romane in einem Band (German Edition)

Raven - Schattenchronik: Sechs Romane in einem Band (German Edition)

Titel: Raven - Schattenchronik: Sechs Romane in einem Band (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
Vom Netzwerk:
...«
    »Das Siegel.«
    »Ja. Er erlosch, als du diese merkwürdigen Worte ausgesprochen hast. Aber dann flammte er wieder auf, heller als zuvor. Und dann war der ganze Spuk vorbei. Der Schacht verschwand, und mit ihm der Stein, Barlaam und alles andere.« Er zögerte, lächelte unsicher und wurde dann übergangslos wieder ernst. »Du bist sicher, dass wir uns das nicht nur alles eingebildet haben?« Die Worte klangen gerade aus Ravens Mund seltsam.
    »Bestimmt«, knurrte Jeff. Die Schmerzen ebbten allmählich ab, und er begann, die Kontrolle über seinen Körper wieder zurückzuerlangen. »Und ich glaube, ich kann dir jetzt auch erklären, was geschehen ist.«
    Er stand auf, machte ein paar unsichere Schritte und verzog schmerzhaft das Gesicht, als seine gefolterten Muskeln auf die Beanspruchung reagierten.
    »Stonehenge ist gewissermaßen das Tor zur Unterwelt«, sagte er.
    Raven nickte. »Das wussten wir ja schon. Und du bist der Schlüssel.« Er hielt die versengten Hände weit von sich gestreckt, und um seinen Mund war ein verkniffener Zug, der Jeff verriet, dass er erhebliche Schmerzen leiden musste.
    »Ja«, pflichtete der Amerikaner Raven bei. »Aber nicht ich allein. Die Menschen, die diese Bestien dort unten einsperrten, haben eine zusätzliche Sicherheitsmaßnahme ergriffen, von der nicht einmal Barlaam etwas wusste. Ihm war nur klar, dass das Tor zur Unterwelt geöffnet werden konnte, wenn drei Dinge zusammenkamen: die richtige Stellung der Sterne, die Anwesenheit eines vollgültigen Nachfahren der Alten Rasse und das Aussprechen der Beschwörungsformel, die gewissermaßen in seinen Genen eingeschrieben war.«
    »Und die zusätzliche Sicherheitsmaßnahme?«
    »Was Barlaam nicht ahnte«, erklärte Jeff, »war, dass sich das Siegel von selbst erneuert, sobald die Sterne nicht mehr in der richtigen Konstellation stehen.«
    »Und du wusstest es?« Die Verblüffung in Ravens Stimme war nicht zu überhören.
    »Ich erkannte es im gleichen Augenblick, in dem mir die Formel einfiel.« Jeff lachte leise. »Barlaam und seine Artgenossen sind ja schon raffiniert genug, aber ihre Gegner waren noch schlauer, wie mir scheint. Ich erinnerte mich plötzlich der magischen Worte, aber ich erinnerte mich auch daran, dass das Tor nur wenige Sekunden lang geöffnet bleibt, ganz egal, was geschieht.«
    »Dann bliebe also nur noch eine Kleinigkeit zu erledigen«, sagte Raven nach einer Weile.
    Jeff nickte. »Barlaam. Die Bestie muss unschädlich gemacht werden. Und ich glaube«, fügte er nach kurzem Überlegen hinzu, »ich weiß auch, wo wir sie finden ...«
    Der Morgen dämmerte bereits herauf, als sie in den schmalen Waldweg einfuhren. Graues, schattenerfülltes Licht kroch durch die Baumwipfel und verlieh ihnen das Aussehen dürrer, gierig ausgestreckter Klauen, die nach dem Wagen und seinen Insassen zu greifen schienen. Über dem Boden lag weißlicher Nebel.
    Jeff zog den Zündschlüssel ab, öffnete die Fahrertür und schwang sich aus dem Wagen. Dann ging er um das Fahrzeug herum und half Raven, dessen versengte Hände mittlerweile dick angeschwollen waren, beim Aussteigen. Die Bewegungen des Amerikaners wirkten fahrig und müde, aber auf seinem Gesicht lag ein entschlossener Ausdruck.
    »Von hier aus gehen wir besser zu Fuß«, flüsterte er. »Ich möchte nicht, dass er eher als unbedingt nötig gewarnt wird.«
    Raven antwortete nicht, sondern lehnte sich nur gegen die Kante des Wagendachs und schloss erschöpft die Augen. Er war viel schwerer angeschlagen, als er bisher gedacht hatte, und er würde in diesem Zustand eher eine Belastung als eine Hilfe für Jeff Target darstellen.
    Jeff seufzte, fasste ihn unter und führte ihn langsam den Waldweg entlang. Es war beängstigend still im Wald; kein Tier regte sich im Unterholz, kein Vogel zeterte hoch droben in den Bäumen. Unwillkürlich hielten die beiden Männer den Atem an, während sie über den unebenen, von Wurzelwerk durchzogenen Weg stolperten.
    »Stehen bleiben«, sagte in diesem Augenblick eine befehlsgewohnte Stimme. »Keinen Schritt weiter, oder wir schießen!«
    Instinktiv spannte sich Jeff Target zu einem verzweifelten Fluchtversuch an, aber Raven klopfte ihm nur müde auf den Oberarm. Er hatte die Stimme längst erkannt.
    »Das ist nur Card«, flüsterte er rau. »Aber ich will verdammt sein, wenn ich weiß, wie er hierher kommt.« Etwas lauter fügte er dann hinzu: »Was machen Sie denn hier, Card?« Seine Stimme klang beinahe wie die eines Betrunkenen,

Weitere Kostenlose Bücher