Raven - Schattenchronik: Sechs Romane in einem Band (German Edition)
dürfte, Mrs äh ...«
»McDermott. Marjorie McDermott.« Blutleere Lippen verzogen sich zu einem gespenstischen Lächeln. »Und es ist für mich - für uns - von Bedeutung. Von sehr großer Bedeutung sogar.«
Mit einem Mal war ihre Sprechweise sehr viel flüssiger geworden, und nun streckte sie Janice sogar endlich die Rechte entgegen. Beinahe ohne es zu wollen, nahm Janice die dargebotene Hand an und drückte sie.
Gerade in dem Augenblick, bevor sich ihre Hände umeinander schlossen, bemerkte Ravens Verlobte einen kreisrunden schwarzen Fleck in Marjorie McDermotts Handfläche.
Aber sie dachte sich nichts dabei.
Schließlich hatte sie sich noch nie vor Leberflecken oder Muttermalen geekelt.
Langsam, ganz langsam kam der untote Chopper-Fahrer wie eine zerbrochene Gliederpuppe auf Jeff Target und Eddie Hagen zugekrochen. Hinter ihm blieb eine schlierige Blutspur auf dem Linoleumbelag des Gastraumbodens zurück. Selbst Jeff Target, der in seinem abenteuerlichen Leben schon eine Menge grässlicher Dinge gesehen hatte, wurde es bei diesem Anblick übel.
Ein feiner Schweißfilm, der nicht von der Hitze dieses Frühlingstages herrührte, bildete sich auf seiner Stirn - ein Schweißfilm, den auch die kühle Luft aus der Klimaanlage nicht zu trocknen vermochte. Er spürte, wie sich sein Magen umzudrehen begann, und er presste rasch die Hand vor den Mund, um den aufkommenden Brechreiz zu unterdrücken.
Ein Blick zur Seite zeigte ihm, dass es Eddie Hagen nicht viel anders ging als ihm. Auch sie war kreidebleich und zitterte vor Ekel und Entsetzen am ganzen Körper. Ihre Lippen formten pausenlos unhörbare Worte, und in ihren Augen flackerte ein wildes, verzweifeltes Feuer. Jeff begriff, dass er sie hier herausbringen musste, bevor ihr Verstand unter der ungeheuren Belastung nachgab. Bisher hatte sie sich bewundernswert gehalten, aber es gab für alles eine Grenze.
Und diese Grenze hatte Eddie Hagen beinahe erreicht.
Behutsam legte er die Hand auf Eddies Arm und drückte ihn leicht, um sie zu beruhigen. Er spürte, wie ihr Zittern ein wenig nachließ, und atmete tief durch. Wenn überhaupt, dann war jetzt der rechte Augenblick zur Flucht.
Aber genau in diesem Moment begann die Welt vor seinen Augen zu verschwimmen, und seine Beine wurden mit einem Mal bleischwer. Plötzlich hatte er das Gefühl, sich nie wieder in seinem Leben von der Stelle rühren zu können. Und Eddie musste dieselbe Entdeckung gemacht haben wie er, denn ihrer Kehle entrang sich ein gequältes, panikerfülltes Stöhnen.
Ein hypnotischer Bann!, dachte Jeff Target entsetzt. Sie versuchen, uns am Entkommen zu hindern!
Mit vor Schrecken geweiteten Augen starrte er den Untoten an, der sich immer mehr näherte. Die ausgestreckte, mit anthrazitfarbenen Kügelchen bedeckte Hand des lebenden Leichnams tastete ziellos umher, ein widerliches Patt-patt-patt auf dem Fußboden. Fast hatten die Finger schon die Spitze von Jeff Targets rechtem Schuh erreicht. Der Reporter blickte auf die entstellte Klaue hinunter, die kaum noch etwas Menschenähnliches an sich hatte.
Eines der schwarzen Kügelchen fiel wie ein dicker, fettiger Öltropfen von der Handfläche hinab, landete in einer kleinen Blutpfütze und krabbelte der Hand voraus, ohne jedoch ganz bis zu Jeffs Schuh zu gelangen.
Dann kratzte ein zerbrochener, gesplitterter Fingernagel über die Linoleumfliesen.
Es war ein ekelhaftes, widerwärtiges Geräusch.
Und es reichte aus, den hypnotischen Bann zu zerbrechen!
»Eddie«, flüsterte der Reporter mit einer Stimme, die so heiser war, dass sie ihm selbst fremd vorkam. »Wir müssen über ihn hinwegspringen und nach draußen laufen, bevor sie uns wieder erwischen. Glaubst du, du schaffst das? Zum Tragen bist du mir nämlich ein bisschen zu schwer.«
Eddie Hagens Stöhnen erstarb, und auch das Flackern in ihren Augen ließ plötzlich nach. »Ja«, sagte sie überraschend fest. »Wenn du es schaffst, dann schaffe ich es auch.«
»Okay«, presste Jeff hervor. »Dann springen wir - jetzt!«
Synchron schnellten sie sich aus dem Stand heraus ab und flogen über den Untoten hinweg. Die Hand ruckte hoch, versuchte verzweifelt, nach ihren Beinen zu greifen, kam aber um Sekundenbruchteile zu spät. Glas knirschte, als Jeff und Eddie wieder auf dem Boden aufkamen.
Einen Moment lang sah es so aus, als würde Jeff Target auf dem vom Blut glitschigen Untergrund ins Rutschen geraten und ausgleiten, aber Eddie stützte ihn mit einem raschen Griff und verhinderte, dass
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