Raven - Schattenchronik: Sechs Romane in einem Band (German Edition)
sie die nächste größere Stadt erreichten.
»Nichts«, sagte Jeff Target und schüttelte voller Resignation den Kopf. »Ich habe es mehrfach versucht, aber Raven und Janice sind nicht zu Hause.« Er ließ sich neben Eddie Hagen auf die ledergepolsterte Bank in einer Ecke der Wartehalle fallen. Von draußen drang das Röhren einer startenden Maschine herein, und für einen Augenblick verdunkelte die Silhouette des langgestreckten Metallvogels die hoch am Himmel stehende Sonne. »Hast du die Karten besorgt?«
Die Blondine nickte eifrig. Bevor sie und Jeff Target zum Flugplatz hinausgefahren waren, hatte sie sich von Jeffs Geld erst einmal vollständig neu eingekleidet, da sie in ihrer ramponierten Kellnerinnenkluft zu leicht aufgefallen wäre. Sie trug jetzt Jeans, ein T-Shirt und ein lässiges Jeansjäckchen, was ihr ganz ausgezeichnet stand. »Ja, hier sind sie«, sagte sie und hielt dem Reporter die Tickets unter die Nase. »Wir fliegen in zwanzig Minuten und haben in New York direkten Anschluss nach London. Laut Auskunft werden wir um etwa neun Uhr Ortszeit dort eintreffen.« Sie zögerte einen Augenblick, dann blickte sie Jeff nachdenklich an. »Sag mal«, meinte sie, wobei sie sich mit der Zungenspitze über die Unterlippe fuhr, »wie wäre es denn, wenn du bis zum Start mal versuchst, diesen Inspektor von Scotland Yard zu erreichen, von dem du gesprochen hast? Diesen ... Wie hieß er doch gleich?«
Jeff Target schlug sich mit der flachen Hand vor die Stirn. »Card!«, rief er aus. »Natürlich, das wäre eine Möglichkeit! Warum bin ich eigentlich nicht selbst daraufgekommen?«
»Weil du dir zu viel Sorgen machst«, sagte Eddie ernsthaft. »Aber mach dir nichts daraus - das würde ich auch, wenn Dämonen hinter mir her wären.«
Gemeinsam gingen sie hinüber zur Sprechzelle für Auslandsgespräche. Diesmal ließ Eddie es sich nicht nehmen, sich mit in die Zelle zu quetschen, was zu einer ziemlichen Drängelei führte - kein Wunder, da die Zelle schließlich nur für normale Benutzer und nicht für einen Siegfried und eine Walküre zusammen ausgelegt war. Aber Jeff Target hatte nichts gegen diese Enge, im Gegenteil. Vor allem nicht, da sie ihm die Gelegenheit gab, aus nächster Nähe festzustellen, dass Eddie wegen der derzeit herrschenden Hitze auf einen BH unter ihrem T-Shirt verzichtet hatte.
Seine Hormone reagierten darauf auch sehr prompt.
»Na, na«, sagte Eddie missbilligend. »Halt dich doch bitte ein bisschen zurück, sonst haben wir hier ja noch weniger Platz!«
Jeff Target wurde knallrot im Gesicht. Irgendwie gelang es ihm, Cards Privatnummer zu wählen. Er hatte das Gefühl, im Boden versinken zu müssen.
Auf einem anderen Kontinent klingelte das Telefon - einmal, zweimal, dreimal. Und dann ...
»Hallo?«
Fieberhafte Erregung packte Jeff. Wenn er sich jetzt nicht verwählt hatte ... »Card, sind Sie es? Hier spricht Jeff Target aus Amerika.«
Einige endlos lange Sekunden herrschte Schweigen in der Leitung, nur unterbrochen von dem Knattern von Störgeräuschen und dem Geschwätz unendlich ferner Stimmen auf anderen Leitungen. Dann kam die ersehnte Antwort.
»Target! Das ist wirklich eine Überraschung! Was verschafft mir die Ehre Ihres Anrufs?«
Ohne auf die mit rasender Geschwindigkeit durchlaufenden Einheiten zu achten, berichtete der Reporter in gebotener Ausführlichkeit von den Vorfällen des Tages. Erst als Eddie ihm die Uhr vors Gesicht hielt, wurde ihm bewusst, dass ihm bis zum Start ihres Flugzeuges kaum noch Zeit blieb.
»... und darum glaube ich, dass Raven und vielleicht auch Janice in akuter Gefahr sind«, schloss er hastig. »Ich habe die beiden nicht in ihrer Wohnung erreichen können und mache mir jetzt erhebliche Sorgen um sie. Könnten Sie sich vielleicht darum kümmern, dass ...?«
»Natürlich«, unterbrach Card ihn mitten im Satz. Seine Stimme klang beinahe väterlich, etwas, das der Reporter noch nie bei ihm erlebt hatte. »Ich werde einen Mann in Zivil vor dem Apartmenthaus postieren und dafür sorgen, dass Raven und Janice an einen sicheren Ort gebracht werden, sobald sie wieder auftauchen. Bei sich zu Hause dürften sie wirklich in zu großer Gefahr sein.« Er zögerte einen Augenblick, um dann fortzufahren: »Notfalls werde ich sogar nach den beiden fahnden lassen. Und Sie hole ich morgen früh höchstpersönlich am Flugplatz ab. Bis dahin haben wir Raven und Janice bestimmt gefunden. Sie können also ganz beruhigt fliegen.«
Jeff Target fiel ein Stein vom
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