Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Raven - Schattenreiter (6 Romane)

Raven - Schattenreiter (6 Romane)

Titel: Raven - Schattenreiter (6 Romane) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
Vom Netzwerk:
Füße.
    Parwanner atmete hörbar auf. Es war leichter gewesen, als er geglaubt hatte, aber die Angst saß ihm noch immer in den Knochen.
    McCearn rief irgendetwas herüber, aber Parwanner konnte die Worte nicht verstehen. Er drehte sich um, deutete auf seine Ohren und gestikulierte dann in Richtung Ruderbank. McCearn nickte verstehend.
    Die POSEIDON entfernte sich aus der gefährlichen Nähe der Jacht und verlor gleichzeitig an Geschwindigkeit. Es hörte sich an, als seufzten die Dieselmotoren erleichtert auf. McCearn musste das Letzte aus den altersschwachen Aggregaten herausgeholt haben.
    Parwanner ging mit raschen Schritten zur Ruderbank hinüber. Der Platz hinter dem Steuerrad war verwaist. Aber jemand hatte das Ruder mit einem Strick festgebunden und die Motoren auf halbe Kraft eingestellt, sodass das Boot auch ohne Steuermann weiterfuhr.
    Parwanner zog den Gashebel zurück, drehte den Zündschlüssel herum und schaltete mit ein paar raschen Bewegungen sämtliche Lichter ein. Ein greller Kegel aus schattenlosem Weiß überflutete den Ozean vor dem Bug des Schiffes, und an Back- und Steuerbord flammte eine ganze Batterie heller Positionslichter auf.
    Das Motorengeräusch verstummte abrupt, aber die Jacht schoss noch immer mit beachtlicher Geschwindigkeit aufs offene Meer hinaus. Parwanner studierte neugierig die Kontrollen. Aber er verstand zu wenig von der komplizierten Technik der Jacht, um das Boot schneller anzuhalten. Er musste schon warten, bis die Geschwindigkeit von selbst aufgezehrt war.
    Dafür löste er den Strick, der das Ruder bisher festgehalten hatte, und zwang die Jacht in einen engen Kreis. Wenigstens würde er so nicht noch meilenweit abgetrieben werden.
    Parwanner sah sich nervös um. Die POSEIDON war zu einem winzigen, auf und ab hüpfenden Punkt geworden, der in der Weite des Ozeans unendlich verloren aussah. McCearn würde so schnell wie möglich herkommen, aber auch er musste abwarten, bis die Jacht zum Stillstand gekommen war. Und der Gedanke, allein auf einer menschenleeren Jacht zu sein, behagte Parwanner mit einem Mal gar nicht mehr.
    Er drehte sich einmal um seine Achse, starrte aufmerksam über das Deck und ging langsam zur Kajütentür hinüber. In der grellen Beleuchtung, die aufgeflammt war, wirkte das Deck seltsamerweise verlassener und unheimlicher als zuvor ...
    Ein dunkler Fleck vor der Kajütentür fiel ihm auf. Er blieb stehen, ging ächzend in die Knie und betastete die Stelle. Sie war feucht, und als er seine Hand zurückzog, haftete etwas Dunkles, Klebriges an seinen Fingern.
    Blut!
    Vor der Kajütentür befand sich ein riesiger, halb eingetrockneter Blutfleck!
    Parwanner fuhr mit einem unterdrückten Schreckensruf hoch. Er hatte plötzlich Angst, die Kajüte zu betreten. Irgendetwas Schreckliches war hier geschehen. Aber dann dachte er daran, wie das Ruder vertäut gewesen war.
    Vielleicht war der Kapitän des Bootes verletzt. Vielleicht hatte er das Ruder festgezurrt und sich dann in die Kajüte geschleppt.
    Parwanner murmelte ein Stoßgebet, streckte die Hand nach der Klinke aus und drückte sie langsam herunter.
    Die Kajüte war stockfinster. Durch die Bullaugen auf beiden Seiten fiel nur wenig Licht, und die kleinen runden Inseln grauer Helligkeit schienen die Schwärze ringsum noch zu vertiefen.
    Parwanner tastete mit angehaltenem Atem über die Wand und betätigte den Lichtschalter. Weißes Neonlicht flammte auf und blendete ihn für einen Moment.
    Die Blutspur ging hinter der Tür weiter - eine breite, verschmierte Bahn, die zwischen den Kojen hindurch in den Hintergrund des Raumes führte und hinter einer weiteren Tür verschwand.
    Parwanner kämpfte seine Angst nieder, so gut es ging, und durchquerte den Raum. Die Tür war nur angelehnt. Er stieß sie auf, tastete wieder über die Wand und schaltete das Licht ein.
    Auf dem Boden lag eine Leiche.
    Die Leiche eines Mannes in zerfetzter, blutdurchtränkter Kleidung, seltsam verrenkten Gliedern - und ohne Kopf.
    Der Holzboden ringsum war mit Blut verschmiert. Blut klebte an den Wänden, auf Möbeln, auf den starren Gesichtszügen des Toten und an den Fingern des Mädchens, das hinter der Leiche auf dem Boden hockte, den abgeschlagenen Kopf in den Händen hielt und Parwanner mit leeren Augen anstarrte.
    Der Wald war so finster, dass Raven buchstäblich die Hand nicht mehr vor Augen sah. Er hatte schon nach wenigen Yards die Orientierung verloren. Tiefhängende Äste und Zweige peitschten ihm immer wieder ins Gesicht,

Weitere Kostenlose Bücher