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Raven - Schattenreiter (6 Romane)

Raven - Schattenreiter (6 Romane)

Titel: Raven - Schattenreiter (6 Romane) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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gesessen hatte - er fuhr besser. Hätte ihnen die überlegene Motorkraft des Maserati nicht einen entscheidenden Vorteil verschafft, hätten sie kaum ein Chance gehabt zu entkommen.
    Er schaltete plötzlich herunter, blinkte und zog den Wagen mit einem gewagten Manöver auf die rechte Spur.
    »Was haben Sie vor?«, fragte Wilburn erschrocken.
    »Wir nehmen die Stadtautobahn«, sagte Raven. »Falls sich unsere Freunde doch entschließen sollten zurückzukommen. Sicher ist sicher.«
    »Aber das ist ein Riesenumweg!«, begehrte Wilburn auf.
    »Ich weiß«, sagte Raven ungerührt. »Aber auf dem Highway bin ich wenigstens sicher, sie abhängen zu können. Oder wollen Sie lieber fahren?«
    Wilburn schenkte ihm einen undeutbaren Blick und zog es vor zu schweigen.
    Der Dämon strich wie ein huschender körperloser Schatten durch die Nacht. Er spürte, dass seine Macht noch lange nicht gefestigt war. Der letzte Angriff hatte ihn mehr Kraft gekostet, als er sich leisten konnte. Er hatte seine Kräfte überschätzt, und er musste vorsichtig sein. Zu lange hatte er auf diesen Tag gewartet, um jetzt noch im letzten Moment alles zu verspielen.
    Er lief schnell und bewegte sich zielstrebig jenem Ort im Süden der Riesenstadt entgegen, an dem der Schlüssel lag, der ihm endgültig zum Sieg verhelfen würde, aber er mied die belebten Hauptstraßen, schlich durch Hinterhöfe und Gassen und wich Menschen aus, so gut es ging.
    Er hatte seine Kleidung gewechselt und sein Aussehen verändert, sodass kaum die Gefahr bestand, dass er erkannt wurde, und selbst jetzt reichte seine Kraft bereits, die Gedanken der Menschen in weitem Umkreis zu lesen, sodass er jeder Gefahr frühzeitig ausweichen konnte.
    Trotzdem brauchte er lange, um das einsam gelegene Haus in einem Villenvorort Londons zu erreichen. Er blieb eine Weile im Schatten auf der gegenüberliegenden Straßenseite stehen, blickte sich aufmerksam um und schickte seine gedanklichen Fühler aus. Alles schien ruhig. Die wenigen Nachbarn in den weit auseinander liegenden Häusern rechts und links der Straße schliefen, und die beiden, auf die er wartete, waren noch weit entfernt.
    Er überquerte die Straße, huschte wie ein Schatten über den verwilderten Rasen vor dem Haus und verschwand zwischen den Sträuchern und Büschen des Gartens. Vorsichtig umrundete er das Haus, sah sich ein letztes Mal lauernd um und trat dann mit einem entschlossenen Schritt auf die geschlossene Verandatür zu.
    Sein Körper schien im bleichen Mondlicht zu flimmern. Er streckte die Hände aus, zögerte eine halbe Sekunde und berührte dann mit ausgestreckten Fingern die Glasscheibe. Das Glas begann sich zu kräuseln, wich wie ein lebendes Wesen vor seiner Berührung zurück und schuf eine schmale, längliche Öffnung, durch die er bequem ins Haus eindringen konnte.
    Hinter dem Unheimlichen schloss sich die Scheibe wieder. Eine halbe Sekunde lang zeichnete sich seine Gestalt noch als dunkler Umriss hinter der Verandatür ab, dann verschwand er im Innern des Hauses.
    Die Villa schien unverändert. Und doch hatte sie sich in eine tödliche Falle verwandelt, in der ein grausamer, gieriger Räuber geduldig auf seine ersten Opfer lauerte ...
    »Da wären wir«, sagte Raven überflüssigerweise. Er lenkte den Wagen die breite Auffahrt zu der leer stehenden Villa hinauf, hielt dicht vor den geschlossenen Garagentoren und drehte den Zündschlüssel herum.
    Die Villa lag noch genauso still und erhaben da, wie er sie von seinem ersten Besuch her in Erinnerung hatte. Der Vorgarten und der ehemals pedantisch geschnittene Rasen waren vielleicht ein wenig verwildert, und an den Fenstern an der Vorderseite befanden sich schmiedeeiserne Gitter, die bei seinem ersten Besuch noch nicht da gewesen waren, aber ansonsten schien sich das Haus nicht verändert zu haben. Auch damals schon hatte es einen etwas unheimlichen und bedrückenden Eindruck auf Raven gemacht.
    »Ihr Freund scheint noch nicht da zu sein«, sagte Wilburn.
    Raven zuckte die Achseln. »Er wird schon kommen«, sagte er gleichmütig. »Gedulden wir uns ein paar Minuten.«
    »Aber wir haben keine Zeit!«, begehrte Wilburn auf.
    Raven seufzte, und Wilburn begann unruhig auf dem Sitz neben ihm hin und her zu rücken. Seine Finger tasteten nervös nach dem Türgriff und glitten daran herunter. Raven spürte nur zu deutlich, was hinter der Stirn des Bibliothekars vorging.
    »Selbst wenn wir wollten«, sagte Raven geduldig, »kämen wir nicht hinein. Sehen Sie sich den

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