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Raven - Schattenreiter (6 Romane)

Raven - Schattenreiter (6 Romane)

Titel: Raven - Schattenreiter (6 Romane) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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leichenblass, schien sich aber wieder in der Gewalt zu haben.
    »Der Arzt kommt in fünf Minuten«, sagte sie mit zitternder Stimme. »Ich habe auch beim Yard angerufen. Card war nicht da, aber sie versuchen, ihn zu erreichen. Wie geht es dem Professor?«
    Raven zuckte mit den Achseln und trat beiseite, um die Schwester an Biggs' Bett heranzulassen. »Er scheint das Bewusstsein verloren zu haben. Was glauben Sie - kommt er durch?«
    »Ich hoffe es«, murmelte sie.
    »Wie spät ist es?«, fragte Thompson.
    »Vier Minuten vor zehn«, entgegnete Sue. »Zwei Minuten später als das letzte Mal, als du mich nach der Zeit gefragt hast.« Sie stand auf, schlenderte zur Bar und goss sich einen Drink ein. »Du bist ganz schön nervös, wie?«
    Thompson knurrte etwas Unverständliches. Seine Finger spielten mit einem schweren goldenen Feuerzeug.
    »Willst du auch etwas zu trinken?«, fragte Sue.
    »Nein. Und es wäre gut, wenn du auch etwas weniger trinken würdest. Du weißt, dass ich es nicht mag, wenn du schon am Vormittag anfängst zu saufen.«
    Sue lächelte abfällig. Sie war groß, schlank und auf den ersten Blick durchaus gut aussehend. Aber ihr Aussehen verdankte sie zum Großteil nur der modernen Kosmetikindustrie und dem teuren Friseur, zu dem sie dreimal in der Woche ging. Unter der Schminke durchzogen Falten ihr vorzeitig gealtertes Gesicht, und das ausschweifende Leben, das sie an der Seite des Spielerkönigs führte, hatte seine Spuren in Form hässlicher Tränensäcke unter ihren Augen und beginnenden Fettpolstern an den Hüften hinterlassen.
    »Gestern Abend warst du freundlicher«, sagte sie kalt. »Aber da hast du mich ja auch gebraucht.«
    Thompson warf ihr einen giftigen Blick zu und drehte sich um.
    »Angst, großer Boss?«, flötete Sue.
    »Quatsch«, zischte Thompson. Er stand auf und begann unruhig im Zimmer auf und ab zu gehen. »Aber Garet hätte längst anrufen müssen.«
    »Vielleicht ist irgendwas schiefgegangen.«
    »Bei Garet geht nichts schief. Er ist ein Profi. Einer von den Besten. Und den Teuersten«, fügte er mit säuerlichem Grinsen hinzu.
    »Dann verstehe ich nicht, dass er sich nicht meldet.«
    Thompson starrte sie wütend an. »Hör auf, ja!«
    Sie zuckte mit den Schultern, leerte ihr Glas und zündete sich eine Zigarette an. »Es ist eine Minute nach zehn«, sagte sie. »Nur, damit du mich nicht zu fragen brauchst.«
    Thompson quittierte die Bemerkung mit einem Blick, der einen Feuerlöscher in Brand gesetzt hätte, aber Sue ließ sich davon nicht beeindrucken. Sie war seit Jahren mit dem Gangsterboss zusammen, und sie wusste genau, wie weit sie gehen konnte. Im Augenblick brauchte Thompson sie. Von all seinen Bekannten besaß sie die einzige Wohnung, die der Polizei noch nicht bekannt war.
    »Wovor hast du eigentlich Angst?«, fragte sie.
    »Ich habe keine Angst.«
    »Du hast Angst. Sieh in den Spiegel, dann erkennst du es selbst.« Sue stieß eine dicke, blaue Rauchwolke in die Luft und bewegte sich mit wiegenden Schritten auf Thompson zu. »Du wirst alt, das ist es. Früher wäre dir ein solcher Fehler nicht unterlaufen. Du hättest den Alten gleich umlegen sollen.«
    Thompson starrte sie feindlich an, schwieg aber.
    »Und Cowley?«, fuhr Sue unbeirrt fort. Nun fand sie offenbar Gefallen an dem grausamen Spiel. »Was ist mit Cowley? Er ist seit gestern Abend verschwunden, nicht?«
    »Woher soll ich das wissen?«, knurrte Thompson. »Wahrscheinlich liegt er mit irgendeiner Puppe im Bett und vertreibt sich die Zeit.«
    Es klopfte.
    Thompson fuhr wie von der Tarantel gestochen herum und brüllte: »Herein!«
    Es war Benders, einer der fünf Gangster, die Thompson zu seinem Besuch bei Biggs mitgenommen hatte. Der kleine, fuchsgesichtige Ganove wirkte nervös und verängstigt.
    »Was gibt's?«, schnappte Thompson.
    »Es ist schiefgegangen, Boss«, sagte Benders ängstlich. Seine Stimme zitterte hörbar.
    »Was ist schiefgegangen? Red nicht in Rätseln, Mann!« Thompson trat drohend auf Benders zu.
    »Garet hat's erwischt«, stotterte Benders.
    »Was?!«, kreischte Thompson. »Soll das heißen, dass ...«
    »Ich hab's grade im Polizeifunk gehört«, stammelte der Ganove. »Den Alten haben sie schwer verletzt in die Klinik gebracht. Aber Garet ist erledigt. Jemand hat ihm ...« Er brach ab und fuhr sich mit einer bezeichnenden Geste über die Kehle.
    Thompson wurde blass.
    »Verdammt!«, sagte er nach einer Weile.
    »Wie Recht du hast«, nickte Sue. »Erst Rouwland und Baid, jetzt Garet -

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