Raven (Shadow Force) (German Edition)
litt.
„Warum bleibst du bei ihm ? Geh fort von hier.“ Er sprach langsam, leise, beschwörend.
„Das geht nicht.“ In ihrer Stimme schwang ein Hauch von Resignation und Trotz.
„Du kannst kaum gutheißen, was Zoran Menschen antut. Er ist ein gefährlicher Sadist, ein Verbrecher, der niemandem guttut. Auch nicht dir. Er hat den Bogen zu weit überspannt.“
„Ich stehe nicht hinter allem, was er tut.“ Sie nickte. „Aber ich bin sicher, dass noch etwas Gutes in ihm ist. Früher war er anders.“
„Du machst dir etwas vor.“
Sie schüttelte energisch mit dem Kopf , lehnte sich an ihn und küsste ihn. Hier war seine Chance, sie hatte die Tür nicht verschlossen. Wachen sah er keine. Mit einer stummen Entschuldigung presste er seine Hand fest auf ihren Hals, genau über der Halsschlagader, und drückte zu. Sie wehrte sich kaum und glitt nach ein paar Minuten in eine tiefe Bewusstlosigkeit. Erst jetzt löste er seine Lippen von den ihren. Behutsam legte er sie auf die Liege, dann öffnete er die Tür, spähte nach links und rechts und lief so schnell er konnte los. Seine Schwäche verfluchend , schaffte er es den Gang entlang und eine Treppe hinauf. Doch dann stand er vor einer verschlossenen Tür. Heilige Hölle. Er lief ein Stück zurück und warf sich mit allem , was in ihm steckte , gegen das Hindernis. Das Krachen , als die Tür etwas nachgab , war gigantisch und hallte nach, doch noch konnte er nicht durch. Bevor er noch einen Anlauf starten konnte, hörte er Stimmen. Viele Stimmen. Mehrere bewaffnete Männer in Uniformen stürmten die Treppe hinauf. Sie legten an.
Er warf sich zur Seite. Zu spät.
Ein dumpfer Schmerz traf seine Brust, zog quälende Stromwellen durch seinen Körper. Arme und Beine waren schlagartig gelähmt. Diese Mistkerle hatten eine Elektroschockpistole verwendet und lachten, während er hilflos vor ihnen auf dem Boden lag. Sie lösten weitere Schläge aus und amüsierten sich köstlich, als sie ihn grob packten und in sein Gefängnis zurückschleiften.
*
Die nächsten drei Tage vergingen in atemberaubendem Tempo. Sie waren geprägt von akribischen, generalstabsmäßigen Vorbereitungen, intensiver Recherche, zahllosen Besprechungen der möglichen Abläufe und einer angespannten Ruhe. Die Welt der Agenten und Spione war faszinierend und zog Lianne Stück für Stück in ihren geheimnisvollen Bann. Die Observierung von Prime hatte leider keine neuen Erkenntnisse gebracht und Crane und Falcon waren zu ihnen in das Cottage auf dem Land zurückgekehrt. Sie hatten allerdings seinen Wagen und seinen Aktenkoffer in einem unbeobachteten Moment mit einem Mini-GPS-Tracker bestückt, um seinen Standort überwachen zu können. So ließ sich Primes Fortbewegung erkennen und aufzeichnen. Lianne lernte, worauf es bei einem Einsatz der Schattenkrieger ankam , und wie er geplant wurde. Das war erstaunlich aufwendig und es gab mehrere Phasen. Training des Eindringens in das Zielobjekt, intensives Vertrautmachen mit dem Zielobjekt, Training des zeitlichen Ablaufs in Varianten, Üben von Sprengungen an vergleichbaren Objekten und Üben des Verhaltens beim Eintritt veränderter Lage bedingungen. Lianne war tief beeindruckt von der beinahe symbiotische n Art und Weise, wie Crane, Buzz und Falcon die Befreiung von Frank planten und miteinander agierten. Selbst Guerrero, der am zweiten Tag zu ihnen stieß und ein Wohnmobil voller Computer, Ausrüstung und Hightech mit sich führte, integrierte sich lückenlos in das Team. Der Beschreibung von Buzz war nicht viel hinzuzufügen. Er war unattraktiv, ungepflegt, annähernd 150 kg schwer, ohne Schuhe, und machte Lianne von Beginn an plumpe Avancen. An seiner Findigkeit und seinen Fähigkeiten gab es kein Rütteln. Beinahe mühelos hatte er sich schon nach einer Stunde in diverse Computer gehackt. Dabei Baupläne, wichtige Daten und relevante Risiko- und Schwachstellenanalysen der Sicherheitsfirmen organisiert , und er erwies sich als substanzieller Baustein, ohne den das Team niemals in das Dillinger Gebäude gekommen wäre. Er konnte sich sogar in Satellitenverbindungen und Frequenzen schalten, die für die Überwachung während des Einsatzes nützlich sein würden. Für Lianne war es faszinierend und irritierend zugleich , zu beobachten, wie ein einziger Mann mithilfe seines Computers und des Internets an selbst streng geheime Informationen gelangen, Spysoftware installieren und andere Rechner manipulieren oder gar übernehmen konnte. Guerrero war
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