Rebecca
überall abgelehnt. Jeder erfolglose Autor kennt dieses Geräusch, wenn die dicken Umschläge in den Briefkasten fallen. Sein Singvogel fing an sich zu langweilen und der Autor wurde müde. Sex hatten sie kaum noch, aber trotzdem wurde sie drei Jahre nach der Hochzeit schwanger. Noch bevor sie es ihm erzählen konnte, hatte er den Unfall. Er lag ein halbes Jahr im Koma. Als er wach wurde, saß Sjoerd neben ihm anstatt seiner Frau.«
Draußen wurde der Lieferwagen geschlossen und angelassen. Dann fuhr er rückwärts am Fenster vorbei. Ich dachte an das zerlesene Exemplar mit den friesischen Erzählungen in Dennis’ Wohnmobil. Vielleicht ein Geschenk der Tante, derselben, die ihm erzählt hatte, dass er eigentlich Douwe Barends hieß. Das widersprach zwar der Vorstellung, dass sie Reinout ebenso sehr hasste wie ihre Schwester, doch es musste sich um diese Anthologie handeln und Dennis las die Erzählung seines Vaters wieder und wieder, so überzeugt von dessen Tod, dass es ihm gar nicht in den Sinn kam, einfach zum Telefon zu greifen und Erkundigungen einzuziehen. Da er seinen Namen kannte, hätte er ihn schneller gefunden als ich.
»Wo war Anke?«, fragte ich.
»Gute Frage«, sagte Gerben und nickte. »Reinout lag noch im Krankenhaus, da erhielt er bereits von einem Anwalt aus Den Bosch die Scheidungspapiere, die er nur noch zu unterschreiben brauchte. Sie verlangte keinen Unterhalt für sich oder das inzwischen geborene Kind noch erhob sie andere Ansprüche. Vielleicht hatte sie einen reichen Freund gefunden, doch ihre Illusionen von wegen berühmter Autor und Monaco waren sowieso längst verflogen, und ihr war wohl auch klar, dass für Reinout nicht mehr als eine Invalidenrente drin war. Aber so erfuhr Reinout jedenfalls, dass er einen Sohn hatte, der Douwe hieß. Ich habe mich immer gewundert, warum sie es nicht hat wegmachen lassen. Vielleicht war sie schon zu weit oder einfach zu primitiv.«
»Für eine Abtreibung?«
Gerben zuckte mit den Schultern und trank von seinem Kaffee.
»Hat er nie versucht, noch einmal Kontakt mit ihr aufzunehmen?«
»Reinout konnte nichts tun. Er war so gut wie gelähmt und dazu kamen später noch alle möglichen anderen Beschwerden. Sjoerd hat von sich aus den Anwalt angerufen und ihn nach Ankes Adresse gefragt. Doch er erhielt keine Auskunft. Es hieß, sie wolle wieder heiraten und wünsche keinen Kontakt zu ihrem Exmann. Sie wollte nur die Scheidung und das Sorgerecht für Douwe. Ihre offizielle Adresse war die der Rechtsanwaltskanzlei. Man nennt das geschützte Anschrift oder so ähnlich.«
»Aber so was wird doch normalerweise nur gemacht, wenn eine Frau ins Frauenhaus flüchtet und sich ihr Kerl nicht an die Kontaktsperre hält.«
Gerben nickte. »Sjoerd sagte das damals auch, aber Anke kann dem Richter ja irgendwelche Märchen aufgetischt haben, Reinout konnte sich nicht wehren, und es bestand keine Möglichkeit, ihre Aussagen zu überprüfen, selbst wenn man es gewollt hätte. Reinout sagt, er habe ihr nie auch nur ein Haar gekrümmt, und das glauben wir ihm auch, es gibt keinen sanftmütigeren Menschen als ihn. Er war so niedergeschmettert, dass er sofort sämtliche Papiere unterzeichnete und Sjoerd damit zur Post schickte.«
»Wo ist Douwe zur Welt gekommen?«
»In einer Klinik in Den Bosch. Sjoerd hat Erkundigungen eingezogen, obwohl Reinout nichts davon wissen wollte. Im Krankenhaus hatte Anke die Adresse der Pension angegeben, in der sie bis zur Geburt gewohnt hatte. Die Wirtin hat sie danach nicht mehr gesehen. Sie erhielt lediglich die Nachricht, dass sie die Post bitte an die Anschrift der Kanzlei weiterleiten solle.«
»Hat Reinout nie daran gedacht, die Behörden einzuschalten oder sich um das Sorgerecht für seinen Sohn zu bemühen?«
»Nein, ich glaube, ihm wurde mit der Zeit klar, dass die beiden aus seinem Leben verschwunden waren und dass er sie gehen lassen musste. Was hätte ein Sohn von so einem Vater gehabt? Er wünschte sich damals, er wäre bei dem Unglück ums Leben gekommen. Ihm war nichts mehr geblieben. Damals konnte er noch im Rollstuhl sitzen. Sjoerd hat ihn dann nach Hause gebracht. Ihre Sachen hatte sie mitgenommen und alles, was sie an Bargeld für Notfälle noch besaßen. In der Post waren Kontoauszüge, aus denen hervorging, dass überall in ganz Den Bosch Geld aus Bankautomaten abgeholt worden war und er so sehr in den Miesen stand, dass die Bank sämtliche Karten gesperrt hatte.«
»Hat er danach noch weiter zu Hause
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