Rebecca
ungefähr so, wie auch sie sich fühlte. Im Nachhinein fragte sie sich besorgt, ob es richtig gewesen war, ihm ihre Notizen dazulassen. Sie hatte keine Kopie angefertigt und sagte sich voller Verzweiflung, dass sie die Unterlagen wahrscheinlich ebenso gut als Flaschenpost ins Meer hätte werfen können.
»Was hältst du eigentlich von Dennis?«, fragte Suzan.
»Na ja …«, Rebecca schwieg, weil ein Auto durch das offene Tor kam. Es hielt auf der Einfahrt, zehn Meter vor der Terrasse. Eine Frau mit einer flachen Aktentasche unter dem Arm stieg aus. Hohe Absätze, taubengraues Kostüm. Die Frau blieb vor der Terrasse stehen, nahm eine Brille aus der Brusttasche, setzte sie auf ihre spitze Nase und lächelte.
»Was für ein idyllisches Bild«, sagte sie. »Wollen Sie die Zwetschgen einmachen?«
Suzan stand auf und wischte sich mit dem Geschirrtuch die Hände ab. »Nein, wir machen kaum noch Obst ein«, antwortete sie. »Wir kochen Zwetschgenmus daraus und den Rest frieren wir ein.«
»Bitte lassen Sie sich nicht stören«, sagte die Frau. »Ich bin nur gekommen, um mir ein Bild von Ihrer Situation zu machen. Darf ich mich zu Ihnen setzen?«
»Ein Bild von unserer Situation?«, fragte Suzan.
Rebecca starrte die Frau an und bekam es mit der Angst zu tun, als sie an die Flaschenpost dachte, obwohl der Detektiv nicht nur traurig, sondern auch äußerst gefühllos und taktlos hätte sein müssen, um den Fall einer Person zu übertragen, die wie ein Elefant im Porzellanladen auftrat. Aber die Frau streckte Suzan die rechte Hand hin und sagte: »Ich bin Jetta Blok vom Amt für Kinder- und Jugendhilfe.«
Suzan wurde kreidebleich. Unablässig rieb sie sich mit dem Geschirrtuch die Hände. »Meine Hände sind ganz klebrig von den Zwetschgen.«
»Was wollen Sie denn hier?«, fragte Rebecca.
Die Frau zog ein Dokument aus der Tasche. »Sie sind die Stieftochter, richtig, oder darf ich Du sagen? Rebecca? Ist dein Bruder Robert auch da?«
Suzan schaute Rebecca an. »Er ist im Dorf. Worum geht es denn?«
»Beim Bezirksgericht in Tiel wurde ein Antrag auf Änderung der Vormundschaft eingereicht«, sagte Jetta Blok. »In einem solchen Fall prüfen wir jedoch zunächst einmal die Lage der Betroffenen.«
Rebecca sah, wie Suzans Hände zitterten, und sie wollte schon sagen, ihr Onkel und ihre Tante in Tiel könnten ihr mal den Buckel runterrutschen, doch sie bremste sich gerade noch rechtzeitig, denn schließlich war es von entscheidender Bedeutung, dass sie einen guten Eindruck machten. »Der liebe Onkel Dirk«, sagte sie.
»Ihr wisst also Bescheid?«
Rebecca riss sich zusammen. Sie musste wie eine Erwachsene auftreten und der Frau geradeheraus ins Gesicht sehen. »Suzan ist unsere Mutter«, erklärte sie. »Mein Vater hat ihr die Vormundschaft übertragen, und mein Bruder und ich wollen keinesfalls, dass sich daran etwas ändert. Wir drei kommen prima zurecht.«
»Für den Bezirksrichter steht das Interesse der Kinder immer an erster Stelle«, betonte Jetta Blok. Sie schaute Rebecca eigenartig an und wandte sich an Suzan. »Der Bezirksrichter kann Sie vernehmen lassen«, sagte sie mit einem Anflug von Mitleid in der Stimme. »Als einer der Gründe für den Änderungsantrag wird übrigens Artikel 357 angeführt.«
Suzan starrte in die rote Waschschüssel voller blauer Zwetschgen. Rebecca wollte etwas sagen, hörte aber die fröhlichen Stimmen von Rob und Dennis, die ihre Fahrräder am Carport abstellten und über die Auffahrt auf sie zukamen. »Wir können uns ja gleich noch einmal unter vier Augen darüber unterhalten«, sagte Jetta Blok mit gedämpfter Stimme zu Suzan.
»Da gibt es nichts zu bereden!«, wandte Rebecca wütend ein. »Das Einzige, was wir wollen, ist, hier wohnen zu bleiben!«
Die Frau reagierte mit einem kleinen Lächeln. »Ich glaube, euer Onkel macht sich Sorgen, dass ihr finanziell nicht über die Runden kommt. Ist das dein Bruder?«
»Hallo«, sagte Rob. »Besuch?«
Jetta Blok stand auf, gab Rob die Hand, stellte sich vor und erklärte, weshalb sie hier war.
»Vom Jugendamt?« Rob verzog das Gesicht. »Sind Sie überhaupt noch für mich zuständig? Ich bin volljährig!«
»Kommt ganz darauf an«, sagte Jetta Blok. Sie schaute Dennis an, der sich im Hintergrund hielt. »Und wer ist dieser Herr?«
Rebecca sah, dass ihr Bruder wütend wurde. »Bestimmt steckt Onkel Dirk dahinter!«
»Er glaubt, wir wären pleite.« Rebecca warf ihrem Bruder warnende Blicke zu.
Rob beachtete sie nicht. »Das ist
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