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Rebecca

Rebecca

Titel: Rebecca Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felix Thijssen
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nicht darauf. Behände fing er den leeren Haken mit einer Hand, beugte sich hinunter zu einem anderen Marmeladenglas und holte einen Regenwurm heraus. Bei Kindern muss man sich Zeit lassen. Ich hatte es sowieso nicht eilig und es war schön hier, mal abgesehen von den Zügen.
    »Wie heißt du denn?«, fragte ich. »Ich heiße Max.«
    Er friemelte den Wurm an den Haken. »Ich heiße Casper.«
    »Hattest du an dem Abend auch die Gardinen zugezogen?«
    »Nein, es war ja schon ein bisschen dunkel.«
    »Und bestimmt hast du beim Spielen ab und zu aus dem Fenster geguckt.«
    Er zuckte mit den Schultern. »Ja, klar.«
    »Was hast du gesehen?«
    »Es gab einen Riesenkrach und dann kam die Polizei mit Blaulicht und noch andere Autos. Mein Vater ist rausgerannt und ich bin runtergegangen, aber meine Mutter war unten im Flur und hat mich wieder raufgeschickt.«
    »Ich meinte eigentlich vorher«, sagte ich. »Bevor es passiert ist.«
    »Ich hab nichts gesehen«, sagte er und warf seine Angel wieder aus.
    »Du würdest mir damit helfen«, sagte ich. »Man kann nur von deinem Fenster aus etwas sehen.«
    »Nicht die Unterführung«, sagte er. »Da steht der Apfelbaum vor. Man sieht nur ein Stück von der Straße. Da sind Männer langgegangen.«
    »Mehrere?«
    »Zwei.«
    »Vor dem Unglück?«
    »Ja, aber ich weiß nicht genau, wann, ich hab’ ja am Computer gespielt.«
    »Hast du denn keine Uhr in deinem Computer?«
    »Doch, aber ich gucke nie drauf.« Er schaute mich an. »Gucken Sie immer nach, wie viel Uhr es ist?«
    Ich grinste. »Nein, nie. Sind die Männer im Auto gekommen?«
    Er schüttelte den Kopf. »Ich habe kein Auto gesehen. Nur jemanden auf einem Fahrrad, aber erst später. Ob das einer von den Männern war?«
    »Hast du den Fahrradfahrer auch vor dem Unglück gesehen?«
    »Ja, klar. Sonst wäre er sicher abgestiegen.«
    »Hast Recht, das war eine dumme Frage für einen Detektiv.« Ich verzog das Gesicht und Casper lachte. »Vielleicht sollten wir das mal rekonstruieren«, sagte ich. »Weißt du, was das ist?«
    Er nickte. »Wie in Aktenzeichen XY ungelöst. «
    »Genau. Also, wir sitzen in deinem Zimmer. Kamen die Männer von links oder von rechts?«
    »Von links.«
    Aus Richtung Culemborg. Dort hatte man Welmoeds Auto am Straßenrand gefunden, ein ganzes Stück vor der Unterführung. Wahrscheinlich war es vom Fenster aus nicht sichtbar gewesen, außer man hätte den Kopf hinausgestreckt.
    »Wie sahen die Männer aus?«
    »Ich konnte sie nicht richtig erkennen. Sie sind unter den Bäumen entlanggegangen und es war ja schon ein bisschen dunkel.«
    »Aber du hast sie beobachtet?«
    Casper nickte. »Ja, denn einer von den Männern ist stehen geblieben und hat sich unser Haus angeguckt.«
    »Welcher von den beiden?«
    »Kann sein, dass der ein bisschen älter war als der andere.«
    »Konntest du seine Haarfarbe erkennen oder was er anhatte?«
    »Nein. Aber der andere hat ihm etwas zugerufen, vielleicht dass er sich beeilen sollte oder so, denn sie sind weitergegangen und dann habe ich sie nicht mehr gesehen.«
    »Wegen des Apfelbaums vor deinem Fenster?«
    »Ja.«
    »Und sie sind nicht auf der anderen Seite wieder zum Vorschein gekommen?«
    Bedauernd antwortete er: »Ich habe nicht weiter auf sie geachtet. Ich habe sie ja nur bemerkt, weil der eine Mann unser Haus so angeguckt hat.«
    »Sie könnten also zu der Unterführung gegangen sein, dann hättest du sie nicht sehen können, weil der Baum die Sicht versperrt?«
    »Genau.« Er runzelte die Stirn. »Aber es ist doch nur einem Mann was passiert?«
    »Stimmt. Aber was war denn mit dem Fahrradfahrer? Du hast gesagt, er könnte einer der Männer gewesen sein. Wo kam er her?«
    »Aus derselben Richtung, auch von links. Ich habe ihn erst gesehen, als er schon am Apfelbaum vorbei war. Er ist schnell gefahren.« Der Junge schwieg einen Moment und dachte angestrengt nach. Dann schüttelte er den Kopf. »Also kann es nicht sein, dass er einer von den beiden Männern war«, sagte er dann. »Denn wo soll denn plötzlich das Fahrrad hergekommen sein? Die beiden Männer sind zu Fuß gegangen, die hatten kein Fahrrad dabei.«
    Der Junge gab sich wirklich große Mühe. »Wie viel Zeit war vergangen, nachdem die Männer weg waren, bis der Mann auf dem Fahrrad kam?«
    Casper zuckte wieder mit den Schultern. »Fünf Minuten? Ich weiß nicht genau, aber der mit dem Fahrrad kam ein, zwei Minuten vor dem Unglück vorbei.«
    Der Wind eines weiteren Intercitys fuhr durch sein blondes Haar.

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