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Rebecca

Rebecca

Titel: Rebecca Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felix Thijssen
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mit schnellen Schritten quer über die Wiese auf mich zu.
    »Suchen Sie mich?«
    »Wenn Sie Gerard sind.«
    »Gerard van Hool.« Er begrüßte mich mit einem kräftigen Händedruck.
    Van Hool war ein gedrungener Mann in meinem Alter mit freundlichen braunen Augen und einem kurzen Ringbart, der schon grau wurde und sich dadurch von seiner gebräunten Haut abhob.
    Mit einem Nicken wies er auf die Bank, die zehn Meter neben dem Weg im Schatten einer riesigen Buche stand. »Da können wir uns einen Moment unterhalten.«
    Ich folgte ihm über den Rasen. »Sie wollten lieber nicht in der Wohngruppe mit mir reden?«
    »Wie kommen Sie darauf?«
    Ich lächelte und zuckte mit den Schultern. Er nickte zustimmend und setzte sich neben mich. »Stimmt, Sie haben Recht. Erstens sind die Kinder zu Hause und zweitens bringe ich nie Leute mit, die ich nicht kenne. Sie sind also wegen Dennis Galman hier?«
    »Ja.«
    Er schwieg eine Weile. »Kann ich ihm durch unser Gespräch irgendwie schaden?«, fragte er und fuhr dann fort, als rede er mit sich selbst: »Na ja. Dennis war durchaus ein Problemfall. Solche haben wir öfter, in den verschiedensten Variationen. Hat er etwas ausgefressen?«
    »Nicht dass ich wüsste. Ich suche nur nach Informationen über sein Vorleben.«
    Van Hool lehnte sich zurück. »Er ist vor allem unheimlich clever. Hat Chantal erzählt, wie er hierher gekommen ist?«
    »Durch einen verständnisvollen Jugendrichter.«
    »Eher durch einen ausgetricksten Psychiater, würde ich sagen. Das meinte ich, als ich sagte, er sei clever. Er schaffte es wirklich, sich aus jeder Situation herauszureden. Mieke und ich hatten ihn nach einer Weile durchschaut, aber er kann meisterhaft das Unschuldslamm spielen, und wenn das nicht hilft, drückt er auf die Tränendrüse. Ein richtiger Charmeur und Schauspieler.«
    »Wissen Sie zufällig, wo seine Eltern leben?«
    »Ja, in Wijk-en-Aalburg, am Maasdeich, aber die genaue Adresse habe ich nicht im Kopf.«
    »Welche Probleme gab es denn mit Dennis?«
    Ein unbehagliches Lächeln. »Wir können die Kinder nicht vierundzwanzig Stunden rund um die Uhr kontrollieren. Tagsüber gehen sie in Tilburg zur Schule, Dennis hat die technische Fachschule besucht. Es gab immer wieder kleine Zwischenfälle, aber wir konnten ihm nie etwas nachweisen.«
    »Was waren das für Zwischenfälle?«
    Er warf mir einen kurzen Blick zu. »Ach, verschiedene. Bei uns herrscht ein Klima gegenseitigen Vertrauens und das muss auch so sein. Wir schließen so wenig wie möglich weg. Ein paarmal war Geld aus der Kasse verschwunden, und wenn wir ihn zur Rede stellten, guckte er uns mit einem Gesichtsausdruck an, als wolle er sagen: Beweist mir doch erst mal was. Als es mir einmal wirklich zu bunt wurde, habe ich vorgeschlagen, ihn in ein Heim für schwer erziehbare Jugendliche zu verlegen, aber da hatte er nur noch sechs Monate bei uns und der Heimausschuss war der Meinung, die sechs Monate sollten wir ihm noch geben. Die anderen hatten sich mit seiner Aufnahme einverstanden erklärt, ich übrigens auch, und ich glaube, sie wollten einfach nicht zugeben, dass sie sich geirrt hatten. Er kam dann allerdings in ein anderes Haus, zu Teun und Liesbeth, bei denen es wesentlich strenger zugeht als bei uns. Da bekam er drei Monate Hausarrest, das heißt, er wurde auf dem Schulweg begleitet, musste in seiner Freizeit zu Hause bleiben und Arbeiten im Haushalt erledigen.«
    »Hatte er gestohlen?«
    »Nein.« Stirnrunzelnd blickte van Hool das Notizbuch auf meinem Schoß an.
    »Was denn?«
    »Er hat versucht, ein Mädchen zu vergewaltigen.«
    Ich verzichtete auf Notizen. »Bei Ihnen im Haus?«
    Er schwieg einen Moment. »Tilly war vierzehn«, sagte er dann. »Ein nettes Mädchen. Ihre Zimmernachbarin war zu Besuch bei einer Freundin, da schlich sich Dennis nachts zu ihr rein und kroch zu ihr ins Bett. Tilly schrie. Ich bin sofort hingerannt und schleifte ihn aus dem Zimmer. Er spielte die beleidigte Unschuld, und ich hatte gute Lust, ihm eine ordentliche Tracht Prügel zu verpassen. Aber natürlich gibt es so was nicht bei uns.« Er schnaufte, als sei er mit dieser Einschränkung nicht immer einverstanden. Dann fuhr er fort: »Die meisten Mädchen schwärmten für Dennis, er war ein Charmeur und wirkte sehr erwachsen. Sie glaubten ihm nur zu gern, dass Tilly sich an ihn herangemacht hatte. Obwohl so etwas bei uns grundsätzlich nicht läuft. Na ja. Vor dem Ausschuss weinte er Krokodilstränen, behauptete, er sei ja so schrecklich

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