Rebecca
Ironie. »Ich habe schon darauf geachtet. Ich bin zuerst in Aties Richtung gefahren und dann über die Landstraße hierher.«
»Sehr gut.« Ich erwiderte ihr Lächeln. »Dennis hat also keine Ahnung, dass du Kontakt zu mir hast?«
»Nein, bestimmt nicht. Das weiß nur Atie, aber die redet mit niemandem darüber. Außerdem glaubt sie, es ginge nur um meinen Vater.«
»Und was, wenn Atie nun zufällig bei euch vorbeikommt, während du nicht da bist?«
»Atie macht Urlaub in der Bretagne, da haben ihre Eltern ein Ferienhaus gemietet. Sie haben mich gefragt, ob ich mitwollte, aber ich habe abgelehnt.«
»Kann irgendjemand deine E-Mails lesen, Rob zum Beispiel?«
»Ja, aber das tut er nicht. Er hat eine eigene E-Mail-Adresse.«
Vielleicht kam der Angriff nicht aus ihrer Richtung, aber woher sonst? »Wie geht es jetzt bei euch zu Hause weiter?«
»Als Nächstes wird die Stallrückwand eingerissen und es müssen Gräben für die Treibhausfundamente und die Leitungen ausgehoben werden, ein ziemlicher Aufwand.« Rebecca verzog das Gesicht. »Wir essen derzeit viel Huhn.«
»Magst du kein Huhn?«
»Doch, schon. Aber unsere Hühner mussten weg. Wir haben sie geschlachtet und die meisten eingefroren. Die Hälfte der Schafe muss auch weg. Sie werden noch diese Woche von einem Händler abgeholt.«
Ihre Gefühle schlugen rasch um. Eben noch fröhlich, sah sie jetzt sehr traurig aus. Sie fuhr mit einem Finger über den Rand ihres Kaffeeglases. »Haben Sie …« Sie holte tief Luft und setzte noch einmal an: »Hast du schon etwas herausgefunden?«
»Ich war bei dem Heim, in dem Dennis gewohnt hat, und habe noch einige andere Dinge erfahren, aber noch nicht genug. Seine Adoptiveltern sind vor einem Jahr umgekommen, als ihr Haus in Flammen aufging.«
»Oh.« Sie runzelte die Stirn. »Wie ist denn das passiert? Ich meine, dass ihr Haus gebrannt hat?«
Sie war nicht wie meine anderen Klienten, meist erfahrene Erwachsene mit einer Schutzschicht um die Seele. Rebecca war ein sechzehnjähriges Mädchen, das sich in den Schatten von Unheil und Tod verirrt hatte, und ich wusste immer noch nicht so richtig, wie ich mit ihr umgehen sollte. Ich wusste nur, dass ich vorsichtig sein musste. »In meinem Beruf …« Ich schwieg, weil ich allzu väterlich klang. Sie wie ein Kind zu behandeln war das Dümmste, was ich tun konnte. »Lass uns nüchtern bleiben. Vermutungen und Verdächtigungen nützen uns wenig. Was wir suchen, sind Beweise. Das Feuer kann zum Beispiel auch durch einen Kurzschluss ausgebrochen sein. Allerdings hatte das Ehepaar eine Lebensversicherung auf Dennis’ Namen abgeschlossen, als er adoptiert wurde. Das Geld für die Gärtnerei stammt also wohl eher daher als von irgendeiner Tante.«
Rebecca nickte und schwieg einen Augenblick. »Warum macht Dennis das alles?«, fragte sie.
»Das ist die Kernfrage. Bisher weiß ich nur wenig über seine Vergangenheit. Oft muss man dort nach dem Motiv suchen, aber andererseits handeln Menschen häufig auch ohne ersichtliches Motiv.«
»Ich glaube, Dennis weiß ganz genau, was er tut und auch warum«, entgegnete sie überzeugt.
»Kann sein. Kennst du die junge Frau, die bei Bauer Veldhuis arbeitet?«
»Ja. Veldhuis ist ein eingefleischter Junggeselle und Jos ist seine Freundin.« Sie musste lachen. »Das weiß doch jeder. Bist du da gewesen?« Es fiel ihr jetzt leichter, mich zu duzen.
»Meinst du, sie würde Dennis warnen, falls sich jemand nach ihm erkundigte?«
»Ich weiß nicht, sie ist ein bisschen komisch. Aber ich glaube nicht.« Rebecca schüttelte den Kopf. »Es würde mich wundern.«
»Ihr ist noch ein anderer Mann aufgefallen, der für ein paar Tage bei Dennis gewohnt haben soll. Ob das dieser Klaas aus der Glasfabrik gewesen sein könnte, der neulich Abends bei ihm war?«
»Wenn er in der Glasfabrik arbeitet, wohnt er hier in der Nähe und bräuchte nicht bei Dennis im Wohnmobil zu kampieren.« Sie schüttelte den Kopf. »Im Übrigen arbeitet kein Klaas in der Glasfabrik, jedenfalls kein junger Mann, ich habe mich erkundigt.«
»Du hast was?«
Meine heftige Reaktion erschreckte sie. »Ich wollte etwas unternehmen, ich wusste ja nicht, ob Sie … ob du …« Verlegen sah sie mich an. Ob ich aus meiner Lethargie erwachen würde. »Ich habe in der Personalabteilung angerufen und der Dame erzählt, dass ich in der Disco einen Jungen kennen gelernt hätte, den ich jetzt suchte, und dass ich seinen Nachnamen nicht wüsste, nur dass er Klaas hieße, in der
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