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Rebecca

Rebecca

Titel: Rebecca Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daphne Du Maurier
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geradezu nach sorgfältiger Pflege und nach dem Geld, das mein Vater nie dafür ausgeben wollte und das auch ich nie daran gewandt hätte, wäre Rebecca nicht gewesen. Die Hälfte von all den Sachen hier ist gar kein Familienbesitz. Der Salon, das Morgenzimmer, wie diese Räume heute aussehen – alles Rebeccas Werk. Die Stühle da, die Frith den Besuchern immer mit besonderem Stolz zeigt, die Gobelins – wieder Rebecca. O
    natürlich, ein paar Sachen hat sie auch hier aufgetrieben, die irgendwo in Bodenkammern und Hinter-zimmern verstaut gewesen waren; denn Vater verstand nichts von Möbeln oder Bildern, aber das meiste hat Rebecca erst gekauft. Die Schönheit von Manderley, die du heute bewunderst, das Manderley, von dem man spricht, das man photographiert und malt, das ist nur ihr, nur Rebeccas Werk.»
    Ich schwieg und hielt ihn fest in meinen Armen. Ich wollte, daß er weitersprach, damit seine Bitterkeit sich löste und mit den Worten all der aufgespeicherte Haß, der Widerwillen und der Schlamm seiner verlorenen Jahre fortgeschwemmt wurde.
    «Und so lebten wir», sagte er, «Monat auf Monat, Jahr um Jahr. Ich nahm alles hin um Manderleys willen. Was Rebecca in London tat, berührte mich nicht, weil es Manderley nicht schadete. Und sie war sehr vorsichtig in jenen ersten Jahren. Nicht einmal ein Flüstern wurde über sie laut. Aber allmählich ließ sie sich gehen. Weißt du, so, wie ein Mann zu trinken anfängt. Zuerst nur ein wenig, vielleicht nur alle fünf Monate eine richtige Trunkenheit. Und dann wird der Zwischenraum immer kürzer. Bald kommt es jeden Monat vor, dann alle zwei Wochen und schließlich fast täglich. Und damit verliert er jeden Halt und auch die vorgetäuschte Haltung. So ging es auch Rebecca. Es fing damit an, daß sie ihre Freunde hierher einlud. Erst einen oder zwei, die unter den anderen Wochenendgästen nicht auffielen, so daß ich zunächst nicht ganz sicher war.
    Dann veranstaltete sie Picknicks unten im Bootshaus. Ich kam einmal von einer Jagdtour aus Schottland zurück und überraschte sie dort mit einem halben Dutzend Leute, die ich vorher nie gesehen hatte. Ich warnte sie, aber sie zuckte nur mit den Schultern. ‹Was geht dich das in Teufels Namen an?› sagte sie. Ich erklärte ihr, in London könne sie ihre Freunde sehen, so viel sie wolle, aber Manderley gehöre mir. Sie müsse sich an unsere Abmachung halten.
    Sie lächelte, ohne etwas zu entgegnen. Dann hatte sie es plötzlich auf Frank abgesehen, den armen, schüchternen Frank. Er kam eines Tages zu mir, er wollte Manderley verlassen und sich eine neue Stellung suchen. Wir redeten hier in der Bibliothek zwei Stunden lang hin und her, und dann verstand ich. Er brach zusammen und erzählte mir alles. Sie ließe ihn nie in Ruhe, sagte er, sie komme ständig zu ihm ins Haus und versuche, ihn mit sich ins Bootshaus zu locken. Der gute Frank war ganz verzweifelt, er begriff es einfach nicht; er hatte doch immer geglaubt, wir seien wirklich das glücklichste Paar.
    Ich stellte Rebecca deswegen zur Rede, und sie brauste sofort auf und beschimpfte mich mit all den gemeinen Unflätigkeiten ihres Sprachschatzes. Es war ein scheußlicher Auftritt. Sie fuhr am nächsten Tag nach London und blieb einen Monat. Als sie zurückkam, verhielt sie sich zuerst ganz ruhig, so daß ich schon glaubte, sie habe endlich Vernunft angenommen. Am Wochenende darauf kamen Bee und Giles zu Besuch. Bei dieser Gelegenheit bemerkte ich, was ich schon längere Zeit vermutet hatte, daß nämlich Bee Rebecca nicht mochte.
    Wahrscheinlich hat sie sie mit ihrer komischen unverblümten Art durchschaut oder jedenfalls erraten, daß etwas nicht in Ordnung war. Es war ein ungemütliches, nervöses Wochenende.
    Giles ging mit Rebecca segeln, Bee und ich faulenzten auf dem Rasen in unseren Liegestühlen. Und als die beiden zurückkamen, erkannte ich sofort an Giles’ übertrieben lärmender Herzlichkeit und an Rebeccas Augen, daß sie mit ihm angefangen hatte wie mit Frank. Ich sah, wie Bee ihren Giles beim Essen beobachtete, der lauter als sonst lachte und etwas zu viel sprach. Und Rebecca saß am Kopfende der Tafel mit dem unschuldigen Gesicht eines Engels.»
    Sie fügten sich gut ineinander, die einzelnen Stückchen dieses Puzzlespiels, die merkwürdig verzerrten Formen, die meine ungeschickten Finger niemals zusammengebracht hatten.
    Franks sonderbares Gesicht, als ich von Rebecca sprach. Beatrice und ihre gleichgültig abweisende Miene, wenn Rebeccas Name fiel.

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