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Rebecca

Rebecca

Titel: Rebecca Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daphne Du Maurier
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sagte er, «und der Himmel war schwarz wie Tinte. Wenn es doch nur endlich regnen wollte!»
    Die Vögel in den Bäumen waren verstummt. Es war immer noch sehr dunkel.
    «Ich wünschte, du müßtest nicht noch einmal fort», sagte ich.
    Er antwortete nicht. Er sah so müde, so todmüde aus.
    «Wir wollen heute abend, wenn ich wieder da bin, über alles sprechen», sagte er schließlich.
    «Wir haben so viel nachzuholen, nicht wahr? Wir müssen ja ganz von vorn anfangen. Ich bin dir wirklich ein sehr schlechter Ehemann gewesen.»
    «Nein», protestierte ich, «nein.»
    «Doch. Aber wir wollen einen ganz neuen Anfang machen, sobald dies alles hinter uns liegt.
    Wir sind ja nicht mehr allein; du und ich zusammen werden es schon schaffen. Wenn wir zusammen sind, kann uns die Vergangenheit nichts mehr anhaben. Und Kinder wollen wir auch haben.» Nach einer Weile sah er auf die Uhr. «Es ist schon zehn nach sechs», sagte er.
    «Ich muß jetzt gehen. Aber es wird nicht lange dauern, höchstens eine halbe Stunde. Wir gehen gleich in die Familiengruft hinunter.»
    Ich faßte nach seiner Hand. «Ich werde dich begleiten, es macht mir wirklich nichts aus. Laß mich mitkommen.»
    «Nein», sagte er. «Ich möchte nicht, daß du mit-kommst.»
    Er ging aus dem Zimmer, und gleich darauf hörte ich den Wagen starten; allmählich verklang das Geräusch.
    Robert kam, um den Teetisch abzuräumen. Es war ein Tag wie jeder andere. Alles lief seinen gewohnten Gang.
    Unwillkürlich fragte ich mich, ob sich auch dann nichts geändert hätte, wenn Maxim nicht aus Lanyon zurückgekehrt wäre. Ob Robert dann auch mit diesem hölzernen Ausdruck in seinem jungen Gesicht die Krumen vom Tischtuch gefegt, den Tisch dann
    zusammengeklappt und in die Ecke gestellt hätte?
    Es war sehr still in der Bibliothek, nachdem er gegangen war. Ich dachte an die vier Männer dort in der Kirche, wie sie durch die kleine Tür die Stufen der Gruft hinuntergingen. Ich war nie drinnen gewesen; ich hatte nur die Tür gesehen. Ich überlegte mir, wie es wohl in der Gruft aussehen mochte. Ob viele Särge drin standen? Maxims Vater und Mutter. Und ich fragte mich auch, was mit dem Sarg jener anderen Frau geschehen würde, der unrechtmäßig dort aufgestellt worden war. Wer sie wohl gewesen war, diese arme Seele, die niemand vermißt hatte? Jetzt würde noch ein Sarg darin stehen. Rebecca würde bei den anderen de Winters in der Familiengruft ruhen. Vielleicht las der Pfarrer gerade die Totenmesse, Maxim, Frank und Oberst Julyan neben sich? Asche zu Asche, Staub zu Staub. Rebecca war nur noch ein Name; die Rebecca, die ich gefürchtet hatte, war gestorben, als man die Leiche in der Kajüte fand. Das, was dort in der Gruft im Sarg lag, war nicht Rebecca, es war nur Staub.
    Kurz nach sieben fing es an zu regnen. Zuerst nur ein schwaches leises Tropfen in den Bäumen, so dünn, daß es kaum zu sehen war. Dann immer lauter und schneller, ein Sturzbach, der sich sturmgetrieben aus den schiefergrauen Wolken ergoß wie das Wasser über ein Wehr. Ich öffnete die Fenster weit und atmete tief die kalte klare Luft ein. Der Regen sprühte mir ins Gesicht und auf die Hände. Ich konnte gerade noch den Rasen unterscheiden; der Wolkenbruch legte sich wie eine Wand zwischen mich und die Außenwelt. Ich hörte es oben in den Regenrinnen pladdern und auf die Terrasse herunterrauschen. Aber es blitzte und donnerte nicht mehr.
    Ich hatte Frith nicht kommen hören. Ich stand am Fenster und sah in den Regen hinaus und bemerkte ihn erst, als er neben mir stand.
    «Verzeihung, Madam», sagte er. «Können Sie mir sagen, ob Mr. de Winter sehr lange fortbleiben wird?»
    «Nein», sagte ich, «nicht sehr lange.»
    «Ein Herr wünscht ihn nämlich zu sprechen, Madam», sagte Frith etwas zögernd, «und ich weiß nicht recht, was ich ihm sagen soll. Er ist so hartnäckig, er läßt sich nicht abweisen.»
    «Wer ist es denn?» fragte ich. «Jemand, den Sie kennen?»
    Frith sah verlegen aus. «Jawohl, Madam», sagt er. «Es ist ein Herr, der früher, als Mrs. de Winter noch lebte, häufig zu Besuch kam. Ein gewisser Mr. Favell.»
    Ich kniete mich auf die Fensterbank und zog das Fenster zu. Der Regen hatte die Kissen durchnäßt. Dann wandte ich mich um und sah Frith an.
    «Führen Sie Mr. Favell nur herein», sagte ich.
    Ich ging zum Kamin hinüber, in dem heute kein Feuer brannte. Vielleicht war es mir möglich, Favell loszuwerden, bevor Maxim zurückkam. Ich wußte noch nicht, was ich sagen würde,

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