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Rebecca

Rebecca

Titel: Rebecca Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daphne Du Maurier
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hatte. Ich nahm mir ein weiches Ei. Und ich fragte mich, was wohl mit all dem übrigen geschehen mochte, dieser Menge Rührei, dem knusprigen Speck, den Haferflocken und dem Rest Fisch. Gab es hier arme Tagelöhner, die ich nie zu Gesicht bekommen würde und die hinter der Küchentür auf die reichhaltigen Abfälle von unserem Frühstück warteten? Oder wurde alles weggeworfen? Ich würde es wohl nie erfahren und bestimmt nicht wagen, mich danach zu erkundigen.
    «Gott sei Dank habe ich keine große Verwandtschaft, die dich behelligen könnte», sagte Maxim, «nur meine Schwester, die ich sehr selten sehe, und dann noch meine Großmutter, die nahezu blind ist. Beatrice hat sich übrigens zum Mittagessen eingeladen. Ich war eigentlich schon darauf gefaßt; sie wird dich vermutlich in Augenschein nehmen wollen.»
    «Heute?» fragte ich, und mein Stimmungsthermometer sank auf Null.
    «Ja, sie hat sich in dem Brief, den ich heute früh von ihr erhielt, angesagt. Aber sie wird nicht lange bleiben, und ich glaube, sie wird dir gefallen. Sie ist sehr offen; sie sagt genau, was sie denkt, und macht gar kein Theater. Wenn sie dich nicht mag, wird sie es dir glatt ins Gesicht sagen.»
    Ich fand kaum einen Trost darin und überlegte, ob Unaufrichtigkeit unter Umständen nicht auch eine Tugend sein könne. Maxim stand auf und zündete sich eine Zigarette an. «Ich habe heute morgen noch eine Menge zu erledigen», sagte er, «glaubst du, dir inzwischen allein die Zeit vertreiben zu können? Ich hätte dir so gern den Garten gezeigt, aber ich muß unbedingt mit Crawley, meinem Verwalter, sprechen. Ich bin zu lange fort gewesen. Er wird übrigens auch zum Essen kommen. Es macht dir doch nichts aus, nein? Oder ist es dir sehr unangenehm?»
    «Natürlich nicht», erwiderte ich, «ich finde es sehr nett.»
    Ich verweilte an jenem ersten Morgen sehr lange am Frühstückstisch, um die Zeit hinauszuziehen, und erst als ich Frith hereinkommen und mir einen verstohlenen Blick zuwerfen sah, bemerkte ich, daß es schon auf elf zuging. Ich sprang sofort schuldbewußt auf und entschuldigte mich, daß ich so lange sitzen geblieben war, und er verbeugte sich, ohne etwas zu erwidern, sehr höflich, sehr korrekt, aber mit etwas erstauntem Gesicht. Ich fragte mich, ob ich wohl etwas Falsches gesagt hätte.
    Vielleicht war es unpassend, sich zu entschuldigen. Vielleicht setzte es mich in seinen Augen herab. Ob er wohl wie Mrs. Danvers erriet, daß Haltung, Anmut und Sicherheit mir nicht angeboren waren, sondern daß ich mir diese Eigenschaften erst allmählich und mühevoll erwerben mußte?
    Ungeschickt, wie ich damals nun einmal war, achtete ich nicht auf meine Füße und stolperte, als ich das Zimmer verließ, über die Türschwelle. Frith, der herbeieilte, um mir behilflich zu sein, hob mir mein Taschentuch auf, während Robert, der junge Diener, sein Gesicht abwandte, um das Lachen zu verbergen.
    Als ich durch die Halle ging, hörte ich das Gemurmel ihrer Stimmen und einen von beiden, wahrscheinlich Robert, lachen. Vielleicht lachten sie über mich. Ich ging wieder nach oben in die Geborgenheit meines Schlafzimmers; aber als ich die Tür öffnete, traf ich die beiden Stubenmädchen beim Saubermachen an, die eine fegte den Fußboden, die andere wischte den Staub vom Frisiertisch. Sie sahen mich überrascht an, und ich ging schnell wieder hinaus. Es gehörte sich also nicht für mich, um diese Zeit mein Zimmer aufzusuchen; man erwartete das nicht von mir. Es unterbrach den geregelten Ablauf der Hausarbeit.
    So schlich ich mich wieder hinunter, ganz leise, nur zu froh, daß meine Pantoffeln auf den Steinfliesen kein Geräusch machten, und verzog mich in die Bibliothek, in der es sehr kühl war, denn die Fenster standen weit auf, und im Kamin, in dem zwar das Holz schon aufgeschichtet lag, brannte kein Feuer.
    Ich schloß die Fenster und sah mich nach Streichhölzern um, konnte jedoch keine entdecken.
    Ich überlegte mir, was ich tun sollte. Klingeln mochte ich nicht. Aber die Bibliothek, die ich vom Abend zuvor mit den brennenden Scheiten so warm und gemütlich in Erinnerung hatte, war jetzt am Morgen beinahe so kalt wie ein Eiskeller. Im Schlafzimmer lagen Streichhölzer, aber ich wollte sie nicht holen, weil ich dann die Mädchen bei der Arbeit gestört hätte. Ich konnte es nicht ertragen, noch einmal so dumm-dreist von ihnen angestarrt zu werden. Ich beschloß, abzuwarten, bis Frith und Robert das Eßzimmer verlassen hatten, und mir dann die

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