Rebeccas Traum
oder?« Er war entschlossen, sie auf jeden Fall zum Mitkommen zu überreden, jetzt, da sich die Idee in seinem Kopf festgesetzt hatte.
»Ja, aber ich möchte nicht im Wege sein, wenn du zu tun hast.«
»Es würde mich viel mehr von meiner Arbeit ablenken, wenn du hier bliebest.«
Sie sah ihn mit einem Blick an, in dem Schüchternheit und Verlockung zugleich lagen. Er hatte Mühe, sein Verlangen zu unterdrücken und sie nicht auf der Stelle im feinen Sand zu lieben. Aber er hatte ihr ja versprochen, ihr Zeit zu geben. Vielleicht brauche auch ich ein wenig Zeit, dachte er.
»Du wirst deine eigene Suite haben. Du bist zu nichts verpflichtet, Rebecca. Ich möchte nur deine Gesellschaft.«
»Ein oder zwei Tage …«, sprach sie unentschlossen halblaut vor sich hin.
»Es ist überhaupt kein Problem, deine Suite hier bis zu deiner Rückkehr zu halten.«
Bis zu meiner Rückkehr, dachte sie irritiert. Er hat nicht von seiner gesprochen. Wenn er Korfu morgen verließ, würde sie ihn möglicherweise niemals wieder sehen. Er bot ihr einen oder zwei weitere Tage an. Vergiss nicht, du wolltest doch nichts mehr als garantiert ansehen, erinnerte sie sich dann. Niemals mehr.
Aber er hatte ja Recht. Sie wollte Athen sehen, bevor sie Griechenland wieder verließ. Normalerweise wäre sie allein dorthin gereist. Noch vor ein paar Tagen hätte es nichts Schöneres für sie gegeben, als frei und ungebunden durch die Stadt zu streifen, sich Sehenswürdigkeiten anzusehen und Menschen kennen zu lernen.
Aber die Vorstellung, ihn bei sich zu haben, wenn sie zum ersten Mal die Akropolis sah, mit ihm zusammen durch die Straßen zu schlendern, erschien ihr viel verlockender und änderte alles.
»Ich würde sehr gern mitkommen.« Sie sprang rasch auf und verschwand mit einem eleganten Kopfsprung im Wasser.
Athen war weder Ost noch West, weder Orient noch Europa. Es gab hohe Gebäude und moderne, elegante Geschäfte in breiten Avenuen. Aber ebenso gab es schmale Gassen mit heruntergekommenen Häusern mit winzigen Läden, in denen man alles kaufen konnte. Die Stadt war laut und hektisch, und doch besaß sie einen unvergleichlichen Charme.
Rebecca verliebte sich auf den ersten Blick in sie.
Paris war ihr wie eine verführerische Frau erschienen, und auch London hatte sie nicht unbeeindruckt gelassen. Aber an Athen verlor sie ihr Herz.
Stephanos hatte den ganzen Morgen über Geschäfte zu erledigen, und so nutzte sie die Gelegenheit, die Stadt zu erkunden. Das Hotel, in dem sie wohnten, bot zwar allen erdenklichen Luxus, aber es zog Rebecca hinaus auf die Straßen und zu den Menschen. Seltsamerweise fühlte sie sich nicht wie eine Fremde, sondern wie jemand, der nach langer, langer Zeit von einer Reise wieder nach Hause zurückkehrte. Athen hatte auf sie gewartet und war bereit, sie willkommen zu heißen.
Bald hatte sie die plaka, die Altstadt unterhalb der Akropolis, erreicht. Enge Gassen voller Touristen und Einheimischer, Tavernen, aus denen es verlockend duftete – und dann sah sie die Akropolis! Es war ein Anblick, den sie nicht wieder vergessen würde. Fasziniert und voller Ehrfurcht schaute sie hinauf zu den jahrtausendealten Bauten mit ihren marmornen Säulen.
Bald hatte sie auch den Zugang gefunden, an dem sich trotz der frühen Stunde schon Urlauber drängten. Rebecca ließ sich dadurch jedoch nicht stören. Der Großartigkeit der Tempelanlage konnte die Betriebsamkeit keinen Abbruch tun. Rebecca war so beeindruckt, dass sie die Kamera an der Schulter hängen ließ und gar nicht daran dachte zu fotografieren.
Sie würde niemandem mitteilen können, wie es war, hier zwischen den Säulen zu stehen, an einem Ort, der den alten griechischen Göttern geweiht gewesen war. Die Akropolis hatte Jahrtausende überstanden, Naturgewalten getrotzt und Kriegen und der Zeit widerstanden. Aber noch immer spürte man die Heiligkeit dieses Platzes. Rebecca erwartete beinahe die Göttin Pallas Athene, Schutzherrin der Stadt Athen, mit ihrem schimmernden Helm und dem Speer hier zu sehen.
Rebecca war zuerst enttäuscht gewesen, dass Stephanos an diesem ersten Morgen in Athen nicht bei ihr sein konnte. Nun aber war sie froh, allein zu sein. So konnte sie einfach auf einem Säulenrest sitzen, alles in sich aufnehmen, und musste ihre Eindrücke und Gefühle nicht erläutern.
Sie stand nach einer Weile wieder auf und wanderte durch die Tempel. Sie fühlte, sie hatte sich verändert. Es waren nicht nur die Orte, an denen sie gewesen war, das Neue,
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