Rebeccas Traum
er sich. Sie gehört zu mir – und ich zu ihr, dachte er. Ich brauche sie.
Aber er durfte nicht vollends den Verstand verlieren. Mit Mühe unterdrückte er seine aufsteigende Erregung und löste sich von Rebecca.
Sie hielt immer noch die Augen geschlossen, ihre sinnlichen Lippen waren leicht geöffnet. Seufzend schlug sie schließlich die Lider auf.
»Ich …« Sie holte tief Luft und atmete langsam wieder aus. »Ich sollte wohl des Öfteren einmal einen Stadtbummel machen«, sagte sie lächelnd.
Da bemerkte Stephanos, dass er ihren Arm fest umklammerte. Sofort lockerte er den Griff. »Ich wäre lieber dabei gewesen«, sagte er gepresst.
»Aber du hattest doch zu tun. Außerdem, sicherlich hättest du dich gelangweilt. Es wäre nichts für dich gewesen, in alle Läden mit mir zu gehen und dir Sehenswürdigkeiten anzusehen, die du schon lange kennst.« Rebecca lachte. Sie bemerkte seine Anspannung nicht.
»Nein, bestimmt nicht.« Er konnte sich nicht vorstellen, dass er sich jemals in ihrer Gegenwart langweilen würde. »Ich wäre wirklich gern bei deinem ersten Tag in Athen mit dir zusammen durch die Straßen gegangen.«
»Es war, als käme ich nach Hause zurück«, sagte sie versonnen. »Alles war so beeindruckend, und ich konnte nicht genug bekommen.« Sie deutete auf ihre Schultertasche. »Es ist so ganz anders als alles, was ich bisher kennen gelernt habe. Auf der Akropolis habe ich nicht ein einziges Foto gemacht. Ich fühlte, ich würde das Besondere dort nicht mit der Kamera einfangen können und versuchte es deshalb auch gar nicht. Dann wanderte ich durch die Straßen der Altstadt, und mir fielen überall die älteren Männer auf, die mit diesen seltsamen, rosenkranzähnlichen Ketten spielten. Warte mal, wie heißen sie noch …?« Es fiel ihr nicht mehr ein.
»Komboloi«, half er ihr.
»Ja, und ich stelle mir vor, wie sie vor den kafeníons sitzen und die Passanten betrachten. Tag für Tag, Jahr um Jahr.« Sie setzte sich und freute sich, dass sie ihm von ihren Eindrücken berichten konnte. »Und dann gab es diese Unmengen von Geschäften, die Souvenirs anboten. Die meisten haben mir allerdings nicht gefallen, vor allem die kitschigen Kopien der antiken Statuen.«
Stephanos setzte sich neben sie. »Wie viele hast du denn davon gekauft?«
»Beinahe eine für dich«, lachte sie und suchte dann in ihrer Tasche. »Aber dann habe ich es mir doch anders überlegt und dir ein anderes Geschenk mitgebracht.«
»Ein Geschenk?«
»Ja, ich habe es in einem winzigen Geschäft in einer kleinen Seitengasse gefunden. Es war ein düsterer, etwas schmuddeliger Laden – aber voll von faszinierendem Krimskrams. Der Besitzer sprach ein wenig Englisch, und ich hatte ja mein ›Griechisch für Reisende‹ dabei. Aber bald wurde es schwierig, sich zu verständigen. Schließlich nahm ich dies hier.«
Rebecca zog eine s-förmig gebogene, zierliche Porzellanpfeife heraus, die mit Abbildungen von wilden Ziegen verziert war. Ein langer, glänzend polierter Stiel mit einem Mundstück aus Messing befand sich daran.
»Es erinnerte mich an die Bergziegen, die wir auf Korfu gesehen haben«, erklärte sie Stephanos, während er sich die Pfeife genauer ansah. »Ich dachte, sie würde dir vielleicht gefallen, wenn ich dich auch noch nie habe Pfeife rauchen sehen.«
Stephanos sah auf und lachte. »Normalerweise rauche ich auch nicht Pfeife, und ganz besonders nicht aus einer solchen.«
»Eigentlich sollte es auch mehr als Dekorationsstück dienen«, meinte Rebecca etwas verwirrt durch seine Bemerkung. »Der Mann versuchte mir noch etwas zu erklären, aber ich habe ihn leider nicht verstehen können. Eine solche Pfeife habe ich vorher auch noch nie gesehen.«
»Da bin ich aber erleichtert.« Als sie ihn verwundert ansah, beugte er sich vor und strich ihr leicht über die Lippen. »Mátia mou, dies ist eine Haschischpfeife.«
»Eine Haschischpfeife?« Verblüfft sah sie ihn an und betrachtete dann voller Neugier die schlanke Pfeife. »Wirklich? Ich meine, haben die Leute diese Pfeife wirklich zum Haschischrauchen benutzt?«
»Unzweifelhaft. Und zwar eine ganze Menge Leute sogar. Ich schätze, die Pfeife ist mindestens einhundertfünfzig Jahre alt.«
»Nein, so etwas. Es ist wohl kein besonders geeignetes Geschenk für dich, nicht wahr?«
»Warum denn nicht? Jedes Mal, wenn ich es mir ansehe, werde ich an dich denken.«
Verunsichert sah Rebecca ihn an, aber dann sah sie das Funkeln in seinen Augen und war beruhigt. Sie
Weitere Kostenlose Bücher