Rebecka Martinsson 02 - Weisse Nacht
draußen auf der Treppe gestanden und war sich vorgekommen wie eine Fünfjährige, die die Eltern eines Spielkameraden fragt, ob der Freund wirklich zum Spielen mitkommen darf.
Sivving setzte Kaffee auf und holte dicke Porzellanbecher mit großen Blumenmustern in Gelb, Orange und Braun. Er füllte einen Brotkorb mit Zwiebäcken und fischte Margarine und eine Packung gesprenkelter Wurst aus dem Kühlschrank.
Es war kühl hier unten im Keller. Der Geruch von Hund und frischem Kaffee mischte sich mit dem vagen Geruch nach Erde und Beton. Die Herbstsonne fiel durch das schmale Fenster oben unter der Decke.
Sivving sah Rebecka an. Offenbar hatte sie sich am Kleiderschrank der Großmutter bedient. Er erkannte den schwarzen Anorak mit den weißen Schneeflocken. Er fragte sich, ob sie wohl wusste, dass der ihrer Mutter gehört hatte. Vermutlich nicht.
Und sicher hatte ihr auch niemand gesagt, wie ähnlich sie ihrer Mutter sah. Die gleichen dunkelbraunen langen Haare und betonten Augenbrauen. Diese viereckige Augenform und die undefinierbare helle Sandfarbe der mit einem dunklen Ring versehenen Iris.
Die Hundebabys wurden wach. Große Pfoten und Ohren, Bäuche und Leben, Schwänze, die wie kleine Propeller gegen die Kante des Holzkastens schlugen. Rebecka und Teddy setzten sich auf den Boden und teilten die Brote mit den Kleinen, während Sivving sich zurückzog.
»Nichts riecht so gut«, sagte Rebecka und schmiegte ihre Nase an einen Hundebauch.
»Und der ist noch nicht vergeben«, sagte Sivving. »Willst du zuschlagen?«
Der Kleine kaute mit nadelspitzen Zähnen auf Rebeckas Hand herum. Sein Fell war schokoladenbraun und so kurz und weich, dass es ihr wie glatte Haut vorkam. Die Hinterbeine waren zur Hälfte in Weiß getunkt.
Sie setzte ihn in den Kasten und erhob sich.
»Das geht nicht. Ich warte draußen.«
Sie hätte fast gesagt, dass sie zu viel arbeitete, um sich um einen Hund kümmern zu können.
Rebecka und Sivving nahmen Kartoffeln aus. Sivving ging vor ihr her und zog den Strunk mit seiner gesunden Hand aus dem Boden. Rebecka lief mit der Hacke hinterher.
»Gerade graben und hacken«, sagte Sivving. »Das ist wie verhext. Sonst hätte ich Lena gebeten, sie kommt jetzt am Wochenende mit den Jungs.«
Lena war seine Tochter.
»Ich tu das doch gern«, sagte Rebecka.
Sie zog die Hacke durch den lockeren Sandboden und las dann die Mandelkartoffeln auf, die sich vom Strunk gelöst hatten und noch in der Erde steckten.
Teddy lief mit einem Auerhahnflügel an einer Schnur auf der Wiese hin und her und spielte mit den Welpen. Ab und zu reckten Rebecka und Sivving ihre Rücken und schauten zu ihnen hinüber. Es war wirklich zum Lachen. Teddy mit der Hand, die die Schnur hoch über ihm in der Luft hielt, er sprang johlend mit angezogenen Knien auf und ab. Die Welpen jagten mit ihrer ganzen ungezügelten Jagdlust wie eine Meute hinter ihm her. Bella lag auf der Seite im Gras und wärmte sich in der Herbstsonne. Hob ab und zu den Kopf, um nach einer lästigen Bremse zu schnappen oder nach ihren Kleinen zu sehen.
Ich bin natürlich nicht normal, dachte Rebecka. Kann nicht mit gleichaltrigen Arbeitskollegen umgehen, aber bei einem alten Mann und einem Zurückgebliebenen, ja, da habe ich das Gefühl, ich selbst zu sein.
»Ich weiß noch, als ich klein war«, sagte sie. »Wenn ihr Erwachsenen die Kartoffeln ausgenommen hattet, gab es abends auf dem Feld immer ein Feuer. Und wir Kinder durften die übrig gebliebenen Kartoffeln backen.«
»Außen schwarz verbrannt, am Rand ein bißchen weich, innen roh. Das weiß ich auch noch. Und wenn ihr dann reingekommen seid. Verrußt und mit Lehm beschmiert von Kopf bis Fuß.«
Rebecka lachte bei dieser Erinnerung. Sie hatten gelernt, vor dem Feuer Respekt zu haben, eigentlich durften Kinder gar keins machen. Aber der Abend nach der Kartoffelernte war eine Ausnahme. Dann gehörte das Feuer ihnen. Rebecka, ihren Vettern und Kusinen und Sivvings Kindern Mats und Lena. Sie saßen am dunklen Herbstabend vor dem Feuer und schauten in die Flammen. Stocherten mit Stöckchen darin herum. Kamen sich vor wie Indianer in einem Jungenbuch.
Erst gegen zehn, elf Uhr abends gingen sie hinein zur Großmutter, das war ja fast schon mitten in der Nacht. Glücklich und verschmutzt. Die Erwachsenen waren schon längst in der Sauna gewesen und saßen beim Abendkaffee. Die Großmutter und Onkel Affes Frau Inga-Lill und Sivvings Frau Maj-Lis tranken allerdings Tee. Sivving und Onkel Affe zogen
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