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Rebecka Martinsson 03 - Der schwarze Steg

Rebecka Martinsson 03 - Der schwarze Steg

Titel: Rebecka Martinsson 03 - Der schwarze Steg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Åsa Larsson
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anderen, sein Blick irrte umher. Als er Anna-Maria begrüßte, packte er ihre Hand.
    »Ich bin so nervös«, sagte er. »In solchen Situationen bin ich der pure Waschlappen.«
    Anna-Maria war von seiner Aufrichtigkeit entwaffnet. Sie war Männer, die ihre Schwächen zugaben, einfach nicht gewöhnt. Sie verspürte den Wunsch, das Richtige zu tun, konnte aber nur murmeln, sie könne verstehen, wenn es ihm schwerfalle.
    Mauri Kallis war kleiner, als sie erwartet hatte. Nicht so klein wie sie selbst natürlich, aber trotzdem. Als sie ihn jetzt in Wirklichkeit sah, staunte sie über seine beherrschte Körpersprache. Das wurde neben dem rastlosen Diddi so deutlich. Mauri sprach mit ruhiger und ziemlich leiser Stimme. Von seinem Kiruna-Akzent war keine Spur mehr vorhanden.
    »Ich will sie sehen«, sagte er.
    »Ja, natürlich«, sagte Anna-Maria Mella. »Und danach würde ich gern ein paar Fragen stellen, wenn Ihnen das recht ist.«
    »Wenn Ihnen das recht ist«, dachte sie. Hör auf, so zu kriechen.
    Der Sicherheitschef begrüßte die Polizisten, und bald zeigte sich, dass er früher selber bei der Polizei gearbeitet hatte.
    Er verteilte seine Visitenkarten. Tommy Rantakyrö steckte seine in die Brieftasche. Anna-Maria unterdrückte den Impuls, sie in den Papierkorb zu werfen.
     
    Die Obduktionstechnikerin Anna Granlund hatte Inna Wattrang in die Kapelle gebracht, da Angehörige erwartet würden. Es gab hier keine religiösen Symbole. Es gab nur einige Stühle und einen leeren Altar.
    Die Leiche war bedeckt mit einem weißen Tuch, man musste den Angehörigen die Stich- und Brandwunden nicht zeigen. Anna-Maria schlug das Tuch vom Gesicht zurück.
    Diddi Wattrang nickte und schluckte. Anna-Maria sah, wie Sven-Erik fast unmerklich hinter ihn trat, um ihn bei einem eventuellen Zusammenbruch aufzufangen.
    »Das ist sie«, sagte Mauri Kallis traurig und holte tief Luft.
    Diddi Wattrang fischte eine Packung Zigaretten hervor und zündete sich eine an. Niemand sagte etwas. Es war nicht ihre Aufgabe, hier das öffentliche Rauchverbot durchzusetzen.
    Der Sicherheitschef ging um die Bahre herum und hob das Tuch an, musterte Inna Wattrangs Arme, ihre Füße, verweilte eine Sekunde bei der bandförmigen Verletzung um den Knöchel.
    Mauri Kallis und Diddi Wattrang folgten seinem Beispiel, aber als der Sicherheitschef das Tuch in Höhe ihrer Hüften und ihres Geschlechts hob, wandten beide sich ab.
    »Ich glaube nicht, dass die Gerichtsmedizin das zu schätzen weiß«, sagte Anna-Maria.
    »Ich fasse sie nicht an«, sagte der Sicherheitschef und beugte sich über ihr Gesicht. »Ganz ruhig, wir sind auf derselben Seite.«
    »Vielleicht könnten Sie draußen warten«, sagte Anna-Maria.
    »Sicher«, sagte der Sicherheitschef. »Ich bin fertig.«
    Er ging hinaus.
    Auf einen Wink Anna-Marias ging Sven-Erik Stålnacke hinterher. Sie wollte verhindern, dass der Sicherheitschef in der Gerichtsmedizin herumstromerte.
    Diddi Wattrang blies sich den Pony aus dem Gesicht und kratzte sich mit der Hand, die die Zigarette hielt, an der Nase. Anna-Maria fürchtete schon, er könnte sich die Haare versengen.
    »Ich warte draußen«, sagte er zu Mauri Kallis. »Ich bring das hier nicht.«
    Er ging hinaus. Anna-Maria wollte gerade Inna Wattrangs Gesicht wieder zudecken.
    »Könnten Sie noch einen Moment warten«, bat Mauri Kallis.
    »Ihre Mutter möchte sie einäschern lassen, das ist also das letzte Mal …«
    Anna-Maria trat einen Schritt zurück.
    »Darf ich sie berühren?«
    »Nein.«
    Nur sie beide befanden sich noch im Raum, Mauri Kallis lächelte. Und dann sah er aus, als ob er als Nächstes in Tränen ausbrechen würde.
     
    Zwei Wochen vergehen. Mauri hat Diddi in den Schnee hinausgestoßen, und auf der Handelshochschule lässt Diddi sich nicht blicken. Mauri redet sich ein, dass ihm das egal ist.
    »Woran denkst du?«, fragt seine Freundin. Sie ist so schlicht, dass es fast nicht zu ertragen ist. »Ich denke daran, wie wir uns kennengelernt haben«, antwortet er. Oder: »Daran, wie niedlich du bist, wenn du lachst. Du darfst nur über meine Witze lachen, weißt du.« Oder: »An deinen Hintern. Komm zu Papa!« Auf diese Weise bleibt ihnen ihr »Liebst du mich?« erspart. Da verläuft für ihn die Grenze zur Lüge. Ansonsten kann er lügen und sich verstellen. Aber es ist seltsam, dass es so schwer ist, diese Frage mit Ja zu beantworten und ihr in die Augen zu schauen und auszusehen, als meine er, was er da sagt.
    Dann kommt eines Abends Inna

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