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Rebecka Martinsson 03 - Der schwarze Steg

Rebecka Martinsson 03 - Der schwarze Steg

Titel: Rebecka Martinsson 03 - Der schwarze Steg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Åsa Larsson
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ich ihre Großmutter in mir habe.
    Eigentlich will niemand das wissen. Die Tante auch nicht.
    Ich bin drei Jahre alt. Ich sitze auf dem Schoß der Tante am Küchentisch. Die Tante und Vater gehen einander seit fast zwei Wochen schrecklich auf die Nerven, und Vater und Antte sind in die Berge gefahren. Die Tante hat ein Zugticket bestellt und ihren Koffer gepackt. Jetzt zeigt sie mir Bilder. Dieser Mann hat ein großes Segelboot. Sie zeigt Bilder vom Boot.
    »Es liegt im Mittelmeer«, erzählt sie.
    Sie wollen zu den Kanarischen Inseln fahren.
    »Das weiß ich noch«, sage ich. »Hier hast du gesessen und geweint.«
    Ich zeige auf den Vordersteven.
    Die Tante lacht. Das will sie nicht hören. Jetzt hat Ester keine Begabung.
    »Daran kannst du dich nicht erinnern, Kleine. Ich habe noch nie einen Fuß in dieses Boot gesetzt. Das ist das erste Mal.«
    Mutter wirft mir einen kurzen, mahnenden Blick zu. Sie wollen es nicht wissen, soll das heißen. Dass man sich vorwärts- und rückwärtserinnern kann. Die Zeit geht in beide Richtungen.
     
    Mauri will es auch nicht wissen, dachte Ester und legte sich die Stange auf die Schultern. Er schwebt in Gefahr, aber es hätte keinen Sinn, ihm das zu erzählen.
    »Du könntest mich malen«, sagte er lächelnd.
    Das stimmt, dachte Ester. Ich könnte ihn malen. Das ist das einzige Bild, das ich in mir habe. Ansonsten ist Schluss mit den Bildern. Aber dieses Bild will er nicht sehen. Es liegt seit unserer ersten Begegnung in mir.
     
    Inna erwartet mich und die Tante auf Regla in der Tür. Umarmt die Tante, als ob sie Schwestern wären. Die Tante wirkt gleich weniger verkrampft. Ihr schlechtes Gewissen mir gegenüber lockert sich, nehme ich an.
    Ich fühle mich dort gar nicht wohl in meiner Haut. Bin für alle eine Last. Ich kann nicht malen. Kann mich nicht selbst ernähren. Weiß nicht, wohin sonst. Und da ich nicht dort sein will, verschwinde ich die ganze Zeit. Das lässt sich nicht vermeiden. Als meine Füße auf dem Weg zu Inna über zwei Teppiche gehen, bin ich zwei Weber, ein Mann, der immer wieder die Zunge durch eine Zahnlücke schiebt, und ein Junge. Ich streife eine Wandtäfelung, ich bin der Schreiner mit der schmerzenden Hüfte, der das Holz zurechthobelt. All diese Hände, die gedrechselt, gewebt, genäht, geschnitzt haben. Ich werde so müde, und ich kann mich nicht zusammenhalten. Ich zwinge mich dazu, Inna die Hand zu reichen. Und ich sehe sie. Sie ist dreizehn und schmiegt ihre Wange an die ihres Vaters. Alle sagen, dass sie ihn um den kleinen Finger wickelt, aber ihre Augen sind so durstig.
    Inna führt uns umher. Es ist fast unmöglich, die vielen Zimmer zu zählen. Die Tante schaut sich beeindruckt um. Die vielen alten Möbel aus altem Holz mit verschnörkelten Beinen. Die blauen, chinesisch gemusterten Krüge auf dem Boden.
    »Was für ein Haus«, flüstert sie mir zu.
    Das Einzige, was der Tante Probleme macht, ist, dass die Hunde von Mauris Frau überall frei herumlaufen und auf die Möbel springen dürfen. Sie muss sich schrecklich zusammenreißen, um sie nicht am Nacken zu packen und aus der Tür zu werfen.
    Ich gebe keine Antwort. Sie will, dass ich mich darüber freue, dass ich herkommen darf. Aber ich kenne diese Menschen nicht. Sie sind nicht meine Familie. Ich bin hierher verfrachtet worden.
    Plötzlich klingelt Innas Telefon. Als sie auflegt, sagt sie, dass ich jetzt meinen Bruder kennenlernen muss.
    Wir gehen zu seinem kombinierten Schlaf- und Arbeitszimmer. Er trägt einen Anzug, obwohl er doch hier zu Hause ist.
    Die Tante reicht ihm die Hand und dankt ihm, weil er sich um mich kümmert.
    Und er lächelt mich an. Und sagt »selbstverständlich«. Zweimal sagt er das und schaut mir in die Augen.
    Und ich muss zu Boden starren, weil ich mich so freue. Und ich denke, dass er mein Bruder ist. Und dass ich jetzt bei ihm einen Platz habe.
    Und dann nimmt er mein Handgelenk, und da …
    Da gibt der Fußboden nach. Die dicken Teppiche wölben sich wie eine Seeschlange, um mich loszuwerden. Sie stechen unter meinen Füßen. Ich brauche einen Halt, ein schweres Möbelstück. Aber ich schwebe schon unter der Decke.
    Das Fensterglas prasselt ins Zimmer wie schwerer Regen. Ein schwarzer Wind saugt die Vorhänge an und reißt sie in Fetzen.
    Ich habe mich selbst verloren.
    Das Zimmer wird fast stockdunkel und schrumpft. Es ist ein anderes Schlafzimmer, vor langer Zeit. Ein dicker Mann liegt in einem Bett auf einer Frau. Die Matratze ist nicht bezogen, sie ist nur

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