Rebella - Alpenblues & Huettenflirt
Stadtbesuch ganz aus dem Häuschen war. Das Quartett war sich in seiner Verehrung für Toni so ähnlich wie ein Schwarm Spatzen, der um ein trockenes Brötchen herumhüpfte. Sara schüttelte den Kopf und fragte sich, wie um alles in der Welt sich Theresa abheben und Toni für sich ganz allein gewinnen wollte. Fast dankbar wandte sie sich Luca zu: »Machen wir nachher gemeinsam die Großstadt unsicher?« Luca grinste: »Logo, wir räubern die Supermärkte aus, überfallen einsame Omas und plündern die Kirchen, oder an was dachtest du?«
Kurz bevor sie die angekündigte Großstadt erreichten und sich am Waldrand versammelten, um die letzten Verhaltensregeln aufgebrummt zu bekommen, forderten die Mädchen eine Pause. Und zwar eine ganz ausgiebige. Oder sie würden sich im nächsten Fünf-Sterne-Hotel einmieten, und zwar für mindestens drei Nächte inklusive Wellnessprogramm und Schlammpackung (Sofia). Oder sie würden direkt in das nächste Schwimmbad gehen, um endlich mal wieder endlos lange heiß zu duschen (Jenny). Oder zumindest würden sie das örtliche Heimatmuseum überfallen und stundenlang die Klos blockieren (Theresa).
»So kann ich mich doch nirgends zeigen. Echt, Frau Neuhaus, das ist undenkbar. Wie sehen wir denn aus? Die Stadt lässt die Tore schließen oder sperrt uns direkt ins nächste Gefängnis. Was glauben Sie, was die Einheimischen von uns denken!« Die Vorstellung, vor dem Stadtbesuch nicht wenigstens noch einmal in einen Spiegel geschaut zu haben, war für Theresa unerträglich. Und dass es dann nicht bei einem Blick bleiben würde, sondern umfassende Schönheitskorrekturen unumgänglich sein würden, war auch klar.
Nele schüttelte den Kopf. »Wir sehen eben aus, als hätten wir ein paar anstrengende Tage hinter uns, na und? Das ist in Ordnung, wirklich, da kräht kein Hahn danach. Das ist nicht Düsseldorf oder Hamburg, die sind das hier gewöhnt.«
Daniel prustete etwas von »Nee, so zerzauste Hennen, wie ihr es seid, da stürzen sich die Hähne lieber vom Kirchturm, bevor sie …« Ausgerechnet Daniel sagte das, dessen Haare heute aussahen, als hätten besagte Hühner darin gebrütet. Sara warf ihm einen vernichtenden Blick zu.
»Sei still, du machst es nur noch schlimmer«, schimpfte sie, und tatsächlich verschränkte Sofia demonstrativ die Arme vor der Brust und Jenny zog ein bockiges Gesicht. Theresa setzte entschlossen ihren Rucksack ab und kramte nach dem Schminktäschchen. Dann verkündete sie: »Ich geh keinen Schritt weiter!«
Bevor sich die Fronten verhärten konnten – Leo, Frau Neuhaus und Nele wollten einfach nur so schnell wie möglich weiter, Daniel, Benno und Tim wollten unbedingt so schnell wie möglich in die Stadt, um noch verschiedene Besorgungen erledigen zu können –, meinte Marisa versöhnlich: »Also wirklich, wir sind so schnell den Berg heruntergerannt, dass wir gleich einen Wackelkontakt bekommen. Ich finde, wir haben genug Zeit aufgeholt. Es ist absolut zumutbar, dass ihr FÜNF Minuten wartet, bis wir wieder einigermaßen vorzeigbar sind.«
Wenn Sara ehrlich war, fühlte sie sich überhaupt nicht wohl dabei, im Stadtstreicherlook durch eine Fußgängerzone zu laufen. Die ganzen schicken Feriengäste würden die Nasen rümpfen. Sie rochen schlimmer als ein ganzer Kuhstall und sahen aus, als hätten sie Wochen in Erdlöchern gehaust. Sara zupfte sich demonstrativ ein Blatt aus den Haaren. »Nur ein bisschen bürsten und pudern, ja? Sonst laufe ich nicht weiter.«
Nele schaute sie an, als hätte sie statt Blättern Schlangen in den Haaren. ›Verräterin‹ stand in ihr Gesicht geschrieben. Dafür erntete Sara ausgerechnet von Theresa ein zustimmendes Nicken. Herrje, sie konnte es einfach niemandem recht machen. Als nun Nico seinen Rucksack absetzte, einen Kamm mit vielen Lücken zückte, sich geziert durch die Haare fuhr und mit affektiertem Ton »Was muss, das muss, und Aufbrezeln ist Menschenrecht« flötete, war der Bann gebrochen. Aufatmend kämmten, bürsteten, puderten und parfümierten sich die Mädchen und verwandelten die Wiese in einen Outdoor-Kosmetiksalon. Die Jungs wurden gleich mit einbezogen, damit sich niemand für sie schämen musste.
»Sonst greifen sie euch als herrenlose Streuner auf, und wir retten euch nicht, weil wir nichts mit solchen Jammergestalten wie euch zu tun haben wollen«, erklärte Marisa dem verwirrten Tim, der absolut nicht verstehen konnte, weshalb er sein T-Shirt, das er seit drei Tagen trug, ausgerechnet jetzt
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