Rebella - Verliebt oder was?
Schreck. Sie hat nach
unserem letzten Gespräch gar nicht mehr mit mir da rüber
geredet. Hat sie sich nicht getraut, davon anzufangen? War
ich zu viel mit meinen eigenen Problemen beschäftigt?
»Willst du dir das nicht wenigstens noch ein bisschen
überlegen?«
Lynn schüttelt energisch den Kopf. »Ich habe keine Lust
auf eine Freundschaft, wenn ich nicht mal weinen muss,
wenn Schluss ist. Verstehst du?«
Obwohl ich mich nie wieder so fühlen will wie in den vergangenen
Tagen, verstehe ich Lynn.
»Und jetzt?«, frage ich.
»Ich rufe ihn gleich an, um zu hören, ob er heute Nachmittag
kurz Zeit hat. Jetzt habe ich mich dazu entschieden, dann
will ich die Sache auch so schnell wie möglich hinter mich
bringen.«
Ich reibe mir die Augen. Von dem vielen Rumgeheule
jucken sie wie wild. Ich habe mal irgendwo gelesen, dass kalte
Teebeutel gut sind gegen Augenringe, und frage mich, ob das
auch bei Juckreiz hilft.
»Also sind wir ab morgen beide wieder Single?«, sage ich
leise und lache.
Lynn zuckt mit den Schultern. »Eigentlich sind wir die
ganze Zeit Singles gewesen, Marie. Da war doch nicht wirklich
etwas, womit wir jetzt Schluss machen müssten?«
Ich schlucke ein paarmal hintereinander, um die Tränen
zu unterdrücken, die mir schon wieder kommen.
Wenn es nichts gibt, womit ich Schluss machen muss, warum
fühlt es sich dann an, als würde ich etwas verlieren?
Ich habe mich schon hundertmal entschuldigt, aber ich weiß
immer noch nicht, ob zwischen mir und Nick wieder alles
in Butter ist. Wir sitzen bei ihm im Garten und er hat mich
bisher kaum angesehen.
Er fummelt ein wenig an dem Etikett seiner Limoflasche
herum und schaut alle paar Sekunden, wie viel noch darin ist. Mir hat er bisher nichts zu trinken angeboten, ob wohl es
irre heiß ist.
Gleich gehe ich, sage ich mir selbst. Ich habe es satt, mich
ständig verteidigen zu müssen. Ich habe mich mehrmals entschuldigt.
Mehr kann ich nicht tun.
»Mir tut es auch ein wenig leid«, sagt Nick plötzlich. »Vielleicht
habe ich zu sehr auf meiner Meinung beharrt.«
Er schweigt eine Weile.
»Aber du musst mich auch verstehen. Eigentlich hast du
genau dasselbe getan wie Chris. Statt den Streit mit Raoul
auszutragen, bist du geflüchtet. Vielleicht habe ich meine Wut
auf Chris an dir ausgelassen.«
Jetzt schweige ich. So hatte ich es noch gar nicht gesehen.
Vor ein paar Tagen war ich noch mit Nick einer Meinung,
wie blöd es war, dass Chris nicht mehr mit ihm reden wollte,
und jetzt mache ich es genauso.
»Tut mir leid«, sage ich noch mal.
Nick zwinkert mir zu. »Das ist schon in Ordnung, Marie.
Wenn du nicht mit Raoul reden willst, verstehe ich das.«
»Ich rede mit ihm. Oder, na ja, jedenfalls möchte ich das.«
Nick sieht mich erstaunt an.
»Du hattest recht«, sage ich. »Ich muss aus seinem Mund
hören, warum er sie geküsst hat.«
Langsam nickt er. »Vielleicht wird dann doch noch alles
gut.«
Ich lächele ihn kurz an. Ich glaube absolut nicht, dass noch
alles gut wird, aber das sage ich lieber nicht laut.
»Übrigens«, fällt Nick ein. »Du bist nicht die Einzige, die
sich aussprechen will. Chris hat mir gestern eine SMS geschickt.
«
Ich setze mich überrascht auf. Warum erzählt er mir das
erst jetzt?
»Echt? Was hat er gesimst?«
»Dass er mich vermisst und dass wir schon gemeinsam
eine Lösung finden.«
Zum ersten Mal seit Tagen lacht Nick wieder richtig. Seine
Augen lachen mit.
»Alles wird gut, Marie.«
Ich weiß nicht, ob er nun sich meint oder Raoul und mich,
aber ich nicke.
»Alles wird gut.«
Es ist noch nicht mal halb zehn, als ich mich ausziehe und
in meinem Schlafshirt unter die Laken krieche. Mir ist überhaupt
nicht kalt, aber ich bibbere am ganzen Körper. Ich bin
erschöpft und könnte tagelang schlafen.
Morgen sehe ich Raoul. Ich habe ihm heute Abend eine
SMS geschickt, dass ich mit ihm reden möchte, und sofort
eine Antwort bekommen.
Ich hoffe, es geht dir gut, verstehe
nicht, warum du dich so lange nicht gemeldet hast.
Ich schlage die Arme um meine hochgezogenen Knie und
presse die Augen fest zu. Ich wollte, ich könnte meine Gedanken
eine Stunde lang ausschalten. Ich kann nicht aufhören,
mir auszumalen, was Raoul sagen wird. Wie soll ich reagieren, wenn er mir erklärt, dass er in Julia verliebt ist? Was soll ich
tun, wenn er sagt, ich solle mich nicht so anstellen, weil das,
was wir hatten, doch nichts bedeutet hat? Was, wenn er mich
auslacht, wenn ich anfange zu weinen? Und was tue ich – in
dem wirklich
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