Rebella - Verliebt oder was?
noch nach Hause gebracht habe. Wenn Marie das hört,
glaubt sie natürlich niemals, dass da nichts gelaufen ist.
Ich frage mich, warum ich Marie überhaupt nach Hause
bringe. Das war Tims Idee, ich hätte auch Nein sagen können.
Das wäre Marie bestimmt nur recht gewesen.
Sie könne auch allein nach Hause fahren, hat sie gesagt.
Sie hat mich knallhart abgewiesen, vor all meinen Freunden.
»Du sollst nicht allein fahren, hat deine Mutter gesagt«, hat
Lynn noch gerufen. Ich weiß nicht, ob ich es richtig gesehen
habe, aber ich glaube, sie hat Marie dabei zugezwinkert.
»Ich bringe dich gern kurz nach Hause. Es sei denn, du
möchtest nicht, dass …«
»Das will Marie bestimmt«, unterbrach mich Lynn. »Oder?
Marie?«
Marie sah mich ganz kurz an, aber sie lächelte kaum.
»Hmm«, sagte sie und drehte sich um.
Ich wusste nicht mehr, was ich tun sollte. War das ein
›Hmm-ja‹ oder ein ›Hmm-nein‹? Automatisch sah ich zu
Lynn, die abwinkte. »Jetzt mach schon«, flüsterte sie. »Sonst
ist sie weg.«
»Das gibt Ärger zu Hause«, sagt Marie plötzlich.
Ich falle fast vom Rad. Das ist das Erste, was sie heute
Abend zu mir sagt, und es ist nicht mal was Gemeines.
»Das kenne ich«, erwidere ich erleichtert. »Bei mir zu Hause
sind sie auch so. Ruf deine Mutter doch kurz an. Dann weiß
sie schon mal, dass du unterwegs bist.«
Habe ich das wirklich gesagt? Ruf deine Mutter doch kurz
an? Bestimmt lacht sie mich jetzt volle Kanne aus. Aber stattdessen
sagt sie einfach: »Ach. Ich bin ja gleich da.«
Den ganzen Abend habe ich gedacht, ich hätte Marie am
Samstagabend falsch eingeschätzt und sie wäre genauso
zickig wie Saskia und Wendy, die einen sofort abschreiben,
wenn man was tut, das ihnen nicht gefällt. Aber Marie ist
überhaupt nicht so. So war sie Samstag nicht und so ist sie
jetzt auch nicht.
»Hey«, sage ich. »Mach dir bloß nichts aus all den Scherzen
heute Abend, ja?«
»Nein, natürlich nicht«, entgegnet Marie lässig.
»Dann ist gut.« Ich schweige einen Moment lang. »Dass
Benjamin mich aufzieht, verstehe ich ja noch. Das mache
ich auch immer bei ihm, wenn ihm jemand gefällt. Aber was
diese Saskia sich einbildet, weiß ich nicht. Ich kenne sie nicht
mal.«
Marie sieht mich erstaunt an. »Das Mädchen, das fast bei
Tim auf dem Schoß saß?«, fragt sie.
»Ja, sie ist ganz schön aufdringlich«, sage ich. »Verstehst
du, was Tim an ihr findet?«
Marie schüttelt den Kopf. »Keine Ahnung. Aber ich verstehe
zum Beispiel auch nicht, was Lynn an Jasper findet.«
»Hohoho«, reagiere ich lachend. Das gefällt mir, dass sie
einfach sagt, was sie denkt. Gespielt verletzt setze ich hinzu:
»Pass ja auf, Jasper ist einer meiner allerbesten Freunde.«
»So habe ich es nicht gemeint.«
»Macht nichts. Ehrlich gesagt verstehe ich auch nicht, was
Jasper an Lynn findet.«
»Hey!« Ihre Stimme überschlägt sich. »Sie ist meine beste
Freundin!«
»So habe ich das doch nicht gemeint«, ahme ich sie nach.
»Nein, im Ernst, Lynn ist voll nett, aber sie ist mir viel zu
anwesend.«
Marie runzelt die Stirn. »Und du hast lieber jemanden,
der … abwesend ist?«
Ich verkneife mir gerade noch rechtzeitig das Lachen. Ich
will sie wirklich nicht auslachen, aber sie ist manchmal so
verwirrt. »So ungefähr, ja.«
Kurz vor einer Kurve bremst sie langsam ab. »Da wohne
ich«, sagt sie.
»Weiß ich.« Ich stoppe mein Rad mit den Füßen.
Sie sieht mich erstaunt an. Ihr Haar ist vom Radfahren
ganz zerzaust. Das steht ihr eigentlich viel besser als das glatte
Haar, das sie heute Abend hatte.
»Von Josse«, sage ich. »Der wohnt doch auch hier?«
Ihr Handy klingelt. Umständlich versucht sie, den Anruf
noch in der Hosentasche wegzudrücken. Warum geht sie
nicht einfach ran?
»Ich, äh …«
Und dann verstehe ich es. »Schon klar.«
Ich beuge mich vor und gebe ihr einen Kuss auf den Mund.
Sie schmeckt nach Cola, Pfefferminz und Labello. Ganz
schnell fahre ich mit der Zunge über ihre Unterlippe und mit den Händen durch ihre Haare. Am liebsten würde ich sie jetzt
fest umarmen, aber ich bin sicher, dass ich mich dann mit
meinem Rad verknote. Als ihr Telefon zum zweiten Mal klingelt,
lasse ich sie los und zwinkere ihr zu.
»Bestell Josse schöne Grüße.« Ich fahre weg.
Als ich mich umschaue, sehe ich, dass sie noch immer da
steht, das Rad an sich gelehnt.
Ich weiß nicht, woher es kommt, aber plötzlich habe ich
total gute Laune.
Meine Mutter hat sich heute Morgen schon wieder beschwert,
sie
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