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Rebellen der Ewigkeit

Rebellen der Ewigkeit

Titel: Rebellen der Ewigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerd Ruebenstrunk
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wusste zwar nicht, weshalb, aber Tatsache war, dass er seinem Chef widersprochen hatte, als der befahl, sie und Willis aus dem Weg zu räumen.
    Sie warf einen Blick auf Willis, der neben ihr auf dem Rücksitz des Geländewagens saß. Er schien abwesend und tief in Gedanken versunken. Sie hätte gerne seine Hand ergriffen, aber das war ihr natürlich nicht möglich. Also lehnte sie ihren Oberkörper ein wenig mehr zu ihm hin, bis sie seine Schulter berührte. Ein leichter Gegendruck zeigte ihr, dass er es bemerkt hatte.
    Sie hatten die halbe Stadt durchquert und waren jetzt im alten Hafenviertel angekommen. Valerie kannte die Gegend gut, denn die Columbus-Klinik, in der sie Klavier spielte, war nicht weit von hier entfernt. Vor sich sah sie die blauen Lichter eines Ladeterminals, wo Arbeiter ein Containerschiff beluden. Eine Sattelschlepperzugmaschine kam ihnen entgegen. Die Menschen waren so nah und doch zugleich so weit entfernt.
    Maggiore bog auf einen Seitenkai ab, der vom Terminal wegführte. Die Beleuchtung war hier spärlicher. Der Wagen machte auf dem Kopfsteinpflaster kleine Hüpfer, und Valerie hielt ihre Hände in die Luft, um nicht unnötig daranzustoßen. Die Schmerzen waren zwar noch nicht zurückgekehrt, aber sie wollte kein Risiko eingehen.
    Rechts von ihnen lag ein altes Warenhaus. Dahinter ragten im Licht der Scheinwerfer vier verrostete Stahlträger auf, hinter denen Maggiore den Wagen anhielt. Er stellte den Motor ab und drehte sich zu ihnen um.
    »Wir werden jetzt alle drei aussteigen und da drüben unter den Kran gehen«, sagte er. Valerie fragte sich, was er damit meinte. Erst als ihr Willis aus dem Wagen half, erkannte sie, dass die rostigen Metallpfeiler die Beine eines alten Hafenkrans waren.
    Das Aussteigen gestaltete sich schwierig, da sie ihre Hände nicht benutzen konnte, und sie wäre fast auf das Pflaster gesackt, wenn Willis sie nicht aufgefangen hätte. Er fasste sie unter und ging mit ihr auf Maggiore zu, der bereits mit gezogener Waffe unter dem Kran wartete.
    Der leichte Wind wehte den Nieselregen auch hierhin. Eine Lampe an der Kaimauer warf einen matten Schein über das regennasse Pflaster, der sich bis zu ihnen erstreckte.
    Der Hüne deutete auf eines der rostigen Stahlbeine. »Setz dich da hin«, sagte er zu Valerie. Dann winkte er Willis zu einem der anderen Pfeiler.
    Valerie fragte sich, ob Willis auf der Fahrt einen Plan ausgebrütet hatte. In einer direkten Auseinandersetzung hatte er sicher keine Chance gegen den durchtrainierten Mann. Aber vielleicht hatte er ja etwas anderes vor.
    »Setz dich«, forderte Maggiore ihn auf, als sie den Pfeiler erreicht hatten. Langsam ließ sich Willis in die Hocke gleiten. Mit ein paar schnellen Schritten stand der Mann hinter ihm. »Hände nach hinten!«, kommandierte er.
    Willis tat so, als leiste er seinen Worten Folge. Er hob die Arme. Doch statt sie auszustrecken, warf er sie zur Seite und sprang auf. Mit ein paar Sätzen war er hinter dem Geländewagen verschwunden.
    Maggiore schien das nicht zu überraschen. Anstatt ihn zu verfolgen, trat er vor Valerie und setzte ihr seine Pistole an die Stirn.
    »Entweder du bist hier, wenn ich bis drei gezählt habe, oder ich erschieße deine Freundin«, rief er.
    »Das tun Sie doch sowieso!«, antwortete Willis, der die Deckung des Fahrzeugs nicht verließ. »So gibt es wenigstens einen Zeugen. Sie werden nicht ungeschoren davonkommen!«
    Valerie spürte das kalte Metall an ihrer Stirn. Sie hoffte, dass Willis nur bluffte. Er würde sie doch nicht hier mit dem Killer allein lassen? Andererseits war das, was er sagte, richtig. Sie würde auf jeden Fall sterben. Vielleicht konnte er auf diesem Weg noch sein Augenlicht retten.
    »Eins!«, rief Maggiore ungerührt.
    Valerie schloss die Augen. Das war es also. Es war aus. Sie hatte sich ihr Ende immer anders vorgestellt. Wie genau, das wusste sie nicht, aber nicht so, im Nieselregen an einen rostigen Stahlpfeiler gelehnt, mit zerschossenen Händen und einer Kugel im Kopf.
    »Zwei!«
    Ihre Nerven waren zum Zerreißen gespannt. In ihren Fingerspitzen setzte ein leichtes Pochen ein. Offenbar ließ die Wirkung des Schmerzmittels nach. Aber das war jetzt auch egal. In zwei Sekunden würde sie überhaupt nichts mehr spüren.
    »Drei!«
    Ihr tat nur ihre Mutter leid. Sie hatte zwar den Vorschuss von Tempus Fugit für ihre Operation zur Verfügung, aber das Geld würde nicht reichen. Und wer sollte sich um sie kümmern, wenn sie nicht mehr aus dem Bett kam?

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