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Rebellen: Roman (German Edition)

Rebellen: Roman (German Edition)

Titel: Rebellen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Schorlau
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er.
    Ein Gespenst geht um in Europa – das Gespenst des Kommunismus. Alle Mächte des alten Europa haben sich zu einer heiligen Hetzjagd gegen dies Gespenst verbündet, der Papst und der Zar, Metternich und Guizot, französische Radikale und deutsche Polizisten.
    Damals wurde ihm klar, wie ungebildet Paul war. Der lasden Text langsam und indem er dem Text Wort für Wort mit dem Zeigefinger folgte. Er hatte keine Ahnung, wer Metternich war. Guizot – das hatte allerdings auch Alexander damals nichts gesagt.
    Er hatte sich für seinen Freund geschämt. Er erinnerte sich noch genau, wie Mischa etwas über die Weimarer Republik erzählte und plötzlich in das fragende Gesicht von Paul sah.
    Weimarer Republik – nie gehört.
    Liebknecht, Bebel, Ebert – sagt mir nichts.
    Kurz danach organisierte Mischa eine zweite Schulung. Erhard Lucas, ein Doktorand, unterrichtete die fünf Lehrlinge nun in Geschichte; vor allem in der Geschichte der Arbeiterbewegung. Er besorgte ihnen die Werke von Franz Mehring, sie studierten Friedrich Engels’ »Geschichte des Urchristentums«, und Erhard berichtete von seinen Forschungen über den Kapp-Putsch im Ruhrgebiet.
    Das »Kommunistische Manifest« mochten sie nicht besonders. Der Ton sei zu angeberisch, sagte Paul; zu pathetisch, sagte Alexander.
    Zu viele Fremdwörter, fand Paul.
    Aber ein paar starke Passagen hatte es schon: Die Waffen, womit die Bourgeoisie den Feudalismus zu Boden geschlagen hat, richten sich jetzt gegen die Bourgeoisie selbst.
    Aber die Bourgeoisie hat nicht nur die Waffen geschmiedet, die ihr den Tod bringen; sie hat auch die Männer gezeugt, die diese Waffen führen werden – die modernen Arbeiter, die Proletarier.
    Damit seid ihr gemeint, sagte Mischa.
    Eine kleine ungemütliche Pause entstand. Fünf Lehrlinge starrten den bärtigen Studenten an, der sie lächelnd ansah.
    So langsam dämmerte es Paul. Er stand nicht auf der untersten Sprosse der Leiter. Das Heimkind, das dankbar zu sein hatte, dass es Feinmechaniker werden durfte.
    Er war ein Auserwählter.

    Vielleicht.
    Die Proletarier haben nichts in ihr zu verlieren als ihre Ketten. Sie haben eine Welt zu gewinnen.
    Das fanden alle übertrieben. Sie fühlten keine Ketten. Sie wollten aufbrechen. Eine Welt gewinnen – das schon. Mädchen kennenlernen. Etwas Besseres finden, auch wenn sie nicht genau hätten sagen können, was sie damit meinten. Sie fühlten sich frei. Sie fühlten sich nicht mehr klein und schwach.
    Sie waren die Auserwählten.
    Die Avantgarde, wie Mischa sagte.
    Schon wieder so ein Fremdwort.

43. Paul
    Mischa riss ein Fenster auf. Ein Fenster, von dem Paul nicht einmal gewusst hatte, dass es existierte.
    Sperrangelweit!
    Ein Fenster, durch das Licht und Wärme hereinströmten. Wissen, von dem er nichts geahnt hatte.
    Aber es war schwer.
    Zum Beispiel einen Satz zu verstehen, der lautete: Die Waren werden nicht durch das Geld kommensurabel. Umgekehrt. Weil alle Waren als Werte vergegenständlichte menschliche Arbeit, daher an und für sich kommensurabel sind, können sie ihre Werte gemeinschaftlich in derselben spezifischen Ware messen und diese dadurch in ihr gemeinschaftliches Wertmaß oder Geld verwandeln. Geld als Wertmaß ist notwendige Erscheinungsform des immanenten Wertmaßes der Waren, der Arbeitszeit.
    Paul klappte den Band mit dem blauen Umschlag zu.
    »Ist nicht so schwer«, sagte Mischa.
    Und er erklärte: »Alle Waren bilden Wert durch Arbeit. Arbeit wird gemessen in Zeit.«
    »Aber das hieße ja«, wandte Ryder ein, »wenn ich langsam arbeite, schaffe ich mehr Wert als mein Kollege, der doppelt so schnell schafft.«
    »Und was ist mit Angebot und Nachfrage?«, fragte Alexander und dachte plötzlich an die Firma Ditzinger.
    »Eins nach dem anderen«, sagte Mischa.

    Er blätterte in seinem Buch. Band 23 der Marx-Engels-Gesamtausgabe, Dietz-Verlag, Berlin, Ostberlin genauer gesagt.
    Was Paul und Alexander faszinierte, waren die vielen kleinen weißen Zettel, die aus Mischas Buch lugten. Stichworte standen darauf, Notizen, einzelne Wörter. Außerdem hatte Mischa etliche Passagen unterstrichen und mit Bleistift in einer akkuraten Schrift kurze Bemerkungen an den Rand geschrieben. Sie hatten noch nie jemanden gesehen, der so mit einem Buch umging.
    Wenn einer der Lehrlinge Mischa etwas fragte, dann kratzte er sich am Kopf und blätterte in dem Buch, als wäre er ein Hund, der nach einem Knochen gräbt. »Da hab ich’s doch«, sagte er dann.
    »Also, Ryder, hier hab ich die

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