Rebellin der Leidenschaft
Gnaden!«, sagte sie mit leiser, belegter Stimme.
Der Klang von Schritten im Gang ließ ihn erstarren. Er wusste, es war die Herzoginwitwe. Aus dieser Lage gab es keinen eleganten Ausweg. Er würde sie vorstellen müssen. Der Herzog knirschte mit den Zähnen.
Isobel kam herein. Leicht beunruhigt wanderte ihr Blick zwischen ihm und seinem Gast hin und her. Der Herzog glaubte, ihrer Miene ein gewisses Missfallen entnehmen zu können, was ihn ebenso störte wie die Tatsache, dass sie hier Lady Shelton traf. »Lady Shelton, die Herzoginwitwe von Clayborough«, verkündete er förmlich.
Die beiden Frauen begrüßten sich und Isobel sagte: »Würden Sie gerne den Tee mit uns einnehmen, Lady Shelton? Woodward, bringen Sie uns doch bitte ein paar Erfrischungen!«
Der Herzog unterbrach sie und nahm Nicole am Arm. »Es tut mir Leid, Mutter, aber ich sagte ja schon, wir hatten uns zum Reiten verabredet.«
Noch ehe Isobel darauf bestehen konnte, gemeinsam Tee zu trinken, führte er seinen Gast hinaus. »Es wäre doch eine Schande, diesen wunderschönen Tag nicht zu nutzen«, bemerkte er noch, wobei er daran dachte, bald das zu nutzen, was sie ihm zu bieten hatte.
»Natürlich«, stammelte Nicole, die durch diesen abrupten Aufbruch offenbar etwas aus der Fassung geraten war. Sie warf einen Blick über ihre Schulter. Der Herzog zweifelte nicht im Geringsten daran, dass seine Mutter am Eingang stand, wohl wissend, was er vorhatte, und schockiert, wie unverhohlen er es tat.
Doch auch er war einigermaßen schockiert, auch wenn sich seine Absichten deshalb nicht änderten. Nicht einen Deut.
3
Nicole versuchte noch einmal, einen Blick über die Schulter zu werfen, während der Herzog sie beharrlich die niedrigen Stufen hinab und vom Haus weg führte. Die Herzoginwitwe war den beiden nach draußen gefolgt und starrte ihnen verblüfft und missbilligend nach. Nicoles Unbehagen wuchs. Die Mutter des Herzogs war offenbar nicht sehr erfreut über das Interesse, das ihr Sohn an ihr hatte. Gewiss wusste auch sie alles über Nicoles Vergangenheit.
Doch dann vertrieben die Worte des Herzogs und seine raue, vertrauliche Stimme alle Gedanken an die Herzoginwitwe. »Ich hatte gehofft, dass Sie heute kommen würden, Nicole!«
Sie standen im Stall und er befahl einem Knecht, ihnen die Pferde zu bringen. Nicoles geweitete Augen hafteten an seiner faszinierenden Gestalt. Er hatte sie Nicole genannt! Alles passierte so schnell, es war wie ein Traum, der rasend schnell in Erfüllung ging.
In der vergangenen Nacht hatte sie kaum ein Auge zugetan. Sie hatte nur an ihn gedacht, sich jedes seiner Worte in Erinnerung gerufen. Noch nie hatte sich Nicole für einen Mann interessiert, aber jetzt verstand sie die Anziehungskraft zwischen den Geschlechtern. Und das, was sie fühlte, musste einfach Liebe sein!
»Ich hoffe, es ist Ihnen recht, wenn ich Sie Nicole nenne?«
»Wie sollte es mir nicht recht sein?«, murmelte sie. Sein Tonfall und sein Blick ließen ihren ganzen Körper prickeln.
»Gut, dann vergessen wir einfach alle Förmlichkeiten und Sie nennen mich Hadrian.«
»Hadrian«, flüsterte sie und schaffte es noch immer nicht, ihren Blick von ihm zu wenden.
Der Reitknecht brachte ihre Pferde und der Herzog trat vor, um den Sattelgurt ihres Tieres zu überprüfen. Nicole nutzte die Gelegenheit, um ihn noch einmal eingehend zu betrachten. Gestern Abend hatte er in seinem schwarzen Anzug sehr forsch und unbestreitbar männlich gewirkt, heute wirkte er sogar noch männlicher. Seine aus feinstem, weichem Rehleder hergestellte Reithose schmiegte sich wie eine zweite Haut an die starken Schenkel. Als er sich zu ihr umwandte, senkte sie rasch den Blick und hoffte inständig, dass er sie nicht dabei ertappt hatte, wie sie ihn so schamlos angestarrt hatte.
Sie ritten über die Felder. Der Herzog lobte ihren guten Pferdegeschmack und bewunderte ihre edle Fuchsstute. Normalerweise ritt Nicole im Herrensattel auf ihrem persönlichen Pferd, einem temperamentvollen Vollbluthengst. Doch heute hatte sie dieser Vorliebe nicht nachgegeben, weil sie unbedingt einen guten Eindruck machen wollte. Sie ritt dem Herzog zuliebe im Damensattel, ebenso, wie sie sich heute von zwei Dienerinnen beim Ankleiden und Kämmen hatte helfen lassen. Ihre Toilette hatte volle zwei Stunden in Anspruch genommen! Aber sie hatte das Gefühl, dass sie ihm gefiel, und das war schließlich die Hauptsache.
Chapman Hall lag nun weit hinter ihnen, verschwunden hinter einer Wand dicker,
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