Rebellin der Leidenschaft
muss ich dich erst noch daran erinnern, wer du bist!?«
Nicole befreite sich aus seinem Griff. »Nein, du brauchst mich nicht zu erinnern, wer - und was - ich jetzt bin! Ich weiß verdammt gut, dass ich jetzt deine Herzogin bin! Wie könnte ich das auch vergessen!«
»Ach, wir fühlen also doch ein Bedauern?«
»Ja! Ich meine, nein!«
»Du hast ganz eindeutig keine Vorstellung davon, was du meinst«, schrie er. »Genau so, wie du keine Vorstellung davon hast, welches Chaos dein gedankenloses Benehmen immer wieder auslöst!«
Wie seine Worte schmerzten. »Jetzt wirst du mir vermutlich noch sagen, dass ich niemals im Herrensitz reiten darf, und dass ich unter allen Umständen Form und Anstand wahren muss, auch auf Kosten meines Vergnügens.«
»Jawohl, verdammt noch mal!«
Nicole war entsetzt. »Das ist doch wohl nicht dein Ernst!«
»Du kannst mir glauben, Nicole, dass mir im Augenblick absolut nicht nach Scherzen zumute ist.«
»Dann hast du gelogen!«, schrie Nicole hysterisch. »Du hast gesagt, ich kann machen, was ich will. Viele Male! Und ich will im Herrensitz reiten, so wie ich es in Dragmore immer mache!«
»Dies ist nicht Dragmore, und falls du es vergessen hast, was ganz offensichtlich der Fall ist: Du bist jetzt meine Herzogin. Herrgott, ich möchte wetten, die ganze Stadt weiß, dass du eine Neigung hast, dich wie ein Junge zu kleiden. Die Klatschmäuler müssen ihren Spaß haben! Willst du denn ewig das Ziel von bösartigem Gerede sein?«
»Nein«, räumte sie unter Tränen ein. »Aber ...«
»Nichts aber!« Hadrian ließ sie los und wandte sich schwer atmend von ihr ab. Es erschütterte ihn zutiefst, wie nahe sie einer Vergewaltigung, oder gar ihrer Ermordung, gekommen war. Er zitterte noch immer vor Angst, er war erfüllt von einer überwältigenden Angst um seine Frau. Wenn Nicole etwas zugestoßen wäre, er hätte weder sich noch O’Henry je verziehen, auch wenn sie es sich selbst zuzuschreiben gehabt hätte. Mit zitternden Fingern raufte er sich die Haare im Versuch, die Fassung wieder zu erlangen, doch es gelang ihm nicht wirklich. Er fürchtete, etwas Undenkbares zu tun - etwa, sie übers Knie zu legen und zu verprügeln, bis sie sich in ein vernünftiges Wesen und eine Dame von Anstand und Schicklichkeit verwandelt hatte.
Es dauerte lange, bis er sich ihr endlich wieder zuwandte.
»Ist - ist Mr. O’Henry etwas Ernsthaftes zugestoßen?«, fragte sie.
»Er wird sicherlich für eine Woche oder mehr das Bett hüten müssen, aber er befindet sich nicht an der Schwelle zum Tod. Obwohl er es könnte.« Hadrian ignorierte ihre zunehmende Blässe. Er konnte die Vorstellung nicht abschütteln, wie Nicole direkt in die Rauferei hineinritt und mit ihrer Gerte auf O’Henrys Angreifer einschlug. »Geh nach oben. Zieh diese Klamotten aus, und zwar sofort!«
Nicole umklammerte sich. »Was wirst du jetzt tun?«
Er verzog das Gesicht. »Erst einmal möchte ich, dass diese Reithosen verbrannt werden.« Er ignorierte ihren Protest. »Zweitens werden Sie, Madame, für immer den Ställen fern bleiben.«
Nicole war empört.
»Drittens beabsichtige ich, diese Gesetzesbrecher zu verhaften und nach Newgate zu bringen.«
»Hadrian«, stieß Nicole zornig hervor, »du bist nicht fair!«
Er wirbelte zu ihr herum. »Wage es nicht noch einmal, mich als unfair zu bezeichnen! Ich handle nur in deinem besten Interesse! Irgendjemand muss es ja schließlich tun, wenn nicht du selbst! Und jetzt lässt du mich besser allein!«
»Wenn du dich beruhigt hast, können wir diese Diskussion fortführen.«
»Gehen Sie nach oben, Madame. Und zwar sofort. Jetzt, in diesem Augenblick. Bevor ich noch etwas tue, was ich hinterher bedauern würde!«
Nicole zögerte nicht länger, sie floh.
31
Es dauerte lange, bis Nicoles Zittern aufhörte.
Was sie so peinigte, war die Verknüpfung all dieser Umstände. Sie war in böser Absicht attackiert worden, und der freundliche Stallmeister verteidigte sie und hätte dies fast mit dem Leben gebüßt. Das allein hätte schon genügt, ihr den letzten Nerv zu rauben, doch die Reaktion ihres Gatten darauf und dieser wütende Streit, das war einfach zu viel. Nicole hatte sich mehr als alles andere Trost von ihm gewünscht; stattdessen aber hatte sie einen enormen Dämpfer bekommen.
Was das Ganze wirklich unerträglich machte, war die Tatsache, dass Hadrian vielleicht sogar Recht hatte. Sie hatte sich falsch verhalten; sie hatte mehr als leichtsinnig gehandelt - sie war ausgesprochen
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