Rebellin der Leidenschaft
Worte sanft und freundlich, denn sie war gar nicht imstande, ihre Stimme gegen jemand zu erheben.
»Eine Mutter hat das Recht, ihren Sohn zu tadeln«, sagte Isobel und tätschelte Elizabeths kleine, blasse Hand. »Aber ich freue mich über die Farbe auf deinen Wangen. Und ich glaube, es wird Zeit, dass ich mich für heute von dir verabschiede.«
Obwohl Elizabeth es kaum erwarten konnte, nach oben zu eilen und sich herzurichten, erhob sie Einspruch.
»Du bist doch gerade erst gekommen! So bald lasse ich dich nicht gehen, und außerdem bleibt mir immer noch genug Zeit, bis er kommt.«
Isobel lächelte und drückte ihr einen Kuss auf die Wange. »Ich gehe jetzt, mein Liebes, und du eilst in dein Zimmer und ziehst dich um. Ich weiß doch, dass du das jetzt am liebsten sofort tun würdest.«
Auch Elizabeth lächelte. Sie hatte ihre Mutter, ebenfalls eine sehr sanfte Person, schon sehr früh verloren und liebte die Herzoginwitwe sehr. »Ich freue mich so, dass du bald wirklich meine Mutter sein wirst!«
»Und du bist immer wie die Tochter für mich gewesen, die ich nie bekommen habe«, sagte Isobel leise und umarmte sie. Und so war es auch, denn Isobel hatte Elizabeth sehr geschätzt.
Strahlend drückte sich Elizabeth die Karte an die kleinen Brüste. Sie war ein zierliches, schlankes Mädchen mit elfenbeinfarbenem Teint und feinen, blonden Haaren. Zwar behaupteten viele, sie sei schön, aber Elizabeth wusste, dass sie ziemlich unscheinbar war: Sie war viel zu blass, zu dünn und ihr Haar viel zu fein. Und obendrein tummelten sich auf ihrer Nase ein paar Sommersprossen, die sie stets mit weißem Puder verdeckte. Elizabeth wusste nicht, dass viele sie wirklich für schön hielten, was allerdings weniger mit ihrer äußeren Erscheinung zu tun hatte als vielmehr mit der Wärme, die sie ausstrahlte.
Jetzt bekam sie vor Aufregung kaum Luft. Sie stürzte in ihre Suite und rief nach ihrer Zofe. Eine Stunde später war sie umgezogen - sie trug nun ein pastellgrünes Gewand - und ihr Haar kunstvoll hochgesteckt. Ein dreifacher Strang kostbarer Perlen mit einem funkelnden Diamantverschluss - ein Geschenk von Hadrian zu ihrem achtzehnten Geburtstag, den sie vor zwei Monaten gefeiert hatte - zierte ihren Hals. Sie hatte ihre Toilette soeben beendet, als der Butler sie benachrichtigte, dass der Herzog von Clayborough eingetroffen sei und unten auf sie wartete. Atemlos eilte Elizabeth aus ihrem Zimmer.
Der Herzog stand auf, sobald sie in den Salon trat, erwiderte ihr Lächeln und begrüßte sie mit einem Handkuss. Sie kannte ihn, solange sie zurückdenken konnte. Er hatte sie auf seinen Knien reiten lassen, bis sie dafür zu groß geworden war. Ihre ganze Kindheit über hatte sie seine Ausdauer auf die Probe gestellt, indem sie ihn verfolgt hatte, sobald sie krabbeln konnte. Damals war er ein strammer, gut aussehender Zwölfjähriger gewesen und für sie wie ein Gott, bis die Pubertät sie schließlich ihrer Weiblichkeit bewusst gemacht hatte. Er hatte ihr sogar einmal das Leben gerettet, als sie im Alter von acht Jahren in einen Teich gefallen war. Damals hatte er mit seinem Labrador am Teichrand gesessen und geangelt und Elizabeth war ihm wie üblich gefolgt. Sie hatte sich nicht einmal besonders gefürchtet, als sie im eisigen Wasser versank, denn er war ihr Held und sie war sich ganz sicher, dass er sie retten würde. Elizabeth konnte sich an keine Zeit erinnern, in der sie ihn nicht geliebt hätte.
»Ich bin so froh, dass du wieder da bist«, sagte sie schlicht, nachdem sie sich begrüßt hatten.
Er setzte sich neben sie auf das Sofa. »Es tut mir Leid, dass ich dich so lange allein gelassen habe«, entschuldigte er sich.
»Du brauchst mich nicht um Verzeihung bitten! Ich weiß doch, dass du viel zu tun hast!«
Der Herzog musterte sie. Sie schien ein wenig atemlos, aber sie wirkte nicht krank, denn ihre Augen strahlten vor Glück und ihre Wangen waren gerötet. Doch sie hatte deutlich abgenommen, wie auch schon seine Mutter bemerkt hatte. »Mutter sagte mir, dass du dich nicht wohl fühlst.«
Elizabeths Lächeln schwand. »Es geht mir gut, glaub mir. Es stimmt zwar, dass ich in letzter Zeit häufig müde war, aber Hadrian, ich gehe ja ständig auf Feste und manchmal komme ich erst im Morgengrauen heim. Du weißt doch, wie es in der Saison zugeht. Da ist es doch kein Wunder, dass ich müde bin.«
Sie hatte Recht, und die Sorgen seiner Mutter waren töricht, auch wenn Isobel eigentlich nie töricht war. »Wenn du so
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