Rebellin der Leidenschaft
Leute und nippten an ihren Champagnerkelchen oder Weingläsern. Diener boten exotische Hors d’œuvres an. Auf einer eigens für diese Gelegenheit errichteten Bühne spielte ein Trio aus Klavier, Harfe und Geige, doch die beschwingte Musik ging in den angeregten Gesprächen der Menge unter.
Obwohl der Salon so voll war, wurde Nicoles Eintreffen sofort bemerkt und kommentiert. Als sie, Regina und Jane eintraten, sah Nicole, wie die Leute, die in der Nähe des Eingangs standen, sich zu ihnen umdrehten, ihre Mutter sowie die Schwester anlächelten - und sie anstarrten. Das Herz schlug ihr bis zum Halse.
Schon beim Ankleiden war sie schrecklich aufgeregt gewesen. Auf ihre Nachfragen hin hatte sie erfahren, dass sich die Londoner Crème de la Crème bei den Willoughbys einfinden würde, denn Lord Willoughby, der Marquis von Hunt, war auch ein enger Vertrauter des Premierministers. Und von Martha in Dragmore wusste sie, dass der Herzog von Clayborough von gesellschaftlichen Zusammenkünften wenig angetan war, doch weil Willoughby so mächtig und einflussreich war, konnte es durchaus sein, dass der Herzog heute Abend anwesend war. Und wenn er nicht hier war, so würde es zweifellos seine Verlobte, Elizabeth Martindale, sein, und zwar nicht nur, weil sie mit ihm verlobt war, was ihr einen immensen Status verlieh, sondern auch weil sie zur Familie der de Warrennes gehörte und deren Familienoberhaupt, der Graf von Northumberland, einer der mächtigsten Männer des Landes war.
Das Wissen, dass sie entweder einen der beiden oder alle beide heute Abend treffen würde, machte Nicole schrecklich ner-
vös. Dennoch zog sie ihr türkis geflammtes Ballkleid an und vermied es, sich eingehender mit der Frage zu befassen, warum sie eigentlich nach London gekommen war und jetzt dieses Fest besuchen wollte. Als sie aus dem Haus am Tavistock Square trat, steigerte sich ihre Nervosität; schließlich hatte sie seit dem Skandal kein einziges großes Fest mehr besucht und war seit über einem Jahr überhaupt nicht mehr in London gewesen. Der Maskenball bei den Adderlys war das letzte Fest gewesen, an dem sie teilgenommen hatte, und wenn der Herzog sie nicht akzeptiert hätte, dann wäre jener Ball ein ziemlicher Misserfolg geworden. Doch heute war sie auf sich allein gestellt, selbst wenn er da war. Sie stand kurz davor, ihren Entschluss gründlich zu bedauern.
Eine große Gruppe gleich neben dem Eingang drehte sich geschlossen zu ihr um. »Ist das nicht die ältere Dragmore-Tochter?«, fragte ein Stutzer unüberhörbar.
»Tatsächlich«, antwortete eine ältere Dame und wandte den Blick von Nicole ab. »Habt ihr schon gehört, in was für einem Kostüm sie bei den Adderlys aufgetaucht ist?« Rasch senkte sie die Stimme und kehrte Nicole und ihrer Familie den Rücken zu.
»Diese alten Hexen!«, rief Regina laut. Sie funkelte die Gruppe wütend an und ihre Schritte klangen nun sehr entschlossen.
Nicole griff nach ihrem Arm, der in einem langen Handschuh steckte. »Lass nur, Rie, mit derlei Unannehmlichkeiten habe ich gerechnet.«
»Ich kenne jeden Einzelnen aus dieser Gruppe und werde sie bitter schneiden, sobald sich unsere Wege wieder kreuzen«, stellte Regina fest und ihre bernsteinfarbenen Augen funkelten erbost. Dann blickte sie ihre Schwester argwöhnisch an. »Was für ein Kostüm hast du denn bei den Adderlys getragen? Und wann fand dieser Ball überhaupt statt?«
Bevor Nicole antworten konnte, wurde sie von ihrer Mutter gerettet. »Geht es dir gut, mein Schatz?«
»Aber natürlich, Mutter!« Nicole schaffte sogar noch ein Lächeln zur Bekräftigung, auch wenn ihr kaum danach zumute war. Zu ihrem Entsetzen bemerkte sie, dass sie sogar schwitzte.
Nur zu gern hätte sie sich ihrer langen Handschuhe entledigt, aber sie wagte es nicht.
Jane lenkte sie rasch zu einer kleinen Gruppe guter Freunde. Auch diese waren von Nicoles Anwesenheit überrascht, freuten sich jedoch, sie zu sehen. Erleichtert blieb Nicole stehen und begann einen kleinen Plausch mit den Howards und den Bentons.
»Schau, dort drüben ist Martha!«, flüsterte Regina. Sie schlich sich fort von der überwiegend aus älteren Herrschaften bestehenden Gruppe und zog Nicole mit sich.
Nicole war froh, dass ihre beste Freundin nach London zurückgekehrt war. Martha eilte den beiden entgegen und begrüßte sie mit einer stürmischen Umarmung. »Was machst du denn hier?«, fragte sie Nicole mit einem durchdringenden Blick.
Nicole zuckte nur die Schultern.
»Sie
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